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Basketball: Bundesliga
Baskets stehen gegen den Vorletzten gewaltig unter Druck
Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg geht als Drittletzter ins Heimspiel gegen Braunschweig. Eine Analyse der aktuellen Situation vor diesem wegweisenden Kellerduell.
Knifflige Zeiten: Wohin geht die Reise von Trainer Denis Wucherer und den Baskets?
Foto: Heiko Becker | Knifflige Zeiten: Wohin geht die Reise von Trainer Denis Wucherer und den Baskets?
Thomas Brandstetter
 und  Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:45 Uhr

Der November startete verheißungsvoll für Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg. Nach dem Sieg gegen Gießen an Halloween schlugen die Baskets kurz darauf auch den Branchenkrösus FC Bayern München. Danach ging es steil bergab. Es folgten wettbewerbsübergreifend vier Niederlagen am Stück. Ohne die überraschenden Erfolge gegen die Bayern und Oldenburg zu Saisonbeginn (mittlerweile nicht mehr so überraschend) würde der Baum schon lichterloh brennen. Eine Analyse der aktuellen Situation der Baskets vor dem in mehrerlei Hinsicht wegweisenden Kellerduell gegen den Vorletzten Braunschweig an diesem Sonntag (15 Uhr).

Die Baskets haben ein Problem mit Dreipunktewürfen.

Die Baskets lassen grundsätzlich zu viele Dreier zu. In der aktuellen Saison kassierten sie 36,3 Prozent der Versuche des Gegners – über dem ligaweiten Schnitt. Noch deutlicher wird es, wenn man auf die ersten drei Jahre unter Trainer Denis Wucherer blickt: Zwei von fünf Dreierwürfen versenkten die Gegner. Stets über dem Ligadurchschnitt. Dazu nehmen die Würzburger weniger Würfe aus der Ferne als der Konkurrent. Nur einmal trafen die Baskets besser von außen als der Gegner: In der abgebrochenen Saison 2019/20. Damals standen sie zum Zeitpunkt des Abbruchs auf Play-off-Platz acht. Im modernen Basketball entscheidet der Dreipunktewurf häufig über Sieg oder Niederlage.

Luciano Parodi könnte am Sonntag gegen Braunschweig sein Comeback feiern.
Foto: Heiko Becker | Luciano Parodi könnte am Sonntag gegen Braunschweig sein Comeback feiern.
Weshalb verletzten sich in den Wucherer-Jahren so viele Spieler?

Schwierig zu beantworten. Bei Verletzungen spielt oft auch Pech mit. Die Liste der schwer verletzten Spieler in den vergangenen Jahren, die eine Nachbesserung im Kader nötig machten, ist freilich beträchtlich lang: Brekkott Chapman (mehrfach), Justin Sears (mehrfach), Zach Smith, Robert Lowery, Murphy Holloway oder Felix Hoffmann in der vergangenen Spielzeit, zuletzt Nicolas Carvacho und Luciano Parodi. Bei Sears bestand aufgrund seiner Verletzungshistorie ein Risiko, das nahm man in Kauf – auch wegen des Budgets. Den Einsparungen fiel im Corona-Sommer 2020 auch die Stelle von Athletiktrainer Philipp Burneckas zum Opfer. Hier hat der Verein inzwischen nachgebessert und Burneckas, der in Fachkreisen hohes Ansehen genießt, wieder zurückgeholt.

Carvacho riss sich beim Laufen ohne Fremdeinwirkung das Kreuzband, Parodi, der am Sonntag sein Comeback feiern könnte, bekam im Spiel eins aufs Knie. Wucherer trainierte oft länger, dafür nur einmal täglich vormittags. Eher seltener zweimal kürzer. Inzwischen variiert er häufiger. Im Basketball führen schwerwiegende Verletzungen oft zu schnellen Nachverpflichtungen. Auch bei den Würzburgern in dieser Saison. Das führt direkt zur nächsten Frage.

Filip Stanic ist aktuell der einzige echte Center der Baskets.
Foto: HMB Media/Julien Becker | Filip Stanic ist aktuell der einzige echte Center der Baskets.
Passen die Nachverpflichtungen zum Spielstil des Trainers?

Nach dem ersten "Pick and Roll" von Center Carvacho und Point Guard Parodi durfte jeder Anhänger mit der Zunge schnalzen: Die beiden Südamerikaner passten wie die Faust aufs Auge zueinander. Von ihnen versprach sich Wucherer Spielkultur und flotte Ballbewegung. Sie sollten die Säulen seines Systems sein. Aber beide standen nur einmal, gegen den Mitteldeutschen BC im BBL-Pokal, gemeinsam auf dem Feld. Dann verletzten sie sich. Es kamen Kerron Johnson (bis Ende Dezember) und der polnische Nationalspieler Tomasz Gielo. Johnson, der vor einigen Jahren in Ludwigsburg zu überzeugen wusste, wirkt in Würzburg gelähmt. Er ist ein gänzlich anderer Spielertyp als Parodi und nicht die Art Spielmacher, auf die Wucherer in den vergangenen Jahren gesetzt hat. Bei Gielo ist das anders. Ein moderner "Big Man", der von außen treffen kann, passt ins Guard-lastige System Wucherers. Aber: Der Pole ist kein echter Center wie Carvacho. Der Chilene hatte eine ganz andere Präsenz unterm Korb. Gielo ist eher ein Power Forward.

Aktuell ist Filip Stanic der einzige echte Center der Baskets. Der junge Neuzugang macht bei seinen unerwartet langen Einsatzzeiten unter dem Brett einen sehr ordentlichen, an der Freiwurflinie freilich einen desaströsen Job. Aber er ist eben auch nicht der bewegliche Center, den Wucherer für seine bevorzugte Art zu spielen braucht. Mike Morrison, Gabriel Olaseni und vor allem Luke Fischer passten da in Wucherers ersten beiden, sehr erfolgreichen Spielzeiten viel besser. Aber weil die Baskets früh in der Saison gleich zwei Spieler ersetzen mussten, war Eile geboten. Das Budget und der Markt gaben auch nicht zu viel her. Dennoch: Vielleicht wäre es auf mittelfristige Sicht aber besser gewesen, vor allem für die große Position, etwas mehr Geduld zu haben.

Kapitän Felix Hoffmann organisierte eine Aussprache in der Mannschaft.
Foto: HMB Media/Julien Becker | Kapitän Felix Hoffmann organisierte eine Aussprache in der Mannschaft.
Warum gewinnen die Baskets gegen Bayern München, verlieren aber gegen Frankfurt?

Eine vernünftige Erklärung können auch die Beteiligten nicht wirklich geben. Freilich: Der 90:70-Kantersieg gegen das Euroleague-Team aus München war sensationsgleich. Er war genauso überlebensnotwendig wie die Überraschung gegen Oldenburg. Die Ausschläge nach oben und nach unten sind außergewöhnlich heftig in dieser Runde. Und nicht zu vergessen: Bei beiden Überraschungen haben sich die Seele aus dem Leib brüllende Fans mitgeholfen.

Nun sind wieder Geisterspiele angesagt. Wucherer, dem die vergangene Saison vor leeren Rängen noch in den Knochen steckt, wie er zugibt, hofft, dass es kein Déjà-vu geben wird: In der Geistersaison gewannen die Baskets gerade mal zwei Heimspiele (gegen Gießen und Bamberg). In der aktuellen waren es schon drei. Der vierte ist nun auch deshalb dringend nötig, um in Ruhe weiterarbeiten zu können. Wucherer weiß natürlich um die Mechanismen im Profisport. Was man so hört, trommelte Kapitän Felix Hoffmann Anfang der Woche die Mannschaft zu einer Aussprache zusammen. Es soll Tacheles geredet worden sein. Später wurden auch die Trainer dazu geholt. Offener, auch schonungsloser Austausch war angesagt. Ein Indiz dafür, dass die Chemie offenbar passt – in der Mannschaft und im Binnenverhältnis zum Trainerstab. Wucherer spricht von einer "guten Stimmung" und guten Trainingstagen. "Wir sind noch näher zusammengerückt."

 
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