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Bad Neustadt
Geschichte schmecken im Fronhof: Elch aus dem Salzforst für den Kaiser
Gut 16 Millionen Euro nach derzeitigem Stand: Ein Kulturzentrum in der Alten Amtskellerei von Bad Neustadt soll Stadtbücherei, Kaiserpfalz-Schau und noch mehr versammeln.
Ton, Steine, Scherben: Was Dr. Petra Wolters (im Bild) und ihr Team bisher zur Kaiserpfalz im Bad Neustädter Becken und auf dem Veitsberg von Hohenroth  herausgefunden haben, ist spannend und reicht bis in das Leben der Heutigen hinein. Ein Museum in der Alten Amtskellerei von Bad Neustadt könnte die Zeugnisse der Geschichte versammeln. Gut 16 Millionen Euro sind für ein solches Kulturzentrum grob veranschlagt.
Foto: Brigitte Chellouche | Ton, Steine, Scherben: Was Dr. Petra Wolters (im Bild) und ihr Team bisher zur Kaiserpfalz im Bad Neustädter Becken und auf dem Veitsberg von Hohenroth  herausgefunden haben, ist spannend und reicht bis in das ...
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 09.02.2024 08:46 Uhr

Zwei Themenkreise bildeten den Schwerpunkt der jüngsten Bad Neustädter Stadtratssitzung. Wenn es so kommt, wie viele Akteure wollen, werden sie dereinst in einem Kulturzentrum in der Alten Amtskellerei von Bad Neustadt zusammenfinden: Die Stadtbücherei als hochmoderner Treffpunkt für bildungs- und kulturintertessierte Menschen jeden Alters - und ein Museum, das den Bürgerinnen und Bürgern deutlich macht, welchen Schatz der Altlandkreis Bad Neustadt mit seiner Königspfalz aus der Merowingerzeit hat, mit der das Frühmittelalter tatsächlich bis zum heutigen Tag nachwirkt.  

Wie es aktuell tatsächlich steht um das Prestige-Projekt eines Kulturzentrums in der Alten Amtskellerei mit dem Fronhof, das war am Mittwochabend in der Stadthalle nicht das Thema, Diskussionen um ein Für und Wider gab es nicht. Auch nicht, in welchem Zeitrahmen das Projekt finanziell geschultert werden soll und kann, nachdem die Corona-Pandemie nun schon das zweite Jahr Verunsicherung schafft, auch in der Kämmerei. Immerhin eine erste Kostenschätzung wurde dem neuen Stadtrat unter Führung von Michael Werner am Mittwoch vorgestellt. Würden die Planungen des Büros Burucker-Barnikol aus Erfurt umgesetzt, das aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangen war, dann wäre von Gesamtkosten von rund 16 Millionen auszugehen.    

So teuer wie die Stadthalle

Ein digitales Geländemodell der Kaiserpfalz mitsamt der Umrisse in etwa des Altlandkreises, das als großes Tableau im Eingangsbereich ein zentraler, interaktiver Hingucker wäre, ist dabei noch nicht mit eingerechnet, verschlänge aber noch einmal rund eine halbe Million Euro. Damit würde das Projekt Fronhof in etwa die finanzielle Größenordnung des Stadthallenneubaus erreichen.

Verlockend hören sich die Pläne schon an, nicht nur für Kulturbeflissene. Das gilt schon für eine neue Stadtbücherei. "Wir platzen aus allen Nähten", erklärte dazu Leiterin Claudia Scheler zur aktuellen Raumsituation am Bildhäuser Hof. Welche Bedeutung die Bücherei hat, gerade in der Corona-Zeit, machte sie an einigen Zahlen deutlich. Trotz einer langen Schließungsperiode im ersten Corona-Jahr 2020 hat es einen Zuwachs der Ausleihen um rund 8400 gegeben. Knapp 2500 aktive Leser mit 301 Neuanmeldungen sind doch beachtliche Zahlen. "Damit haben wir nicht gerechnet", sagt Scheler.  Alleine am vergangenen Lockdown-Freitag wurden 835 Medien mit nach Hause genommen, rund 200 Besucher deckten sich mit Lese- oder Hörstoff ein.     

Stadtbibliothek mit digitaler Top-Ausstattung

Scheler träumt von einer digital bestens ausgestatteten Offenen Bibliothek. Über ein weitgehend Digitales Buchungs- und Eintrittssystem könnten zu ausgedehnteren Öffnungszeiten die Lesefreunde jeder Altersgruppe ihre Bücher und andere Medien ausleihen. Zur neuen Stadtbücherei würde auch ein Café gehören. Hier könnten Familien zusammenkommen oder sich nach unterschiedlichen Beschäftigungen in der Stadt wieder treffen.   

Im ersten Stock des Bildhäuser Hofes wird der Raum für die Stadtbücherei zu klein. Geplant ist ein Umzug in die größere, aber zunächst zu sanierende Amtskellerei.
Foto: Stefan Kritzer | Im ersten Stock des Bildhäuser Hofes wird der Raum für die Stadtbücherei zu klein. Geplant ist ein Umzug in die größere, aber zunächst zu sanierende Amtskellerei.

Erste Schritte zur Modernisierung wurden vom Stadtrat am Mittwoch in die Wege geleitet. So erhält die Stadtbücherei eine neue Buchungssoftware, nachdem die zehn Jahre alte Vorgängerversion nicht mehr dem Stand der Technik entspricht. Die neue, browserbasierte Software ermöglicht zum Beispiel das Vorlesen oder Übersetzen von Internetseiten, ein Beitrag zur Barrierefreiheit also. Auch der Zugriff zu Kompendien wie dem Duden oder dem Brockhaus wäre möglich. Scheler erwartet Zuschüsse für die Anschaffung.  Der Stadtrat befürwortete auch die Anschaffung einer Rückgabe-Automation (RFID) für den Medienbestand der Einrichtung, entsprechende Angebote werden eingeholt.

Automatisierte Medien-Rückgabe

Mit dieser technischen Hilfe, einer Art Scanner, kann der wachsende Aufwand für das Rücksortieren und Einräumen erheblich reduziert und so der Personalstand gehalten werden. Man könnte das System später auch um einen Rückgabe-Automaten ergänzen, der Tag und Nacht zur Verfügung stünde. Auch die Ausstellung von Leseausweisen oder der Zahlungsverkehr könnten über das System abgewickelt werden. Das Schöne: "Das RFID-System ist transportabel und könnte auch in andere Räumlichkeiten übertragen werden", so Schelers kleiner Fingerzeig in Richtung Alte Amtskellerei.

Für die Arbeit in der Stadtbibliothek gab es jedenfalls fleißiges Tischklopfen, ehe Dr. Petra Wolters das zweite große Themenfeld bearbeitete: den Forschungsstand zur Kaiserpfalz und Ideen, dieses Wissen in einer Dauerausstellung in der Alten Amtskellerei zu präsentieren. Dass die Kaiserpfalz mit seinen Ausgrabungsstätten zum Beispiel an der Saale oder auf dem Veitsberg keinesfalls nur von lokalgeschichtlicher Bedeutung sind, machte Wolters schnell deutlich. Nach jüngsten Erkenntnissen entspricht die Ausdehnung des Pfalzgebietes tatsächlich der Form des heutigen Altlandkreises. Und darum passte zu einem Museum auch ein digitales Geländemodell der Region, wo man per Touchscreen zahllose Informationen von der Kaiserpfalz über die Stadt bis hin zu Nachbarorten bekäme.     

Kaiserpfalz mit Sonderstellung innerhalb der Wissenschaft

Fast war die Geschichte des Neustädter Beckens zu riechen und zu schmecken im Kurzvortrag. Wenn Elchknochen aus dem archäologischen Fundus etwas von den Speisevorlieben erzählen oder Spuren von Feigen die Mitbringsel einer Delegation aus dem damaligen Konstantinopel oder Jerusalem verraten und Bärenknochen von den früheren Mitbewohnern im Salzforst erzählen, dann wird die Geschichte greifbar. Und genau dieser Schwerpunkt auf naturwissenschaftliche Erkundung (Pollen, Pflanzen etc.) der Kaiserpfalz-Funde macht im Vergleich zu anderen Kaiserpfalzen die Sonderstellung des hiesigen Fundes aus, um den sich die Kommunen Bad Neustadt, Hohenroth und Salz intensiv bemühen. 

Jedenfalls kam auch Kulturreferentin Anne Zeisner ins Schwärmen. "Sie haben uns die Augen geöffnet für eine spannende Geschichte", so die CSU-Stadträtin. "Der Fronhof wäre ein super Platz, um diese Geschichte erlebbar zu machen". Und auch Bürgermeister Michael Werner kann sich gut vorstellen, hier eine Begnungsstätte zu schaffen, die Planungen sollten vorangetrieben werden. Die Detailplanungen, die weitergeführt werden, dürften dann noch genauer verraten, welchen Preis die ganz besondere Siedlungsgeschichte des Bad Neustädter Beckens hat.

 
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  • buerger123
    ... und das sollten uns die knapp 16 Mio doch Wert sein?!
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  • karlheinz.lottig@gmx.de
    Sehr schön. Und damit heben wir diesen "Ort des Gipfels" auf eine Ebene mit Aachen / Gelnhausen / Kloster Lorch / Mailand / Rom / und viele andere bedeutende Stätten der Regierungszeit von Karl dem Grossen.
    Herzlichen Glückwunsch !!
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  • karlheinz.lottig@gmx.de
    Der in Planung befindliche "Umbau" der alten JVA ist m.E. kein Prestige-Projekt, sondern blanker Unsinn. Die jetzt genannten Kosten sind mit Sicherheit die unterste Grenze; bei bauilichen Veraenderungen an (sehr) alten Gebaeuden sind noch immer kostenerhoehende Ueberraschungen aufgetaucht. Ein Vergleich mit der Stadthalle (die in Nicht-Corona-Zeiten auch einen ganz anderen Nutzungswert darstellt) verbietet sich deswegen markant.
    Die Ausgrabungsergebnisse sind (gerade fuer die Projekt-Federfuehrenden !!) von "wissenschaftlicher Bedeutung". Aber wen will man denn mit "ein paar Scherben" und Fotos von Erdverfaerbungen in dieses "aussergewoehnliches Museum" locken ? Der stets gern zitierte Aufhaenger "Karl der Grosse" darf schnell gestrichen werden. Selbst wenn er sich 1-2 mal in unserer Region aufgehalten haette, zu den wichtigen und bemerkenswerten Staetten seiner Amtszeit zaehlte unsere Region wahrlich nicht.
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  • weissmi
    Was Sie gerade am Ende Ihres Posts sagen zeigt, dass Sie leider keine Ahnung haben, weder quellen-historisch noch in Bezug auf die konkreten wissenschaftlichen Forschungen noch in Bezug auf eine moderne Museumsdidaktik. Die Pfalz Salz war eine von 5 (!) karolingischen Pfalzen in ganz Deutschland und 803 Ort einer Konferenz, die man heute mit einem G7-Gipfel vergleichen kann. Sie kennen offensichtlich keine der wissenschaftlichen Auswertungen und erlauben sich ein solches (Vor-) Urteil. Schade!
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