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LESERANWALT
Zeit für Gespräche mit dem Publikum nehmen
Journalist/Rollenverständnis       -  Kein Kreuzworträtsel, sondern Vorstellungen von der Rolle, die Journalisten spielen können und sollen. Zusammengesetzt aus dem US-Publikum und vom Bundesverfassungsgericht in Deutschland.
| Kein Kreuzworträtsel, sondern Vorstellungen von der Rolle, die Journalisten spielen können und sollen. Zusammengesetzt aus dem US-Publikum und vom Bundesverfassungsgericht in Deutschland.
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 05:48 Uhr

  

Ein Bedürfnis, mehr mit Journalisten zu diskutieren, nehme ich als Leseranwalt zuweilen in Gesprächen mit Leserinnen oder Lesern wahr. Zu Diskussionen mit ihnen sollte es häufiger kommen, wenn es nach der Forschung geht. Die signalisiert wieder verstärktes Interesse daran, zu untersuchen, wie das Publikum den Journalismus wahrnimmt. So habe ich es einem aktuellen Beitrag über US-Studien entnommen. Es geht letztlich dann aber auch um Empfindungen von Nutzern und Lesern deutscher Zeitungen.

 

Der Nutzen des Journalismus

Zu dem allzeit wichtigen Thema führt mich das Europäische Journalismus Observatorium mit einem aktuellen Beitrag in dem es für den Journalimus auch um die Frage seines gesellschaftlichen Nutzens geht.

„Die Kluft zwischen Journalisten und Publikum“,

lautet die Überschrift. Autor ist Thomas Schmidt, der in den USA an der University of Oregon forscht und lehrt.

 

Eine Erklärung: Arrogant und abgehoben

Besteht für Sie eine Kluft hin zu Journalisten der Main-Post? So könnte ich hier direkt nachfragen. Unterschiedliche Antworten wären wahrscheinlich. Die entstehen aus ihren Erwartungen und Erfahrungen. Und dann aber aus dem Abgleich, ob die Erwartungen mit den Erfahrungen übereinstimmen. Das meint Schmidt nach Studien in den USA. Frage man dort im direkten Gespräch, was Menschen vom Journalismus erwarten, laute die Antwort häufig: Fakten. Aber als tatsächliche Erfahrungen berichteten dann viele Leser, Nachrichten seien zu parteiisch, zu aufsehenerregend und zu oberflächlich. Auf die Frage nach Erklärungen erfahre man häufig: Journalisten seien oft zu arrogant und abgehoben. Einer habe es auf den Punkt gebracht: „Die Journalisten reden zu uns, aber nicht mit uns.“ Was da aus den USA kommt ist also wenig schmeichelhaft.

 

Die Hilfsbereitschaft des Nachbarn

Weiter aus den USA. Unterschiede zum Publikum zeigen sich auch im Rollenverständnis: Journalisten sehen sich als Aufpasser in der Politik und Wächter der Demokratie. Das hat ihnen hier in Deutschland das Bundesverfassungsgericht mehrfach zugesprochen. Und auch das Publikum in den USA gestehe das den Journalisten zu. Doch in der US-Studie wünschen sich Leute in den USA bei Qualitäten und Rollenbildern von Journalisten beispielsweise auch die Verlässlichkeit eines Apothekers, die Aufmerksamkeit eines Barkeepers und die Hilfsbereitschaft des Nachbarn.

 

Anhaltspunkte: Transparenz und Interaktivität

Verallgemeinern lasse sich das nicht, was da aus den Staaten kommt, räumt Schmidt ein. Aber auf den Wunsch nach mehr Transparenz und Authentizität, sowie nach Demut und Bereitschaft zur Interaktion könne das hindeuten. Daraus ergeben sich Anhaltspunkte für eine Diskussion darüber, wie Journalisten und ihre Redaktionen ihr Verhältnis zum Publikum neu definieren könnten.

In Zeiten medialer Unübersichtlichkeit und wachsender Konkurrenz mit anderen Medienangeboten wäre damit nicht nur Leserinnen und Lesern geholfen, sondern auch den Redaktionen. Daraus kann ein Ziel für 2018 werden: Trotz Konkurrenz und Veränderungsdruck, die Zeit nehmen zu Gesprächen. Offizielle Veranstaltungen wie Medien-Gespräche sind wohl nicht ausreichend. Der individuelle Anspruch von Lesern betrifft alle Journalisten bei ihren Themen. Gerne vermittle ich dabei.

Ein Beispiel, das zu mehr Transparenz beitragen kann: Bericht von den Würzburger Mediengesprächen 2016

Weitere Leseranwalt-Kolumnen, die das Thema ergänzen:

"Vom Streit zum Dialog" (Dezember 2017)

"Transparenz, Baustein für Glaubwürdigkeit" (Nov. 2017)

"Transformation in der Redaktion - Was Auszeichnungen und Fehler verbindet" (Nov. 2017)

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch www.vdmo.de

 
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