Es ist eine kleine Sensation: Am Dienstag, 5. Mai, werden CSU und Grüne in Schweinfurt vor der konstituierenden Sitzung eine Vereinbarung unterschreiben, die eine schwarz-grüne Koalition bis 2026 sicherstellt. Damit verändert sich die politische Statik im mit 44 Sitzen und neun Parteien und Gruppierungen neu zusammengestellten Stadtrat völlig.
Noch nie in der Geschichte des Stadtrats seit dem Zweiten Weltkrieg hat es eine derartige Vereinbarung gegeben, die der CSU-Fraktionsvorsitzende Stefan Funk und der neue Grünen-Fraktionssprecher und OB-Kandidat, Holger Laschka, auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigten. Bei der Kommunalwahl am 15. März holte CSU-OB-Kandidat Sebastian Remelé überraschend klar schon im ersten Wahlgang den Sieg und geht nun in seine dritte Amtszeit.
Bei den Stadtratswahlen verloren aber die Christsozialen kräftig Stimmen, 52 390 um genau zu sein gegenüber dem Ergebnis 2014, mehr als jede andere Partei. Statt 21 Sitze, hat die Fraktion nun nur noch 17, gemeinsam mit dem OB kommt man auf 18 Stimmen, was weit weg von der nötigen Mehrheit von 23 ist. Also war die Suche nach einem Koalitionspartner nahe liegend, vor allem als klar wurde, dass durch die gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen der derzeitigen Corona-Krise für den städtischen Haushalt die bereits begonnenen Projekte gefährdet sind. Das Bündnis hat im Stadtrat zwei Stimmen mehr als nötig, in den Ausschüssen hat man auch die Mehrheit.
CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk erklärt, dass man nach der Wahl schnell das Gespräch gesucht habe, vor allem mit den beiden größten Fraktionen. Die SPD kam bei der Wahl mit einem blauen Auge davon, hat acht statt bisher zehn Mandate. Der große Gewinner der Wahl waren die Grünen, die ihr Stimmenergebnis mehr als verdoppelten und jetzt sechs Stadträte haben, vier Frauen und zwei Männer.
Eine bürgerliche Koalition zu schmieden mit den Freien Wählern, der FDP und der Wählergruppe proschweinfurt sei schnell verworfen worden, so Funk. "Wir brauchen einen Partner, der für solide Finanzpolitik steht, gerade in diesen Zeiten", so der CSU-Ortsvorsitzende für Schweinfurt und fügt an: "Wir wollten in der Krise die vernünftigen Kräfte zusammenbringen." Es stellte sich heraus, dass nach den ersten Sondierungen zwischen CSU und SPD und CSU und Grünen man sich bei der christsozialen Verhandlungsdelegation einig war, "dass die Schnittmenge mit den Grünen größer ist als mit der SPD", so Funk.
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Bereits in der vergangenen Ratsperiode war es so, dass die Grünen im Stadtrat, vor allem ihr Fraktionssprecher Reginhard von Hirschhausen, bei umweltpolitischen Themen immer wieder den Konsens mit der Verwaltung suchten und darauf verzichteten, allzu scharfe Kritik anzubringen. Themenfelder, die sich in der zwölfseitigen Vereinbarung wiederfinden, sind der soziale Wohnungsbau, die Mobilitäts- und Energiewende, die Verwirklichung der Landesgartenschau 2026, eine solide Finanzpolitik vor dem Hintergrund der Corona-Krise und ein gemeinsames Vorgehen, wie man die bereits begonnenen Projekte der lebenswerten Stadtentwicklung fortsetzen kann.
Erst am Mittwochabend, einen Tag nach der letzten Stadtratssitzung der Wahlperiode 2014 bis 2020, traf sich das aus insgesamt neun Personen beider Parteien bestehende Verhandlungsteam zum letzten Mal und zurrte in einer dreistündigen, von beiden Seiten als "konstruktiv und auf Augenhöhe" beschriebenen Sitzung die Rahmenbedingungen fest.
"Wir sind sehr zufrieden, das Ergebnis kann sich sehen lassen", betont Stefan Funk. Auch Holger Laschka sieht das so: "Es ist ein sehr gutes Ergebnis, beide Seiten finden sich wieder." Der Oberbürgermeister, so Funk, begrüße die Vereinbarung sehr. Er war zwar nicht Teil des Verhandlungsteams, da die Fraktionen untereinander sprachen, aber immer durch Funk informiert.
Holger Laschka ist sich bewusst, dass vor allem die Grünen nun ihren Wähler erklären müssen, welchen Nutzen sie durch die Vereinbarung haben. Deswegen habe man sich vor allem auf die Diskussion über grüne Kernthemen konzentriert und einen eigenen 6-Punkte-Plan vorgelegt. Mit diesem drang man auch durch; die Vereinbarung, die der Redaktion vorliegt, zeigt sehr klar eine grüne, ökologische Handschrift.
Es seien sehr konstruktive Gespräche "auf Augenhöhe" gewesen, berichtet Laschka, der auch zugesteht, dass es in einigen Punkten längere Diskussionen zwischen beiden Parteien gab. Ein Punkt, der die Vereinbarung wesentlich erleichterte, war im übrigen das Abstimmungsverhalten der CSU-Fraktion bei der Diskussion über das Gutachten zur Steigerwaldbahn. Dass Stefan Funk die Abstimmung freigegeben hatte und es so möglich war, dass eine Mehrheit des Stadtrates doch für ein Gutachten stimmte, das der OB ursprünglich abgelehnt hatte, "war ein Vertrauensvorschuss. Es war gut, dass die CSU da über ihren Schatten gesprungen ist", konstatiert Laschka.
Die neue Vereinbarung hat natürlich auch Einfluss darauf, wie die Posten des zweiten und dritten Bürgermeisters verteilt werden. Einen hauptamtlichen Bürgermeister wieder zu installieren, hält Stefan Funk nicht für richtig. Seine Fraktion wird wieder Sorya Lippert als 2. Bürgermeisterin nominieren, deren Arbeit Stefan Funk in den vergangenen Jahren immer lobend hervorhob. Wen die Grünen ins Rennen schicken, ist noch nicht klar, gehandelt werden zwei Frauen. Die SPD hätte dem Vernehmen nach ebenfalls eine Frau als Kandidatin für das Amt der dritten Bürgermeisterin gehabt.
Innerhalb der Sozialdemokratie wurde die Nachricht von der schwarz-grünen Vereinbarung gelassen aufgenommen. Stefan Funk macht kein Geheimnis daraus, dass seine Fraktion mit dem "Linksruck" der SPD durch das Bündnis der OB-Kandidatin Marietta Eder mit den Linken vor der Wahl ein Problem gehabt habe.
Der alte und neue SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Hofmann bestätigt, dass man Gespräche geführt habe. Eine derartige Vereinbarung wie nun hätte die SPD aber ohnehin nicht angestrebt, er sei sich aber sicher, dass man weiterhin sachbezogen zum Wohl der Stadt zusammenarbeiten werde.
Dennoch: "Unsere Aufgabe ist die Opposition und wir werden noch genauer hinschauen", so Hofmann, der sich der Meinung der SPD-Kreisvorsitzenden und neuen Stadträtin Julia Stürmer-Hawlitschek anschließt, die die Oppositionsarbeit als Chance sieht, "zu unserer roten Politik stehen zu können."
Wenn er das, was der OB in den vergangenen sechs Jahren in Sachen Umweltpolitik umsetzte und das, was er im Wahlkampf ankündigte, gegenüber stelle, bleibt für Ralf Hofmann eine Erkenntnis: "Ich wünsche den Grünen viel Kraft mit dieser Vereinbarung."
JA zur Steigerwaldbahn!
NEIN zur Landesgartenschau!
Die Steigerwaldbahn mit Citybahn(!) ist in vielerlei Hinsicht höchst sinnvoll, mit möglichen 80% Zuschüssen (Citybahn), innovativ und nachhaltig!
Die LGS ist viel zu weit von der City weg (Einzelhandel/Gastronomie), in unattraktiver Lage, finanziell hochriskant, ein Auslaufmodell und Strohfeuer. In WÜ gab es bei weit besseren Voraussetzungen 5 Mio. Euro Verlust! In SW droht ein finanzielles Desaster! Es würde sinnlos Geld für ein Prestigeprojekt verpulvert, das man an vielen anderen Stellen weit dringender braucht. Als Unterstützung der Wirtschaft für: Erschließung neuer Industriegrundstücke (keine einziges mehr da!), Raum für die gewünschte Erweiterung des Containerterminals und ausreichend viele attraktive EFH-Grundstücke (Pfannäcker & Mönchkutten) für umworbene, junge Fachkräfte. Die in SW in einem EFH eine Familie gründen wollen, aber dies hier schon lange nicht mehr können!