Medienvertrauen ist unverzichtbar, deshalb ein häufig genutzter Begriff. Auch weil etablierte Medien unter Druck geraten sind. Verschwörungstheorien, meist im Internet verbreitet, aber auch eigene Fehlentwicklungen (siehe Relotius/Spiegel) belasten das Vertrauen.
Kein Grund zum Ausruhen
Ob seiner Bedeutung ist Medienvertrauen zunehmend Gegenstand von Aktionen und Untersuchungen. Auf einer Langzeitstudie der Uni-Mainz für 2018, die besagt, dass das Medienvertrauen insgesamt stabil sei, oder derUniversität Würzburg (Vertrauen so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr), kann man sich eben nicht ausruhen. Das Bestreben seriöser Medien muss anhalten, Vertrauen in Zeiten schneller Veränderungen in der Branche und in den Redaktionen zu stabilisieren. Denn es wird wohl niemand bestreiten, dass Journalismus auch in Zukunft bei Lesern, Sehern, Hörern und digitalen Nutzern voll darauf setzen muss. Wo Vertrauen verloren gegangen ist, soll es zurückgewonnen werden. Diesem Ziel muss auch journalistische Ausbildung gelten.
Bundesweiter Aufruf
Seit diesem Jahr läuft ein bundesweiter Aufruf „Medienvertrauen“, initiiert und vorgetragen von Persönlichkeiten aus Journalismus und Wissenschaft, gerichtet an Journalistenschulen, Universitäten, Tageszeitungen, Verlegerverbände, Journalistengewerkschaften, Medienakademien, öffentlich-rechtliche Sender und Landesmedienanstalten. Die Vereinigung der Medien-Ombudsleute (VDMO), der ich als Leseranwalt angehöre, beteiligt sich gemäß ihrem Vereinszweck.
Kontakt mit dem Publikum
Der Aufruf propagiert direkten Kontakt mit dem Publikum als einen der Wege, Vertrauen zu erhalten bzw. zu schaffen – per Email und auf anderen elektronischen Wegen, am besten persönlich. Bevorzugt sollen Journalisten Medienkompetenz in Schulen tragen. Das soll Durchschaubarkeit redaktioneller Arbeit, kurzum Transparenz schaffen. Zu diesem Zweck lädt nicht nur diese Zeitung auch Leser/innen monatlich zu Gesprächen in die Redaktion ein. Das zeigt zudem Dialogbereitschaft und Kritikfähigkeit. Angestrebt wird, das künftig stärker zu betonen, mehr noch als ich es durch diese Leseranwalt-Kolumne seit 2004 regelmäßig versuche.
Zugeknöpfte Redaktionen
Ich habe den bundesweiten Aufruf dargestellt, einerseits weil sie ein kritischer Medienjournalist mir gegenüber gelobt hat, aber weil er andererseits auch Wesentliches beklagt hat: Bei Anfragen, die die eigene Arbeit betreffen, erlebe er leider Redaktionen, Verlage und Funkhäuser (auch öffentlich-rechtliche) besonders zugeknöpft. Das gelte auch für Kollegen/innen, die selbst in Medienressorts arbeiten.
Das mag als Warnung wirken. Denn journalistische Beiträge über Medien sollen ebenfalls Medienkompetenz und Vertrauen schaffen. Zugeknöpfte Journalisten stehen mit solchem Verhalten gegenüber Kollegen/innen sich selbst und ihren Bemühungen im Wege.
Frühere Leseranwalt-Kolumnen zum Thema:
"Interessenskonflikte von Autoren müssen erkennbar sein" (2017)
"Wider höfliche Antwort-Phrasen" (2018)
"Zeit für Gespräche mit dem Publikum nehmen" (2017)
"Transparenz, Baustein für Glaubwürdigkeit" (2017)
"Analysen sind Meinung" (2018)
"Fragen und Antworten die Fragen aufwerfen" (2018)
"Herkunft von Nachrichten offenlegen" (2018)
"Transparenz für das redaktionelle Konzept" (2018)
"Ein Plädoyer für Transparenz" (2018)
"Empfehlung für mehr Transparenz" (2019)
"Quellenangaben gegen Fakes" (2018)
"Nachgeholte Berichtigungen" (2018)
"Die Pressefreiheit und das Vertrauen" (2017)
"Guter Vorsatz für 2017, mehr Quellenklarheit" (2016)
Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch www.vdmo.de