Knapp 600 Tage lang hatte man das nicht mehr gehört in dieser Halle: "Gegen Würzburg kann man mal verlieren. Gegen Würzburg kann man mal verlieren" hallte es durch die s.Oliver Arena. Nach 40 über weiteste Strecken hochklassigen Minuten, die durchweg spannend und unterhaltsam waren, stand der genauso überraschende wie verdiente erste Liga-Sieg von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg in der neuen Saison fest. Mit 90:88 bezwangen die Mannen von Trainer Denis Wucherer die favorisierten EWE Baskets Oldenburg.
"Wir sind zweimal zurückgekommen, das spricht sicher auch für den Charakter dieser Mannschaft, meinte Wucherer nach diesem "engen Spiel, das am Ende in alle Richtungen hätte gehen können". 1,5 Sekunden vor Ultimo hatte Würzburgs Spielmacher Cameron Hunt mit unwiderstehlichem Zug zum Korb die siegbringenden Punkte 89 und 90 für die Würzburger gemacht. Und dennoch stand der Erfolg in der verbleibenden Zeit nochmal auf der Kippe, weil nach der Oldenburger Auszeit und dem Einwurf urplötzlich der beste Mann auf dem Parkett, Michal Michalak, mutterseelenalleine in der Ecke stand und mit der Schlusssirene noch einmal werfen konnte. Sein Dreierversuch landete am Ring der Baskets.
Wenn die unterfränkischen auf die niedersächsisischen Baskets treffen - was in der Bundesliga am Freitagabend zum 18 Mal der Fall war - endet das in der Regel nicht sonderlich gut für die Würzburger: Lediglich vier Siege konnten die Domstädter bis Freitagabend einfahren. Wenngleich es natürlich nicht immer ganz so knüppeldick wie in der vergangenen Spielzeit, als die Oldenburger den Würzburgern ihre beiden höchsten Saisonniederlagen beigebracht hatten, zugegangen war. Ende Januar in heimischer Halle hatten die Donnervögel mit 40 Punkten Differenz (124:84) gesiegt, in Würzburg am Ostersonntag dann gar mit 50 (116:66), was auch die höchste Klatsche in der Bundesligageschichte der Baskets war.
Und Erinnerungen daran kamen nicht nur Denis Wucherer in der Anfangsphase der Partie in den Sinn: Vom Sprungball weg übernahmen die Oldenburger das Kommando und führten flugs mit 17:4. Die Würzburger, die außer auf Center Nico Carvacho, der sich beim 97:78-Pokalsieg gegen den MBC ohne Einwirkung eines Gegners schwer am Knie verletzt hatte, auch auf Spielmacher Luciano Parodi, den es ebenfalls im Knie zwickt, verzichten mussten, mühten sich zwar redlich. Aber unterm eigenen Korb bekamen sie anfangs einfach das variable Offensivspiel der Niedersachsen nicht in den Griff, und vorne waren die Bemühungen erst einmal meist schlicht zu ungenau. Jedenfalls in den ersten vier Minuten, nach denen sich Wucherer bereits genötigt sah, die erste Auszeit zu nehmen, weil seine Mannen nach einem Oldenburger 10:0-Lauf gleich mal mit 13 Zählern zurücklagen. "Wir hatten nicht den Start, den wir uns vorgenommen hatten", so Wucherer.
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Er schien die richtigen Worte gefunden zu haben: Mit viel Leidenschaft und Willen kämpften sich die Hausherren wieder heran und gingen nach einem 8:0-Lauf und einem Kraftakt ihres wiedergenesenen Kapitäns Felix Hoffmann, der eine starke erste Hälfte spielte, gegen Ende des ersten Viertels sogar erstmals in Führung (23:22). Dass die Oldenburger den ersten Abschnitt dann doch noch mit 28:23 für sich entscheiden konnten, hatten sie zwei Lehrbuch-Dreiern ihres Ausnahmespielers Max Heidegger zu verdanken, der insgesamt auf 24 Zähler kam.
Im zweiten Viertel zeigten sich die Gastgeber dann am Anfang zur Freude der 2013 lautstarken und klatschpappenden Zuschauer nicht ganz so verschlafen wie am Spielbeginn. Stanic, Hoffmann und vor allem der in dieser Phase zu Hochform auflaufende William Buford hielten die Baskets im Spiel. Und als Desi Rodriguez nach knapp 17 Minuten einen Fastbreak mit einem feinen Dunk abschloss, führten die Baskets zum zweiten Mal (40:39), Oldenburgs Trainer Mladen Drijencic nahm die zweite Auszeit - und durch die Halle dezibelte es so Tinnitus-fördernd wie zu lautesten ausverkauften Vor-Corona-Zeiten. Dank Michalak, dem in der vergangenen Saison mit durchschnittlich 20,5 Punkten in jedem Spiel korbhungrigsten Akteur der gesamten Liga, der in Würzburg am Ende diesen Schnitt mit 29 Zähler sogar noch übertraf, durften sich die Gäste dann aber doch noch über eine Drei-Punkte-Pausenführung freuen (50:47).
Und die viertelstündige Verschnaufpause hatten sich beide Mannschaften redlich verdient nach genauso unterhaltsamen wie immer wieder sehr intensiven und phasenweise auch spielerisch hochklassigen 20 Minuten. Und so ging es dann erst einmal auch in Hälfte zwei munter weiter. In den Schlussabschnitt gingen die Hausherren mit fünf Punkten Rückstand. Viereinhalb Minuten vor Ultimo, nach sechs Rodriguez-Punkten am Stück für die Baskets, war es nur noch einer (80:81).
In der letzten Minute hatten dann beide Teams gleich mehre Chancen, die Partie zu entscheiden - was Hunt dann 1,5 Sekunden vor Schluss tat.