Bei der Betrachtung von 58 Minuten war es ein verlorener Punkt, nach 60 dennoch irgendwie ein gewonnener, auch wenn großer Jubel nach dem finalen Tor von Oliver Seidler zum 32:32 nicht ausbrach. Abstiegskandidat Wölfe Würzburg hat in der 2. Handball-Bundesliga Aufstiegsanwärter TuS N-Lübbecke am Sonntagabend mit einer leidenschaftlichen Leistung an den Rand einer Niederlage gebracht. Erst zwei Minuten vor Schluss glich der Tabellenzweite beim Letzten erstmals aus, 20 Sekunden vor der Sirene war er in der tectake Arena erstmals in Führung gegangen.
"Es gibt viele Leute, die glauben, die Wölfe reißen eh nichts mehr", meinte Kapitän Patrick Schmidt. "Es ist ein gewonnener Punkt, denn damit hätte wohl niemand gerechnet."
Verlängern Schmidt und Kaufmann ihre Verträge?
Am Rande der Partie machte ein Gerücht die Runde, das Fans der Wölfe erfreuen dürfte, sollte es sich bewahrheiten: Angeblich stehen mit Spielmacher Schmidt und seinem Rückraumkumpel Steffen Kaufmann zwei Identifikationsfiguren vor Vertragsverlängerungen. Wie wichtig beide immer noch sind, nicht nur wegen ihrer Erfahrung, bewiesen sie gegen Nettelstedt-Lübbecke.
Für Schmidt hatte der Fanklub "Der 8. Wolf" bereits beim vergangenen Heimspiel ein weißes Transparent mit schwarzer Schrift und einem grünen Herz hochgehalten, auf dem stand: "Paddi Herz der Wölfe". Womöglich schlägt es doch in der nächsten Saison weiter. Beide Routiniers wie auch der Sportliche Leiter Johannes Heufelder wollten sich nicht zu den Gerüchten äußern.
Der spiel- und wurfstarke Kapitän selbst eröffnete den Torreigen für die Gastgeber. Mit seinem dritten Treffer markierte er die 5:2-Führung nach neun Minuten. TuS-Trainer Michael Haaß nahm eine frühe Auszeit. "Wir waren gar nicht da, sind gedanklich im Bus geblieben", sagte der 2007er-Weltmeister später.
Wölfe Würzburg führen teils mit acht Toren
Doch mit einer engagierten Verteidigung samt prächtig parierendem Jonas Maier im Rücken sowie einem ambitionierten Angriffsspiel vor allem im Rückraum und über den Kreis bauten die Würzburger ihren Vorsprung weiter aus und spielten sich förmlich in einen Rausch. Einen 5:0-Lauf krönte der erneut starke Seidler mit dem Tor zum umjubelten 14:7 (22.). Haaß sah sich zur zweiten Ansprache an seine Mannschaft gezwungen. Doch die wirkte weiter schläfrig.
Die Wölfe erhöhten sogar noch auf acht Treffer Differenz. Zur Pause lagen sie mit 20:13 vorn – so viele Treffer hatten sie in dieser Saison noch nicht in einer Halbzeit erzielt. Ihre Wurfquote: beeindruckende 80 Prozent (N-Lübbecke: 57 %). Die Quote gehaltener Bälle von Maier im Vergleich mit Nikolas Katsigiannis: 38:13 Prozent.
Nettelstedt-Lübbecke steigert sich, Würzburg schwächelt
In gleichem Maße wie die Nettelstedt-Lübbecker sich nach dem Seitenwechsel vor allem in der Abwehr im Kasten steigerten, zeigten die Würzburger nun Schwächen. Nicht nur zwei Pfostenknaller und drei von Katsigiannis "gekillte" Siebenmeter ermöglichten es dem TuS, Tor um Tor zu verkürzen.
Als Felix Karle per Kempatrick das 29:22 (48.) zauberte und Andreas Wieser danach einen Strafwurf hielt, hatten die Grün-Weißen letztmals Oberwasser. Danach kostete sie ein 3:10-Lauf den Sieg.
Thomann: "Unter Druck machen wir unfassbar viele Fehler"
"Wir hätten gewinnen müssen. Aber heute man gesehen, wie wir ohne Druck spielen und am Ende, wie wir mit Druck spielen", sagte Trainer Julian Thomann. "Unter Druck, erst recht wenn wir müde sind, machen wir unfassbar viele Fehler." Die nutzten die Gäste mit ihrer Qualität auch im Zweikampfverhalten gnadenlos aus.
Am kommenden Freitag (19.30 Uhr) steht für die Würzburger mit dem Kellerduell gegen die HSG Konstanz das dritte Heimspiel in Serie an. Mit einer Leistung wie in 48 Minuten gegen Lübbecke ist alles drin.
Handball, Zweite Bundesliga, Männer:
Wölfe Würzburg - TuS N-Lübbecke 32:32 (20:13)
Würzburg: Maier (1.-48., 9 Paraden), Wieser (2 Siebenmeter, 49.-60., 3/1 P.) – Schömig 2, Karle 5, Neagu (n.e.), Schmidt 8/2, Kaufmann 6, Dürr (n.e.), Hack (n.e.), Geis, Brielmeier 2, Krenz (n.e.), Seidler 7, Franke 1, Merk 1.
Lübbecke: Katsigiannis (1.-60., 13/2 P.), Klama (n.e.), Rezar (n.e.) – Genz 5, Holzhacker, ten Velde 2, Ebner 3, Petreikis 2, Strosack 2, Dräger 1, Kontrec 2, Mrakovcic, Nissen 5, Östenberg, Petrovsky 2, Skroblien 8/4.
Spielfilm: 5:2 (9.), 7:5 (14.), 15:7 (23.), 18:10 (26.), 20:13 (HZ), 22:18 (40.), 29:22 (48.), 29:26 (52.), 31:31 (58.), 31:32 (60.), 32:32 Endstand.
Siebenmeter: 5/2 : 5/4.
Zeitstrafen: 1:3.
Schiedsrichter: Cesnik/Konrad (Gummersbach).
Zuschauende: 523.
Das Time-out der Wölfe in der 50. Minute war für mich im Übrigen total unnötig (wir waren im Lauf, führten abwechselnd mit 7 bzw. 6 Toren). Das Time-out gab dem Gegner die Möglichkeit sich nochmal zu sammeln. Das klappte dann wohl auch.