LESERANWALT
Die Pressefreiheit und das Vertrauen
Zum Tag der Pressefreiheit zitiere ich aus zwei Leserzuschriften, die aus einem gegensätzlichen Meinungsspektrum kommen. Und ich ergänze sie durch Ergebnisse aus einer repräsentativen Studie zur Entwicklung des Medienvertrauens, die eine verschärfte Gegensätzlichkeit aufzeigen.
Zu seinem Leserbrief hat Leser N.B. für die Redaktion mahnend angemerkt: Es sei gut möglich, dass sein Brief von der Redaktion nicht veröffentlicht werde, so wie es schon mit anderen unangenehmen Fragen geschehen sei. Seine Folgerung: So viel über Presse- und Meinungsfreiheit geredet oder geschrieben werde, Tatsache sei aber oft eine andere. Ich füge hinzu: Der Brief von Herrn N.B. ist mittlerweile erschienen.
Demgegenüber, so dieselbe Studie, stehen heute 40 Prozent, die den Medien eher oder sogar voll und. ganz vertrauen. Das ist eine Verbesserung. Denn 2008 taten das gerade mal 29 Prozent.
Im Leitartikel der Main-Post, den Chefredakteur Michael Reinhard zum Tag der Pressefreiheit (3. Mai 2017) geschrieben hat, macht er deutlich, wie die Pressefreiheit in Deutschland zu bewerten ist. Er misst das auch am Ranking der "Reporter ohne Grenzen". Zum Leitartikel: "Ohne freie Presse ist die Demokratie in Gefahr"
Hier geht es zurRangliste der Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit 2017.
Die Wissenschaftler Schultz und Quiring haben die Medien aufgefordert, transparenter zu werden und besser zu erklären, wie sie arbeiten - das wüssten viele Menschen nicht. Diesem Ziel widme ich seit Jahren meine Arbeit und diese Kolumne. Dafür steht auch die Vereinigung der Medien-Ombudsleute in Deutschland, von denen es zu wenige gibt. Warum aber verzichten trotz der Notwendigkeit zur Transparenz so viele Medien auf kritische Beobachter ihrer Arbeit und auf Journalismus-Erklärer? Diese Frage musste aktuell leider auch in einem aufschlussreichen Beitrag der Süddeutschen Zeitung unbeantwortet bleiben.
Hier geht's zum Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung. Anna von Garmissen hat darin über die Medien-Ombudsleute als "Unabhängigkeitserklärer" geschrieben
Anton Sahlender, Leseranwalt
Frühere Kolumnen des Leseranwalts zur Transparenz und zu Leserbriefen:
Journalistischer Vorsatz für 2017: Mehr Quellenklarheit
Ein schlechter Witz
Zu Missbrauch und Asyl
Keine redaktionelle Unterstützung einer Meinung oder Person
Des Volkes Meinung wird nicht unbedingt in Leserbriefen deutlich
Der Gedanke in Kürze bringt dem Nachrichtenfluss die Würze
Leserzuschriften für alle Leser
Das Aber von Leser G.K.
Lobend beginnt Leser G.K. seine Zuschrift: "Für mich ist die Main-Post eine gute Zeitung mit ausgewogener Berichterstattung." Dann folgt sein Aber: Leider müsse er feststellen, dass bei Leserbriefen die Ausgewogenheit zu wünschen übrig lasse. Darin würden Unwahrheiten verbreitet. Ein Leserbrief von ihm, der nicht veröffentlicht wurde, so fügte G.K. hinzu, hätte dazu das Gegengewicht sein können. Herr G.K. ist ein fleißiger Leserbriefschreiber, so dass nicht jedes seiner Schreiben veröffentlicht wird. Denn erst kurz zuvor war ein Beitrag mit seiner Meinung erschienen.
Die Folgerung von Leser N.B.
Zu seinem Leserbrief hat Leser N.B. für die Redaktion mahnend angemerkt: Es sei gut möglich, dass sein Brief von der Redaktion nicht veröffentlicht werde, so wie es schon mit anderen unangenehmen Fragen geschehen sei. Seine Folgerung: So viel über Presse- und Meinungsfreiheit geredet oder geschrieben werde, Tatsache sei aber oft eine andere. Ich füge hinzu: Der Brief von Herrn N.B. ist mittlerweile erschienen.Die meisten Briefe erscheinen
Ich könnte nun in die Leserschaft hinein fragen, ob noch mehr die Presse- und Meinungsfreiheit in Frage stellen. Doch darüber gibt es schon gute Untersuchungen. Auf eine aktuelle komme ich gleich zurück. Ich unterlasse die Nachfrage aber auch deshalb, weil das was Leser G.K. als verbreitete Unwahrheit beklagt, fällt tendenziell in das Meinungsspektrum, von dem Leser N.B. annimmt, dass dafür die Meinungsfreiheit zuweilen nicht gelte, es folglich nicht veröffentlicht werde. Tatsächlich erscheinen die meisten Meinungen, die Leser einsenden, auch wenn das aus dem eigenen Blickwinkel heraus zuweilen nicht erfasst wird. Kommt es zu einem Ungleichgewicht der vertretenen Ansichten, so entspricht das dem tatsächlichen Eingang der Leser-Zuschriften und entspringt nicht einem Eingriff der Redaktion.Werturteil des Absenders
Ohnehin sollte längst klar sein, was schon so soft gesagt wurde: das nämlich ein Leserbrief sehr grundsätzlich die Meinung des Absenders wiedergibt und nicht die der Redaktion. Und Tatsachen verbreiten Leserbriefe oder Leserkommentare schon garnicht, auch nicht die von Herrn G.K. kritisch benannten Briefe. Es sind fast immer Werturteile.Studie zum Medienvertrauen
Die beiden misstrauischen Zuschriften - auch wenn sie sich nur auf die Veröffentlichung von Leserbriefen beziehen - bieten Gelegenheit, aus einer repräsentativen Studie des Instituts Ifak im Auftrag der Johannes-Gutenberg-Uni Mainz zu zitieren, die ich dem Berliner Tagesspiegel vom 26. Januar 2017 entnommen habe. Danach gaben Ende des vergangenen Jahres (2016) 24 Prozent der Befragten an, den Medien eher nicht oder überhaupt nicht zu vertrauen. 2008 seien es "nur" neun Prozent gewesen, die dieses Misstrauen geäußert haben.Demgegenüber, so dieselbe Studie, stehen heute 40 Prozent, die den Medien eher oder sogar voll und. ganz vertrauen. Das ist eine Verbesserung. Denn 2008 taten das gerade mal 29 Prozent.
Bewusstsein für Pressefreiheit in Deutschland
„Wir beobachten in der Haltung gegenüber den Medien zurzeit eine Schärfung der Fronten“, erklärte dazu der Journalistik-Professor Tanjev Schultz von der Uni Mainz. Sein Kollege Oliver Quiring meint, dass man die höhere Zahl der Menschen, die sich hinter die etablierten Medien stellt, angesichts von bösartigen Vorwürfen wie „Lügenpresse“ als Statement verstehen könne. Vielleicht werde nun stärker bewusst, was man im Vergleich zu anderen Staaten an den Medien und der Pressefreiheit in Deutschland habe. Zum Beitrag des Tagesspiegel: "Vertrauen in die Medien deutlich gestiegen und gefallen"Im Leitartikel der Main-Post, den Chefredakteur Michael Reinhard zum Tag der Pressefreiheit (3. Mai 2017) geschrieben hat, macht er deutlich, wie die Pressefreiheit in Deutschland zu bewerten ist. Er misst das auch am Ranking der "Reporter ohne Grenzen". Zum Leitartikel: "Ohne freie Presse ist die Demokratie in Gefahr"
Hier geht es zurRangliste der Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit 2017.
Aufforderung: Transparenter werden
Die Wissenschaftler Schultz und Quiring haben die Medien aufgefordert, transparenter zu werden und besser zu erklären, wie sie arbeiten - das wüssten viele Menschen nicht. Diesem Ziel widme ich seit Jahren meine Arbeit und diese Kolumne. Dafür steht auch die Vereinigung der Medien-Ombudsleute in Deutschland, von denen es zu wenige gibt. Warum aber verzichten trotz der Notwendigkeit zur Transparenz so viele Medien auf kritische Beobachter ihrer Arbeit und auf Journalismus-Erklärer? Diese Frage musste aktuell leider auch in einem aufschlussreichen Beitrag der Süddeutschen Zeitung unbeantwortet bleiben.
Hier geht's zum Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung. Anna von Garmissen hat darin über die Medien-Ombudsleute als "Unabhängigkeitserklärer" geschrieben
Anton Sahlender, Leseranwalt
Frühere Kolumnen des Leseranwalts zur Transparenz und zu Leserbriefen:
Journalistischer Vorsatz für 2017: Mehr Quellenklarheit
Ein schlechter Witz
Zu Missbrauch und Asyl
Keine redaktionelle Unterstützung einer Meinung oder Person
Des Volkes Meinung wird nicht unbedingt in Leserbriefen deutlich
Der Gedanke in Kürze bringt dem Nachrichtenfluss die Würze
Leserzuschriften für alle Leser
Themen & Autoren / Autorinnen