In der Mannschaft laufen die Wetten schon, und die Spieler haben auch einen Favoriten. Es tritt an ein ehemaliger Bezirksliga-Fußballer gegen einen einstigen Regionalliga-Basketballer. Eins gegen Eins. Auf einen Korb. Für jeden gibt's nur einen Punkt. Es geht bis elf. Hört sich relativ harmlos an - aber jeder, der das Spiel schon mal gespielt hat, der weiß: Das geht fürchterlich auf die Knochen. Der eine ist fit wie ein Turnschuh und bis unter die Haarspitzen. Der andere hat das Spiel von der Pike auf gelernt und ist noch heute als Schiedsrichter aktiv. Es könnte also spannend und spaßig werden im Trainingslager von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg in Valencia, wenn am Donnerstag Athletiktrainer Philipp Burneckas, 34 Jahre alt, und der ein Jahr jüngere Teammanger Sebastian Glosemeier sich duellieren. Und falls sich einer im Übermut was wehtut: Dann ist ja noch Physiotherapeut Ronny Frank (37) da, der die Auas gleich verarzten kann.
Die drei sind aktuell in Valencia sozusagen das Team hinterm Baskets-Team und seinen beiden Trainern sowie Manager Kresimir Loncar, der an Spaniens Ostküste vor sechs Jahren eine Saison lang seine Brötchen verdient hatte, die Stadt gut kennt und das Trainingslager der Würzburger in der drittgrößten Stadt des Königreichs organisierte. Die Mannschaft, die im Hintergrund dafür sorgen soll, dass Spieler und Coaches sich auf das konzentrieren können, wofür sie angestellt sind - möglichst erfolgreich Basketball aufs Parkett zu legen -, ist beim Klub natürlich viel größer. Aber Frank, Burneckas und Glosemeier sind praktisch immer dabei, vor allem wenn es in die Fremde geht. Höchste Zeit also, auch die drei mal ein bisschen näher kennenzulernen.
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Unterhält man sich einzeln mit ihnen an diesem Dienstagmittag in dem für Basketballer wahrscheinlich beinahe paradisisch anmutenden Trainingszentrum des Euroleague-Teilnehmers Valencia Basket Club, fallen vor allem auf: ihre Begeisterung für das, was sie tun, ihre Leidenschaft, mit der sie es tun. Und auch ihre Offenheit und ihr Enthusiasmus, mit dem sie darüber sprechen. Ständig Training. Ständig Spiele. Ständig Reisen. Freizeit will gut zeitgemanagt werden, und Privates muss da zwangsläufig auch häufig zurückstecken.
Physiotherapeut Ronny Frank ist am längsten dabei von den Dreien im Hintergrund. Im zehnten Jahr knetet er inzwischen die Muskeln von Würzburgs besten Basketballern, kümmert sich um deren kompletten Bewegungsapparat und seit seiner Zusatzausbildung zum Osteopathen - nein, nein, das hat bei aller an den Tag gelegten Leidenschaft nichts mit krankhaft Verrücktem zu tun, sondern ist anerkannter manuell-therapeutischer Berufszweig der Alternativmedizin - auch um deren Faszien, also um die Weichteile des Bindegewebes, die jeden Menschen unter der Haut in einem Netzwerk umhüllen. "Der Masseur" - das hört Frank nicht so gerne. Nicht nur, weil seine Aufgaben die eines Muskelkneters weit übersteigen, sondern weil es eben verschiedene Berufsausbildungen sind. Und wenn er, der bald zweifache Vater, dann ein wenig ins Plaudern kommt über seinen Beruf und seine Berufung, kann man sich leicht vorstellen, dass Frank - auch für Laien verständliche - Vorlesungen halten könnte.
Franks Leidenschaft für den Basketball stammt aus seiner Schulzeit, als er auf einem Sportgymnasium in Jena als Stabhochspringer thüringer Meister wurde und als Zehnkämpfer an Meisterschaften teilnahm. In Jena gab's auch eine Basketball-Mannschaft - "aber mit meinen 1,72 Metern war ich im Endeffekt für alles zu klein", sagt Frank und grinst.
Über Umwege kam er nach Würzburg. Frank fühlt sich manchmal wie ein Detektiv, der bei seinen Sportlern "auf der Suche ist nach der höchsten Spannung im Körper". Weil dort oft das Problem sitzt. So seltsam es klingt: Wenn's in der Schulter zwickt, kann die Ursache im Sprunggelenk sitzen. Wenn der Rücken Mucken macht, passt die Verdauung vielleicht nicht. Wenn der Kopf schmerzt, steht bisweilen das Becken schief. Ohne Anspruch auf völlige medizinische Korrektheit - aber darum geht es Frank auch: "Ich verfolge den ganzheitlichen Ansatz."
"Ich bin nicht nur dazu da, die Spieler weiter zu bringen in Koordination, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Kraft und Kondition", sagt Athletik-Trainer Philipp Burneckas. Im Team will er die Athleten auch zu "gesünderer Ernährung, einem gesünderen Schlafmanagament, einfach dazu führen, dass sie sich insgesamt besser fühlen. Ich mag diesen gesamtheitlichen Ansatz". Und deshalb - sagen Burneckas und Frank nahezu wortgleich - ergänzten sie sich so gut.
Burneckas ist studierter Sportökonom mit Schwerpunkt Gesundheit und Fitness, er spricht noch heute begeistert von der "super Erfahrung", die er sammelte, als er eineinhalb Jahre für eine Agentur arbeitete, die im Auftrag von Adidas deren Sponsorenrechte bei der Fußball-WM 2014 einzufordern und zu überwachen hatte. Dass er bereits während seines Studiums ein paar Monate in Brasilien gelebt hatte und deshalb Portugiesisch spricht, war bestimmt kein Nachteil für den Job - genauso wenig wie für die Baskets gerade in Valencia, wo die Menschen gerne in der Landessprache angesprochen werden und offenbar nur im Notfall bereit sind, ihr Englisch herauszukramen.
"Aber ich habe schnell gemerkt, dass die klassische Bürotätigkeit nicht meins ist", sagt Burneckas, der in der Jugend in Rimpar gekickt und es dann in Poppenreuth in die Fußball-Bezirksliga geschafft hat. Als Teenager hat er auch angefangen, ein bisschen Basketball zu spielen, so als Hobby, und nachdem er in Brasilien die öffentlichen Outdoor-Sportmöglichkeiten, die angeblich überall rumstehen, gesehen hatte, fragte er sich: Geht so etwas auch in Deutschland? Geht. Offenbar. Selbst am Würzburger Sanderrasen stehen inzwischen Geräte zur Körperertüchtigung. Burneckas sagt, er habe mit dafür gesorgt.
In der Zeit von Dirk Bauermann wurde er dann mal gefragt, ob er aushelfen könne, mehr als Betreuer, daraus entwickelte sich ein Job auf 450-Euro-Basis, und als die Bakstes dann einen hauptamtlichen Athletik-Trainer suchten, hatte Burneckas drei Schwergewichte aus der damaligen Mannschaft als Fürsprecher: Felix Hoffmann ("Bei ihm bedanke ich mich heute noch regelmäßig"), Maurice Stuckey und den heutigen Manager und damaligen Kapitän Kresimir Loncar. "Es ist ein überragendes Gefühl", sagt Burneckas, "den Spielern geholfen zu haben, sie besser zu machen." Wobei er sich mehr als Adjutant zu "Hilfe zur Selbsthilfe" begreift.
Und wer gewinnt nun das Spiel am Donnerstag? "Ich kann die Wetteinsätze gebrauchen." Sagt Burneckas und lacht.
Sebastian Glosemeier sitzt an einem Pult im Trainingszentrum und drückt ab und zu auf einen Knopf. Dann ertönt eine laute Sirene. Auch im das Training abschließenden Spiel geht's um Genauigkeit, um Sekunden. Der gelernte Masseur, der dann umschulte auf Kaufmann für Bürokommunikation, spielte seit seinem neunten Lebensjahr Basketball. Noch heute pfeift er Spiele, in unteren Klassen, bei Frauen und beim Nachwuchs. Ein kleiner Nebenjob - aber die Prioritätan - neben der Hauptaufgabe als Teammanger einer Bundesliga-Mannschaft - sind auch im Wandel durchs Private: Seit sieben Monaten ist Glosemeier Vater. Die Geburt der Tochter war nicht einfach. Seine Frau ist Flugbegeleiterin bei der Lufthansa. Sie weiß, was reisen heißt. Bedeutet: Grundsätzlich viel gegenseitiges Verständnis. Nächtliche (Skype- oder WhatsApp-) Grüße aus Rio oder Los Angeles sind die Regel.
Glosemeier ist groß geworden mit den Baskets, anfangs hat er sich um den Ticket-Verkauf gekümmert - inzwischen "muss ich mich um so ziemlich alles kümmern". Um die Wohnungen von den Spielern, deren Autos.Wann übernachten sie wo bei Auswärtsspielen, welche Arbeitserlaubnis brauche ich für wen, kurzfristig ein Visum nötig? "Ich bin sozusagen die Schnittstelle zwischen unserem Büro und der Mannschaft", sagt Gloseimeier. Und dann, nach ein bisschen Plauderei, sagt er noch: "Manchmal fühle ich mich schon wie ein Kindergärtner für größere, besser bezahlte Kinder."
Und wer gewinnt nun am Donnerstag?
Die Mannschaft wettet mehrheitlich auf den gelernten Basketballer.