Mittwochmorgen in Bad Neuhaus. "Gehen Sie nicht zu nahe hin", sagt ein Arbeiter mit gelber Warnweste und Bauhelm, der um das "Schmitts Mary Haus" in Bad Neuhaus läuft. Die Bauzäune um das einsturzgefährdete Haus an der Wandelhalle in unmittelbarer Nähe zum Kurpark sind weg geräumt worden, stattdessen stehen Container, ein großes Baufahrzeug und ein Bagger mit großer Kelle vor dem Gebäude. Alte Matratzen liegen auf dem Dach des Nachbarhauses und rechts an der Straße.
Laut Auskunft von Jörg Geier (Leiter der Stabsstelle Kreisentwicklung) hat das Landratsamt Rhön-Grabfeld am Montag den Abriss des "Schmitts Mary Haus" freigegeben, am Mittwoch um 10 Uhr haben die Abrissarbeiten offiziell begonnen. Die Entscheidung ist keine große Überraschung mehr, die Spatzen pfiffen es schon vom nicht mehr intakten Dach. Bereits am Sonntag beim Neujahrsempfang der Stadt Bad Neustadt kündigte Landrat Thomas Habermann an, dass in diesen Tagen alles seinen Gang gehen werde. Nun ist es so also weit.
Wie erfolgt der Abriss des "Schmitts Mary Haus" in Bad Neustadt?
Wie es vor Ort heißt, erfolgt der Abriss – verantwortlich ist der Recyclinghof Koob aus Hildburghausen – sorgsam. "So sorgsam es eben noch möglich ist", erklärt Dieter Federlein vom gleichnamigen Ingenieurbüro. Er geht an diesem Vormittag gemeinsam mit dem Abrissunternehmen den Ablauf der kommenden Tage und Wochen durch.
Genau genommen werden, das bestätigt auch Geier, zwei Häuser des Anwesens abgetragen, unterteilt in die Hausnummern 2 und 2a. Neben dem "Schmitts Mary Haus" wird auch das höhere Haus rechts daneben – Spitzname "Wehner Haus" – abgerissen. Vor rund zwei Wochen hatte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege erklärt, dass nach den vorliegenden Kenntnissen der Abbruch dieses dazugehörigen Gebäudes nicht mit der Gesetzeslage vereinbar wäre. Doch auch dieses Gebäude ist einsturzgefährdet, wie sich nun herausstellte.
Was aber klar ist: Das kleine "Gessner Haus" links neben dem "Schmitts Mary Haus" und das weiter daneben stehende kleine "Seufert Haus" bleiben zunächst stehen.
"Schmitts Mary Haus": Erhaltungswürdige Gegenstände aus dem Erdgeschoss
Laut Federlein nähere man sich dem Haus von hinten und trage es dann von oben nach unten ab, bis zunächst nur noch das Erdgeschoss stehen bleibt. Aus diesem sollen dann die im Sinne des Denkmalschutzes noch erhaltungswürdigen Gegenstände gesichert werden, beispielsweise die Türe mit der noch vorhandenen historischen Jahreszahl "1794". Zudem werden Wände und Fenstersimse vorsichtig eingelegt. Das Haus hat eine lange, jüdische Vergangenheit.
Dass historische Elemente des Hauses von der Eigentümerin, der BGL Grundbesitzverwaltungs-GmbH des Rhön-Klinikums, gesichert werden müssen, ist eine Auflage, die in der Abbruchgenehmigung des Landratsamtes enthalten ist. Das erklärt Landrat Thomas Habermann im Gespräch mit dieser Redaktion. Die Eigentümerin sei zuständig für den Abriss, das Landratsamt begleite den Vorgang fachlich und habe deshalb Personal vor Ort, so Habermann.
Rhön-Klinikum-Verantwortliche freut sich über Entschluss des Landesamts für Denkmalpflege
Die Verantwortlichen des Rhön-Klinikums selbst erfuhren am späten Montagnachmittag von der Abrissgenehmigung und leiteten die Maßnahmen in die Wege. "Wir freuen uns sehr, dass das Landesamt für Denkmalpflege am vergangenen Freitag zu dem Entschluss gekommen ist, dem Abbruch des stark einsturzgefährdeten Gebäudes stattzugeben", heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens.
Geplant ist, so wörtlich, "die unter Denkmalschutz-Aspekten erhaltenswerten Bauteile des Gebäudes sukzessive vorsichtig auszubauen und zu sichern". Schlussendlich führten die gemeinschaftlichen Anstrengungen aller Beteiligten nun doch zu einer raschen Lösung, so endet die Stellungnahme.
Beim Betreten des Gebäudes herrscht Lebensgefahr
"Der Abriss ist inzwischen unumgänglich", betont Experte Dieter Federlein. Bereits vor einigen Jahren habe man Sicherungsarbeiten am Giebel durchgeführt. Ohne diese wäre es wohl schon viel früher zu der Situation gekommen, die nun eingetreten ist. Vor allem der hintere Teil des Gebäudes sei stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Wer jetzt noch das Gebäude betrete, begebe sich in Lebensgefahr, erklärt Federlein.
Wann kann die Straßensperrung in Bad Neuhaus aufgehoben werden?
Er schätzt, dass die Arbeiten bis Mitte oder Ende Februar dauern werden. Ganz so lange bleibt die derzeit aus Sicherheitsgründen gesperrte Kurhausstraße aber mutmaßlich nicht blockiert. Oliver Seufert, Ordnungsamtsleiter der Stadt Bad Neustadt, rechnet damit, dass bis spätestens nächsten Mittwoch unter Beachtung aller Sicherheitsaspekte die Straße für den Verkehr wieder geöffnet werden kann.
Davon geht auch das Rhön-Klinikum aus. Einschränkungen für den fußläufigen Personenverkehr würden aber voraussichtlich bis zur vollständigen Einlegung des Hauses aus Sicherheitsgründen fortbestehen.
Was sagt Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner?
Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner zeigt sich auf Nachfrage der Redaktion froh, dass somit ein Ende der Straßensperrung und der damit verbundenen Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger näher rücke. Zudem werde mit dem Erhalt von Teilen des historischen Hauses dem Wunsch von Teilen der Bevölkerung entsprochen.
Ohne Worte, dieses Amt macht mehr Mist als alles andere. Es gibt unzählige Schandflecke die nur deshalb noch stehen weil sich das Denkmalamt teils jahrzentelang querstellt! Dabei muss doch manchmal klar sein, dass manche Gebäude niemals mehr saniert werden und zwar von niemanden mehr.
Denkmalschutz schön und gut - aber muss ein Haus wirklich erst von allein einstürzen damit es abgerissen werden kann? Der Point of no return war doch schon jahrelang erreicht!
Wenn jahrelang weder vom Besitzer ein Wille zur Sanierung zu erkennen ist und auch die Kommune sich nicht um einen Erwerb und eine Sanierung bemüht sollte der Fall doch klar sein. Erst recht wenn der Gebäudezustand derart desolat ist.
Wenn man ein bisschen Phantasie hat, kann man sich vorstellen, wie toll diese gesamte Häuserzeile ausgesehen hätte, wenn man rechtzeitig mit einer Sanierung angefangen hätte. Aber so wird vermutlich wieder ein gesichtsloser Neubau in die historische Umgebungsbebauung hineingepflanzt, der sich nicht in die historisch gewachsene Struktur einfügt, sondern genausogut (und dort auch viel besser) in jedem Neubaugebiet stehen könnte. Hat unser Land durch den Krieg nicht schon genug von seiner Historie verloren?
Da brauchts dann auch keine Anspielung mehr.
Hauptsache das Gerütsch kommt weg.
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