Es war und ist eine turbulente zweite Jahreshälfte für die Verwaltung von Bad Neustadt mit Bürgermeister Michael Werner an der Spitze. Der Stadtrat fasste im Juni den Beschluss, die Geschäfte des Kurhauses zu übernehmen. Dort, wo jahrzehntelang Anwendungen mit Heilmitteln stattfanden. Im August erklärte die Stadt die Verhandlungen mit der BGL (eine Tochtergesellschaft des Rhön-Klinikums) für gescheitert.
Im Interview mit dieser Redaktion zeigt sich Michael Werner selbstkritisch. Er spricht außerdem darüber, wie die Stadt ihren "Bad"-Titel behalten will (Reprädikarisierung), über einen neuen Masterplan für das Kurviertel, den Fronhof und das alte Kreiskrankenhaus.
Michael Werner: Nein. Die Reprädikarisierung unserer Heilmittel ist im Gange. Hierzu stehen wir in einem engen und vertrauensvollen Austausch mit der Regierung von Unterfranken und dem Bayerischen Heilbäderverband. Bis Jahresende werden aktuell Daten für das erforderliche klimatologische Gutachten erfasst. Weiterhin führen wir Gespräche mit externen Dienstleistern, um den weiteren Fahrplan für die Entwicklung eines Heilbads der Zukunft zu erarbeiten. Im ersten Schritt haben wir eine Fristverlängerung bis 23. Juni 2023 seitens der Regierung erhalten.
Werner: Wir können glücklich über das Privileg sein, Heilquellen zu haben. Da sollten wir aus meiner Sicht ganz stark daran arbeiten, diese auch anwenden zu dürfen und den Titel "Bad" mit Stolz nach Außen zu tragen. Und das nicht nur aus Prestige.
Werner: Der Prozess bezieht sich auf die Anerkennung der Heilmittel. Wir haben drei Brunnen, die Boniftatius- und Elisabethquelle sind bereits anerkannt und können beide im Kurmittelhaus als Trinkkur eingenommen werden.
Werner: Dieses wird über die dritte Heilquelle, den Karl-Theodor-Brunnen gespeist, der noch nicht als Heilmittel anerkannt ist.
Werner: Ja, das sind zwei unterschiedliche Dinge, die es zu beachten gilt. Wir haben aber übrigens unsere Hausaufgaben gemacht, um auch den dritten Brunnen anerkennen zu lassen.
Werner: Um alle Aufgaben der Reprädikarisierung zu erfüllen, müssen wir eine Anwendung stattfinden lassen. In geringfügigem Maße ist das aktuell mit der angesprochenen Trinkkur im Kurmittelhaus möglich, und zwar jeden Tag zwischen 10 und 18 Uhr.
Werner: Diese können wir aktuell mit den Heilquellen nicht anbieten. Hier werden wir mit dem Stadtrat einen Masterplan entwickeln, wie das in Zukunft aussehen kann. Vorstellbar ist eine Zusammenarbeit mit ansässigen Physiotherapiepraxen oder der Berufsfachschule (ESB). Für die Reprädikatisierung wäre es zunächst wichtig, einen verbindlichen Fahrplan für die nächsten Jahre aufzustellen und diesen dem Gremium vorzulegen. Hierbei sollen aus meiner Sicht auch Überlegungen hinsichtlich unseres Triamare mit einfließen.
Werner: Die Kritik ist aus ihrer Sicht verständlich. Aber wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung. Im Gegenteil. Wir möchten es richtig angehen und zukunftsfähig aufbauen. Da muss man vielleicht auch einmal alte Dinge verändern und neue in die Hand nehmen, um attraktiv zu bleiben.
Werner: Ja, vor dem Hintergrund der aktuellen Energiepreisveränderungen ist eine Abrechnung nach tatsächlich anfallenden Kosten und nicht nach Pauschalen grundsätzlich einsichtig. Deshalb ist es nicht richtig, nur mit dem Finger auf die BGL zu deuten. Mir war es anfangs wichtig, dass wir die Kurhaus GmbH Ende August nahtlos übernehmen. Die Crux an der Sache war, dass erst unmittelbar vor der letzten Sitzung im Juli belastbare Daten vorgelegen haben. Insofern standen dem Stadtrat in der Kürze der Zeit zu wenige Informationen zur Verfügung.
Werner: Wir wollten eine anerkannte und etablierte Gesellschaft übernehmen, über die Rezepte bei den Krankenkassen abgerechnet werden können. Dann kam die Energiekrise hinzu. Dass wir die Kurhaus GmbH nicht übernommen haben, ist aus meiner Sicht nach wie vor die richtige Entscheidung. Die Ausarbeitung des Masterplans ist nun ein richtiges Vorgehen, mit formulierten Zielen und Zwischenschritten, die auch erreichbar sind.
Werner: Wir haben uns keine Frist gesetzt. Das Ganze wird permanent ein Thema sein, auch in den Haushaltsberatungen. Wir haben nun viele Möglichkeiten, wenn wir uns saubere Ziele stecken. Wir können definieren, wo wir als Stadt hinwollen.
Werner: Ja, das ist eine Chance für einen Neuanfang. An oberster Stelle steht für mich, dass wir das ganze Quartier "Bad Neuhaus/Mühlbach" in Angriff nehmen. Es muss einen langfristigen Plan geben: Soll das Quartier mit neuen Standards wieder zu einem Kurviertel werden?
Werner: Das kann ich erst beantworten, wenn unser Plan steht. Solche Projekte werden kostenintensiv, wenn wir neue Möglichkeiten schaffen wollen. Da werden wir uns um jegliche Unterstützung bemühen. Ich bin übrigens dankbar, dass der IDW die Initiative ergriffen hat. Auch wir sind nicht allwissend und freuen uns über jegliche Impulse.
Werner: Das sind alles wichtige, städtebauliche Baustellen. Wir sind beim Fronhof nach wie vor auf einem guten Weg. Das Projekt ist ein wichtiger Meilenstein. In diesem Jahr haben wir die technische Gebäudeausstattung bewerten lassen, um reelle Zahlen zu haben. Bislang kursiert oft Halbwissen, wir müssen aber über Fakten entscheiden. Auch wir haben nur begrenzte Mittel zur Verfügung, die wir effektiv einsetzen müssen.
Werner: Das ist ein tolles Quartier mit einer schönen, innenstadtnahen Lage. Man kann daraus einiges entwickeln, muss aber auch hier den finanziellen Rahmen beachten. Zuvor sind viele Gespräche mit dem Landkreis nötig, um das Ganze voranzutreiben. Und: Hier spricht der ganze Kreistag mit.
Werner: Ja, die Reprädikarisierung ist als Thema allgegenwärtig, weil wir auch permanent beispielsweise wettertechnische Daten liefern müssen. Wir bekommen den Titel "Bad" nicht geschenkt, sondern müssen unsere Aufgaben erfüllen. Was klar ist: Das Areal rund um das Kurhaus ist seit dem Sommer in einen ganz anderen Fokus gerückt, als in den vergangenen 20 Jahren.
Werner: Wir stehen mit der BGL in engem Austausch, uns gehört das Haus aber nicht. Wir suchen den Schulterschluss und stimmen uns auch mit dem Landratsamt ab. Was damit passiert, liegt nicht in unserer Hand.
Werner: Wir haben gemeinsam mit dem Rhön-Klinikum ein Interesse, hierfür eine Lösung zu finden, weil das Gebäude in seinem jetzigen Zustand in negativer Hinsicht stadtbildprägend ist. Und, weil wir wie angesprochen eine Lösung für das ganze Quartier anstreben. Wenn wir beispielsweise Platz für neuen Wohnraum oder Anwendungsmöglichkeiten schaffen, hat das eine andere Wirkung nach Außen.
Werner: In unserem geringen Rahmen wollen wir unterstützen, egal in welche Richtung es geht. Aber nochmal: Mir ist wichtig, dass wir eine Entwicklung im gesamten Quartier herbeiführen.