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Basketball: Bundesliga
Jochen Bähr: "Ich bin das beste Maskottchen der Baskets"
Ein Gespräch mit den neuen Eigentümern Jochen Bähr und mit Jürgen Meissner über die Zukunft des Basketball-Bundesligisten und ein bisschen auch über die Vergangenheit.
Jürgen Meissner (links) und Jochen Bähr beim Gespräch über die Zukunft der Würzburg Baskets.
Foto: Daniel Peter | Jürgen Meissner (links) und Jochen Bähr beim Gespräch über die Zukunft der Würzburg Baskets.
Stefan Mantel
,  Thomas Brandstetter
 und  Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:15 Uhr

Es hat sich viel getan bei Basketball-Bundesligist Würzburg Baskets im letzten halben Jahr. Nach dem öffentlichen Hilferuf im Februar fand sich ein Bündnis, das dem Klub neue Sponsoren verschaffte. Der gewünschte Vier-Millionen-Euro-Etat wurde eingesammelt, Cheftrainer Sasa Filipovski und sein Trainerteam sowie Sportmanager Kresimir Loncar konnten gehalten werden, die Mannschaft konnte verheißungsvoll zusammengestellt werden.  Mit dem Pokalspiel bei den PS Karlsruhe Lions starten die Baskets am Samstag (20 Uhr) in die neue Saison. 

Im Zuge der Hilfsaktion gab es auch einen Gesellschafterwechsel. Jochen Freier schied aus, Baskets-Mitgründer Jochen Bähr, Chef der Firma Büroforum, kehrte zurück und teilt sich mit Jürgen Meissner, Eigentümer des Beleuchtungsgeschäfts Lichtagentur, und Dries Jennen, Schwiegersohn von s.Oliver-Eigentümer Bernd Freier, die Anteile. Ein Gespräch mit den neu dazugekommenen Eigentümern Bähr und Meissner über ihre Pläne mit dem Klub, die schwierige Suche nach einem Hauptsponsor und über sportlichen Erfolg.

Willkommen zurück, Herr Bähr.

Jochen Bähr: Danke. Manche Dinge passieren offenbar zweimal im Leben.

Wie kam es dazu, dass Sie wieder eingestiegen sind bei dem Klub, den Sie 2007 mitgegründet haben und vor zehn Jahren verlassen haben?

Bähr: Als Geschäftsführer Steffen Liebler im Februar den öffentlichen Hilferuf abgesetzt hat, dass dem Klub 1,5 Millionen Euro für die neue Saison fehlen, hat er auch mich angerufen und mich gefragt, ob ich helfen könnte. Ich war erst sehr skeptisch, weil mein Netzwerk an Sponsoren ja zum großen Teil sowieso immer noch die Baskets unterstützt. Er hat natürlich angerufen, weil er hoffte, dass ich ganz gut weitere Sponsoren beibringen könnte. Das war ja auch schon früher meine Hauptaufgabe. Dann habe ich mir gedacht, alleine schaffe ich das nicht. Jürgen Meissner kenne ich bereits aus Jugendtagen, er ist ja auch Sponsor der ersten Stunde bei den Baskets. Dann haben wir telefoniert und uns abgestimmt. Ich habe gesagt, wir bräuchten noch jemanden, der ein Netzwerk hat. Und dann bin ich auf die VR-Bank Würzburg zugegangen. Claus Reder, einer der Vorstände, sagte: Ja, ich helfe. Und zwei Wochen später kommt er und sagt: Also, wir machen das nun nicht als Privatmenschen, sondern wir wollen Euch als Bank unterstützen. Und auch die anderen Vorstände, Joachim Erhard und Pia Weinkamm, die ja auch selbst Basketball gespielt hat, waren mit im Boot. So hat sich dann eine sehr intensive Zusammenarbeit über die letzten vier Monate ergeben, um das Geld zu sammeln.

Sie haben also die im Februar zum Vier-Millionen-Gesamtetat fehlenden eineinhalb Millionen zusammengebracht?

Bähr: Fast vollständig, ja. Aber das waren wir natürlich nicht alleine. Steffen Liebler, unser Mitgesellschafter Dries Jennen und Philipp Reinhart aus der Baskets-Geschäftsstelle haben auch hart gearbeitet und ihren Teil dazu beigetragen.

Und warum tun Sie sich das an, Herr Meissner?

Jürgen Meissner: Als Jochen mich angerufen hat, hat er gemeint: Ich war jetzt zehn Jahre draußen, Du warst zehn Jahre drin, und davor hatten wir den Klub ja gemeinsam unterstützt. Wir haben uns gefragt: Wie ist die Stimmung? Was können wir tun? Können wir überhaupt etwas tun? Woran liegt es denn eigentlich? Und dann sind wir ziemlich schnell darauf gekommen, dass man schon was tun kann, wenn man gewisse Sachen in Angriff nimmt. Das ging dann ganz schnell.

Es ist natürlich schon etwas anderes, ob ich als Sponsor einen Klub unterstütze oder als Miteigentümer einsteige.

Meissner: Selbstverständlich. Ich war vor drei Jahren schon einmal in dieser Situation, dass ich kurz davor war, Gesellschafter zu werden. Das hat sich damals allerdings dann aus verschiedenen Gründen zerschlagen. Diesmal habe ich mir gesagt, jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Ich bin 58 Jahre alt, also kurz vor der 60.

Welche Gründe waren das damals, als Bernd Freier sich als Alleingesellschafter zurückzog?

Meissner: Ich nenne es mal Gesellschaftervertrags-bedingte Gründe, dass ich gesagt habe, nein, unter diesen Umständen mache ich nicht mit.

Herr Bähr, Sie sagten, Sie waren am Anfang skeptisch zurückzukehren. Wie können Sie erklären, dass Sie die doch beachtliche Summe von eineinhalb Millionen Euro beischaffen konnten, die der Verein zuvor nicht generieren konnte?

Bähr: Es war ja nicht die komplette Summe, die auf unserem Mist gewachsen ist, wir haben vielleicht 600.000, 700.000 Euro zusammenbekommen. Die hatten wir uns vorgenommen zu erreichen, und das ist uns bis auf vielleicht 10.000 Euro rauf oder runter auch gelungen.

Meissner: Unser Eindruck war, dass in Würzburg und der Region ein wenig die Grundstimmung herrschte, es wird schon irgendwie funktionieren, irgendwie bekommen wir auch die Lizenz, und es läuft einfach so weiter. Es war uns dann aber relativ schnell klar, dass das heuer nicht so werden wird.

Weil unter anderem Corona-Hilfen ausgelaufen sind und etwaige Rücklagen aufgebraucht waren . . .

Meissner: Auch das, ja. Und weil während der Pandemie auch in der Organisation sehr viel eingespart werden musste. Der ganze Klub ist ja geschrumpft. Da wurde es immer schwieriger, Geld beizuschaffen. Was unser Engagement angeht, muss ich sagen, und das habe ich ein wenig unterschätzt: Es hat sehr schnell eine Eigendynamik eingesetzt: Wer kennt wen? Warum? Kennst du den? Ich kenn den. Warum gibt der weniger oder will ganz aufhören. Der muss doch an Bord bleiben.

Baskets-Spielmacher Otis Livingston im Training mit Trainer Sasa Filipovski.
Foto: Heiko Becker | Baskets-Spielmacher Otis Livingston im Training mit Trainer Sasa Filipovski.
Ein größerer Sponsor, der einen sechsstelligen Betrag gegeben hatte, wollte aussteigen. Nach dem Gesellschafterwechsel nun hat er seine Unterstützung verdoppelt . . .

Meissner: Auch das ist vorgekommen, ja. Und manchmal war es auch so, dass ich erklärt habe: Ich bin da jetzt dabei. Ich zähle auf Euch, mindestens noch für ein Jahr. Dann kam als Antwort: Ach komm, dann machen wir zwei Jahre.

Wie sehr hat der doch einigermaßen überraschende sportliche Erfolg, die Play-offs wurden nur hauchdünn verpasst, in der vergangenen Saison beim Geldbeschaffen geholfen?

Bähr: Letztlich stellt sich die Frage: Wie viele Menschen interessieren sich wirklich für diesen Sport. Mir war natürlich schon klar, welche sensationelle Situation sich hier ergeben hatte, und das macht sich auch in der Zusammenarbeit mit Trainer Sasa Filipovski und seinem Trainerteam sowie Sportmanager Kresimir Loncar und Nachwuchstrainer Alex King bemerkbar. Da ist geballte Fachkompetenz an Bord, die ihresgleichen in Deutschland sucht. Die machen das wirklich mit Herzblut und Leidenschaft, und: Sie sind darüber hinaus auch noch menschlich absolut top und haben einen realistischen Blick auf die Dinge.

Das war in der Vergangenheit bei diesem Klub nicht immer der Fall.

Bähr: Stimmt, da gab es schon einige Vögel. Aber mit Kreso und Sasa kann man reden, und sie sagen: Okay, Ihr habt geliefert. Jetzt liegt es an uns. Da gibt es keine Ausreden, wie sie im sportlichen Bereich ja gerne genutzt werden, wenn es mal nicht so läuft.

Meissner: Das war auch tatsächlich eine der Hauptgründe für uns. Ich habe gesagt: Jochen, diese Situation, es wäre so schade, wenn wir diese Chance mit diesem Trainer und seinen Assistenten, mit dem Sportmanager und der gesamten sportlichen Leitung verstreichen lassen würden. Wenn wir diese Konstellation auseinanderbrechen lassen, fängst du wieder ganz bei Null an.

So erfolgreich Sie nun bei der Geldbeschaffung waren: Ihr Hauptziel, einen neuen Haupt- und Namenssponsor zu finden, haben Sie noch nicht erreicht.

Bähr: Das stimmt. Das ist jetzt weiterhin unsere oberste Aufgabe, das steht über allem.

Daran werden Sie sich auch messen lassen müssen, wenn Sie das so offensiv propagieren.

Bähr: Ganz klar, ja. Und das werden wir auch.

Nach unseren Informationen standen Sie mit dem Autohaus Spindler ganz kurz vor dem Abschluss, neuer Haupt- und Namenssponsor zu werden.

Bähr: Wir standen kurz vor einem Abschluss, aber ich werde nicht sagen, mit wem. Es hat leider kurz vor der Ziellinie dann doch nicht geklappt. Das heißt aber nicht, dass das Thema für alle Zeiten vom Tisch ist. Wir hegen große Hoffnungen, dass es noch zu einer Einigung kommen wird.

Meissner: Es war zu 95 Prozent in trockenen Tüchern. Dann wurde es erst einmal zurückgestellt, aber die Tür ist auf keinen Fall komplett geschlossen. Im letzten Quartal wird es noch einmal Gespräche geben.

Und falls die Tür dann doch dicht ist. Haben Sie einen Plan B?

Bähr: Es gebietet die Höflichkeit und Seriosität, dass wir natürlich erst einmal mit dem Kandidaten sprechen, mit dem wir uns fast einig waren. Und erst wenn diese Möglichkeit endgültig ad acta gelegt werden sollte, was ich nicht hoffe, gehen wir auf weitere Suche.

Wie wichtig wird der sportliche Erfolg für die Zukunft der Baskets sein?

Meissner: Nach allem, was man in der Vorbereitung sehen konnte, glaube ich, dass die Mannschaft stärker ist als im vergangenen Jahr. Da haben Kreso und das Trainerteam wieder tolle Arbeit geleistet bei der Zusammenstellung. Und da sind auch wirklich tolle Typen dabei, die menschlich absolut toll und auch ehrgeizig sind und etwas erreichen wollen. Der Erfolg wird sich einstellen.

In Ihre erste Zeit, Herr Bähr, fällt auch der größte sportliche Erfolg: das Play-off-Halbfinale gegen Ulm 2012, und Dirk Bauermann hat vor ein paar Jahren angekündigt, Würzburg zu einem dauerhaften Anwärter mindestens aufs Halbfinale formen zu wollen. Es kam bekanntlich anders. Sind solche hohen Ziele unter den aktuellen Voraussetzungen realistisch, oder sind sie anvisiert?

Bähr: Ich sage ganz klar nein. Ich freue mich natürlich darüber, falls es so kommen sollte. Aber ich weiß natürlich auch, wie schnelllebig dieses Geschäft ist. Das sieht man gerade ja auch an Bonn und in Ulm, die haben fast ihre kompletten Mannschaften verloren. Dann hast du plötzlich Verletzte. Mein Ziel ist, dauerhaft erste Liga zu spielen. Das ist dann ein großer Erfolg für Würzburg. Punkt. Für mich ist es dann auch nicht schlimm, wenn ich Zwölfter werde. Natürlich spiele auch ich lieber in den Play-offs als nicht, aber das hängt oft von so vielen Kleinigkeiten ab und ist letztlich unkalkulierbar.

Gar keine größeren Visionen und Ziele?

Meissner: Wie Jochen gesagt hat: Wir wollen den Bundesliga-Standort Würzburg sichern.

Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler (links) und Jochen Bähr beim Neujahrsempfang der Mediengruppe Main-Post Anfang 2023.
Foto: Silvia Gralla | Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler (links) und Jochen Bähr beim Neujahrsempfang der Mediengruppe Main-Post Anfang 2023.
Reicht das?

Bähr (grinst): Mir schon. Erfolg ist doch von so vielen Faktoren abhängig. Wir sprechen von einem weiteren Sponsor, den wir noch brauchen, um auch in Zukunft einen Etat hinzubekommen, der einen konkurrenzfähigen Kader ermöglicht. Und wenn die neue Halle nicht kommt, werden uns die Statuten der Liga irgendwann automatisch in die ProA schicken, weil wir dann in unserer Turnhalle nicht mehr spielen dürfen. Deshalb ist es für mich nicht so wichtig, in die Play-offs zu kommen. Viel wichtiger ist, den Klub zu stabilisieren, damit dauerhaft Erstliga-Basketball in Würzburg gesichert ist.

Meissner: Wir müssen versuchen, die Heimspiele noch stärker als bisher zu einem Event zu machen. Die Eintrittskarten müssen wie früher ein kostbares Gut werden, um die du kämpfen musst.

Was tut sich denn Neues bei der angedachten Multifunktionsarena?

Bähr: Wir haben demnächst einen Termin beim Oberbürgermeister, um ihm auch einmal zu erklären, was wir auf der Sponsorenseite getan haben. Vielleicht erfahren wir da ja auch was Neues. Es ist ein sehr komplexes Thema. Wir als Verein haben doch letztlich nur die Möglichkeit, über die Emotionen, die auch durch die jüngsten Erfolge wieder geschürt wurden, und die aktuelle Aufbruchstimmung mehr Unterstützung zu bekommen. Ich hab's neulich bei einem Sponsor gesagt: Ich bin das beste Maskottchen für die Baskets, weil ich am meisten über sie erzählen kann, da ich seit dem ersten Tag dabei war. Wir müssen einfach möglichst viele Leute wieder begeistern.

Man kann kein Gespräch über die Baskets führen, ohne auch über Bernd Freier zu sprechen. Der s.Oliver-Eigentümer will mit seiner Zukunftsstiftung die Halle ja bauen und wirbt inzwischen auch wieder auf dem Trikot der Baskets.

Bähr: Ohne Bernd Freier hätte es bis zum heutigen Tag in Würzburg keinen Erstliga-Basketball gegeben. Da können Dank und Anerkennung gar nicht groß genug sein. Das habe ich schon immer und überall gesagt, und das sage ich auch heute.

Meissner: Wir sind natürlich sehr froh, dass die Firma s.Oliver auch wieder an Bord ist, mit voller Strahlkraft. Es ist ein regionales Unternehmen, und das ist ja unser Ziel: Wir brauchen die Region, wir brauchen die Spindlers, s.Olivers, Knaufs, Edekas und viele mehr.

Sie sagen, Sie wollen die Halle wieder vollkriegen und Begeisterung wecken. Wie?

Bähr: Über Emotionen. Die muss natürlich auch vom Parkett kommen, und ich finde, das hat die Mannschaft bei der Saisoneröffnung am Sonntag gegen Istanbul doch auch eindrucksvoll schon gezeigt. Die Atmosphäre war super, und wenn man gesehen hat, wie viele Leute da waren und wie die Mannschaft wirklich als Team aufgetreten ist, wie die gekämpft haben, wie sie auch auf dem Feld miteinander umgehen. Das ist natürlich absolut der Verdienst des Trainers. Und über die Mannschaft, das heißt nicht, dass du jedes Spiel gewinnen musst, aber über eine positive Ausstrahlung der Mannschaft können Funken überspringen, die Emotionen entfachen. Das wollen wir erreichen.

 
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Kommentare
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  • Thomas Diener
    Wünsche den beiden viel Glück und viel Erfolg .
    Kompetenz ist jetzt auch vorhanden und wenn man das Ganze auf sicheren Beinen stellen kann ist dies für Würzburg schon ein großer Erfolg.
    Man sieht ja an den Beispielen neuer Halle , P+R Planungen aber keine Lösungen oder
    endlosen Radfahrer - Diskussionen , das sich in Würzburg wenig bewegt !
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  • Gerhard Müller
    Lieber Jochen, gleich drei Mainpost-Top-Basketball-Reporter im Interview, das hatten noch nicht viele grinsen Alles Gute, Gerhard Müller, Grüner Bezirksrat mit einem Riesenbasketballherz 💚🏀
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