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HANDBALL: 2. BUNDESLIGA
Abstieg der Wölfe Würzburg: 7 Gründe für ein Scheitern mit Ansage
Nach zehn Spielzeiten in der Zweiten Bundesliga ist Schluss: Seit Freitagabend ist besiegelt, dass die ehemaligen Rimparer Handballer in die Dritte Liga zurückmüssen. Eine Analyse.
Sie standen zusammen, aber es reichte nicht für den Klassenerhalt: Die Wölfe Würzburg steigen nach zehn Spielzeiten in der Zweiten Handball-Bundesliga ab. 
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Sie standen zusammen, aber es reichte nicht für den Klassenerhalt: Die Wölfe Würzburg steigen nach zehn Spielzeiten in der Zweiten Handball-Bundesliga ab. 
Natalie Greß
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:06 Uhr

Seit Freitagabend, 12. Mai 2023, steht der Abstieg der Wölfe Würzburg nach ihrer zehnten Saison in der Zweiten Handball-Bundesliga fest. Durch die Heimniederlage gegen die SG BBM Bietigheim kann das Team von Trainer Julian Thomann den Klassenerhalt auch rechnerisch nicht mehr schaffen.

Es ist ein Abstieg mit Ansage, für den es im Wesentlichen sieben Gründe gibt.  

1. Die wirtschaftlich rückschrittliche Entwicklung

Selbst nach der erfolgreichsten Saison der Vereinsgeschichte, dem Fast-Aufstieg im Sommer 2017, war die Diskrepanz zwischen sportlicher und wirtschaftlicher Entwicklung eklatant. Eine Grafik, die Geschäftsführer Roland Sauer im Mai 2018 bei einer Sponsorenveranstaltung präsentierte, zeigte: In der Zweitliga-Tabelle mischte der Klub in der erweiterten Spitze mit, im Zuschauerranking war er Achter – nur im Vergleich der Vereinsetats belegte er auch noch in seinem fünften Zweitliga-Jahr einen Abstiegsplatz.

Da wirtschaftlicher Erfolg aber nun mal die Voraussetzung für möglichen sportlichen schafft, war es eine Frage der Zeit, bis das nicht mehr gut gehen würde.

Erst recht, da die wirtschaftliche Entwicklung nach Corona in der für den Profisport ohnehin schwierigen Stadt Würzburg sogar rückläufig war. Zu Budgets mache er keine Angaben, antwortete Sauer auf eine Anfrage zum aktuellen Saisonetat. Als sicher gilt dennoch, dass dieser deutlich geringer sein dürfte als zu den Hochzeiten 2018/19, als Sauer ihn auf rund 930.000 Euro bezifferte. Und selbst das wäre mittlerweile weit unter Liga-Schnitt, der stetig wächst und laut Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), in der kommenden Runde zwischen zwei und 2,5 Millionen Euro liegen wird.

Mit eine Ursache für den Rückgang: Bei Heimspielen schauten im Schnitt nur noch rund 700 Menschen zu – auch damit sind die Unterfranken Schlusslicht. Wie die HBL im Zuge der Lizensierung im April vermeldete, haben im Gegensatz dazu im Großteil der Liga "die über den Eintrittskartenverkauf erzielten Einnahmen in der laufenden Saison nach aktuellem Stand wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht".  

2. Die Namensänderung von DJK Rimpar Wölfe zu Wölfe Würzburg

Wenngleich die Umbenennung von DJK Rimpar Wölfe in Wölfe Würzburg manche Fans aus Rimpar vergrault hat, war sie aufgrund des größeren Sponsorenpotenzials richtig. Der Zeitpunkt aber war falsch. Im Idealfall hätte die Namensänderung nach dem Fast-Aufstieg 2017 erfolgen sollen, denn auf dem sportlichen Höhepunkt hatte der Klub viel regionale Aufmerksamkeit und verkaufte zeitweise die Halle aus. Damals waren die Wölfe auch für Partner also noch wesentlich attraktiver als aktuell.

Die Umbenennung im August 2022 geschah aus der Not heraus, da bereits zu befürchten war, dass die Mannschaft mit sportlichem Erfolg unter den wirtschaftlichen Bedingungen kaum würde für sich werben können.  

3. Die fehlende Quantität und Qualität des Kaders

Die wirtschaftliche Lage spiegelt sich im Kader wider: Ihm fehlt es vor allem in der Spitze an Quantität und Qualität. Nach dem bisher größten Umbruch im Sommer 2022 mit sieben Abgängen und fünf Neuzugängen wurden scheidende Leistungsträger wie Yonatan Dayan, Jonas LinkJulian Sauer und Philipp Meyer nicht adäquat ersetzt, Verletzungen schwächten die Mannschaft fast durchgehend zusätzlich, die angekündigte Winter-Verstärkung war finanziell dann doch nicht drin. Die fehlende Breite wirkte sich häufig in entscheidenden Schlussphasen von Spielen negativ aus.

Aus der Not machten die Wölfe zwar eine Tugend und setzten insgesamt acht Talente aus der zweiten Mannschaft und der A-Jugend ein, doch war das freilich kein tragfähiges Konzept für Konkurrenzfähigkeit im Abstiegskampf. Aus der angespannten Personalsituation ergaben sich für Thomann und das Team stets neue sportliche Herausforderungen.

4. Die fehlende sportliche Konstanz

Weder als Kollektiv noch im Einzelnen spielten die Würzburger konstant genug, oft genug brachen sie in Partien ein. Auch Leistungsträger hatten Höhen und Tiefen, die sich nicht immer nur mit der Belastung aufgrund des zu kleinen Kaders erklären ließen.

Kreisläufer Oliver Seidler schlug als Neuzugang bei den Wölfen Würzburg voll ein.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Kreisläufer Oliver Seidler schlug als Neuzugang bei den Wölfen Würzburg voll ein.

Beständigster Akteur war Oliver Seidler, der als Neuzugang voll einschlug – als fast immer verlässlicher neuer Abwehrchef und ungemein treffsicherer Kreisläufer. Hinter Kapitän Patrick Schmidt ist Seidler zudem zweitbester Torschütze.

5. Die Abwehr als Schießbude der Liga 

Seidlers Defensivqualitäten und auch die Mehrzahl an gespielten Angriffen und erzielten Toren im Vergleich zu früher täuschen nicht darüber hinweg, dass die Abwehr der Wölfe, die jahrelang zu den stärksten der Liga gehörte, diesmal zu deren Schießbuden zählt und nach der Konstanzer (32,5) die meisten Gegentore kassiert: im Schnitt 31,8 pro Partie – vier mehr als vergangene Saison (27,7).

6. Die fehlenden Siege auswärts und in Kellerduellen 

Kein einziger Sieg auswärts und in Kellerduellen gegen direkte Konkurrenten gelang den Wölfen bisher in dieser Spielzeit. Dass sie zu Hause einzelne Überraschungen wie am Anfang gegen Essen (29:23) oder später gegen die Topklubs Eisenach (32:28) und Nettelstedt-Lübbecke (32:32) landeten, half da nicht. 

7. Die psychologischen Faktoren

Wie sehr Serien sportlichen Misserfolgs am Selbstvertrauen sägen, war phasenweise in fast jedem Spiel zu sehen. Das plötzliche Auftauchen des Sportlichen Leiters und künftigen Trainers Johannes Heufelder im Herbst 2022, über das, so war zu vernehmen, der Mannschaft gegenüber lange ungenügend kommuniziert wurde, sorgten in schwieriger sportlicher Situation für zusätzliche Unruhe. Schließlich die Unsicherheiten und Ängste bei Spielern hinsichtlich der eigenen Zukunft: Auch psychisch und mental war es keine einfache Saison für die Wölfe.

 
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