Der Fußball hat ihn als Mittelfeldspieler und Stürmer zu unterfränkischen Spitzenvereinen und in sein Geburtsland Griechenland geführt. Und er hat ihn in der Sportvermarktung mit zahlreichen Profiklubs in Kontakt gebracht. Doch mit dem Fußball hat Waios Dinudis abgeschlossen. Sein Netzwerk aus jener Zeit möchte der 40 Jahre alte Bad Neustädter aber nutzen, um auf einem anderen Terrain durchzustarten. Ein Gespräch über kuriose Erlebnisse im griechischen Fußball, die Rivalität zwischen dem TSV Aubstadt und dem TSV Großbardorf und die Prominenten in seinem Telefonbuch.
Waios Dinudis: Marcel Gerber habe ich schon lange nicht mehr gesehen, ich verfolge aber seinen Werdegang nach unserer gemeinsamen Saison beim FC 05 Schweinfurt, wie bei vielen ehemaligen Mitspielern. Auch wenn ich aus dem Fußballgeschäft ausgeschieden bin, halte ich mich auf dem Laufenden und weiß, dass er den SV-DJK Unterspiesheim trainiert.
Dinudis: Wir haben als Regionalliga-Profis auf eine gesunde Ernährung geachtet und meistens Hähnchenbrustfilet mit Reis gegessen, dazu eine Apfelschorle getrunken. Selbst auf Salat haben wir in der Regel verzichtet, weil er nicht so schnell zu verdauen ist. Schließlich stand zwei Stunden später das nächste Training an.
Dinudis: Meine Jugendvereine waren der SV Herschfeld, der FC 05 Schweinfurt und die Sportfreunde Bad Neustadt. Bei den Erwachsenen habe ich für den TSV Aubstadt, den FC 05 Schweinfurt, Ethnikos Alexandroupolis in Griechenland, den TSV Großbardorf und den SV Rödelmaier gespielt. Anschließend war ich vier Jahre Co-Trainer in Aubstadt. 2020 habe ich mich aus dem Fußball zurückgezogen.
Dinudis: Ich möchte mit Fußball nichts mehr zu tun haben und verfolge das Geschehen nur noch über die Medien. Es war eine schöne und ereignisreiche Zeit, doch als Trainer bin ich abhängig von Präsidenten und Spielern. Das ist nichts für mich. Ich habe beruflich nun einen anderen Fokus im Leben.
Dinudis: Ich war bis vor Kurzem Inhaber einer Cocktailbar, in der ich zahlreiche Fußballer aus der Region zu Gast hatte. Parallel dazu habe ich mir ein zweites Standbein als selbstständiger Immobilienmakler aufgebaut, worauf ich mich jetzt konzentriere. Mein Ziel ist es, mich auf Griechenland und Zypern zu spezialisieren und ins Luxussegment einzusteigen. Da ich früher in einer führenden Sportmarketing-Agentur tätig war und Trainingslager für deutsche und internationale Spitzenklubs organisiert habe, konnte ich über die Jahre viele Kontakte knüpfen. Daher sollen in Zukunft auch Fußballprofis zu meiner Zielgruppe im Immobiliengeschäft gehören.
Dinudis: Thomas Helmer, Frank Baumann, Sebastian Kehl und Pal Dardai sind nur einige, die ich jederzeit anrufen könnte. Das Netzwerk stammt aus einer außergewöhnlichen, rastlosen Zeit, in der ich ganz nah am Geschehen war. Daran erinnere ich mich gerne zurück.
Dinudis: Ich stand ein Jahr bei Alexandroupolis in der dritten Liga unter Vertrag und war Stammspieler. Nach der Schweinfurter Insolvenz habe ich dort wieder finanzielle Probleme erlebt, als der Verein mehrere Monate keine Gehälter zahlen konnte. Wir hatten in der Mannschaft viele ehemalige Erstligaspieler, die kurz vor dem Karriereende standen. Das Niveau war mit der Zweiten Liga in Deutschland vergleichbar. Wir sind griechischer Amateurpokalsieger geworden und in die erste Hauptrunde des Pokalwettbewerbs eingezogen. In der Liga haben wir den Aufstieg verpasst. Während Spielen kam der Vereinspräsident während Halbzeitpausen öfters in die Kabine, um dem Trainer und den Spielern Anweisungen zu geben. Das war gewöhnungsbedürftig, aber eines meiner schönsten Jahre als Fußballer.
Dinudis: In dieser einen Saison habe ich viele kuriose Geschichten mitbekommen. Das fing schon damit an, dass ich ursprünglich bei einem anderen Verein unterschrieben hatte, aber im Nachhinein feststellen musste, dass ich beim Gehalt übers Ohr gehauen worden war. Daher habe ich den Vertrag zerrissen und bin zum Lokalrivalen gewechselt. Nach einem Auswärtssieg konnten wir das Stadion nur mit Polizeischutz verlassen. Wir mussten uns zwei Stunden in der Kabine einschließen, weil gegnerische Fans uns belagerten. Es hatte sich herumgesprochen, dass unser Präsident den Schiedsrichter bestochen hatte. Während einer Begegnung kam es auch mal auf dem Platz zu einer Schlägerei zwischen mehreren Spielern.
Dinudis: Mein Spielerberater hatte in der Zwischenzeit ein einwöchiges Probetraining bei einem Erstligisten auf Zypern arrangiert. Bei der letzten Einheit habe ich mir den Mittelfuß gebrochen. Einen Tag später hätte ich dort den Vertrag unterschreiben sollen. Mein Trikot war bereits bedruckt, die Pressekonferenz vorbereitet. Durch die Verletzung war alles hinfällig. Das war der Bruch in meiner Laufbahn, sodass der Profifußball für mich keine Priorität mehr hatte. Obwohl ich ein halbes Jahr ausgefallen bin, hat mir Großbardorf einen Vertrag gegeben und eine Berufsausbildung ermöglicht. Dafür bin ich den Verantwortlichen Gerhard Schüler und Andreas Lampert heute noch dankbar. Deshalb bin ich dem Verein trotz anderer Angebote viele Jahre treu geblieben.
Dinudis: Zum einen der TSV Großbardorf, weil ich dort die längste Zeit meiner Karriere gespielt habe. Durch die Arbeit als Co-Trainer ist mir aber auch der TSV Aubstadt ans Herz gewachsen. Das mag aufgrund der Rivalität zwischen den Klubs ein Widerspruch sein. Ich habe das allerdings nie so gesehen. Vereinzelte Sticheleien in Aubstadt aufgrund meiner Großbardorfer Vergangenheit konnten mir nichts anhaben.
Dinudis: Ich finde es schade, dass Großbardorf ein wenig untergegangen ist und nur noch in der Landesliga mitmischt, wenn ich an die Zeit in der drittklassigen Regionalliga zurückdenke, als wir gegen Heidenheim und Darmstadt gespielt haben. Es ist kein Geheimnis, dass Aubstadts Vorherrschaft mit finanziellen Mitteln zusammenhängt. Sonst ließe sich dieses hohe Niveau in der Regionalliga nicht halten. Solange der Bauunternehmer Marco Weigand als Sponsor zur Verfügung steht, wird sich daran auch nichts ändern.
Dinudis: Geld allein schießt keine Tore. Es gehört auch eine Kontinuität im Verein dazu, die sich in Aubstadt an Josef Francic als langjährigem Trainer gezeigt hat, dem auch in schlechten Zeiten der Rücken gestärkt wurde. Aber ohne Geld geht es auch nicht. Insofern wäre es vermessen, wenn sich Großbardorf an Aubstadt orientiert.
Dinudis: Mit Michael Dellinger verbinden mich vier erfolgreiche Jahre in Aubstadt, die mit dem Aufstieg in die Regionalliga gekrönt wurden. Mit seinen Toren hat Mike einen wesentlichen Beitrag geleistet. Ich hatte ein spezielles Verhältnis zu ihm. Durch seine Schichtarbeit konnte er öfters nicht beim Training sein. Als Co-Trainer habe ich daher mit ihm vormittags individuelle Einheiten absolviert. Ich lege ihm nahe, trotz des Angebots aus Schweinfurt in Aubstadt zu bleiben. Da weiß er, was er hat.
Das Interview-Format "Steilpass"
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