
Unzufriedenheit sieht anders aus. Als die Schlusssirene im ersten Halbfinale des Vorbereitungsturniers um den "EMS Cup 2023" in der in nur gut einem Jahr Bauzeit für 40 Millionen Euro hochgezogenen, 4.000 Zuschauenden Platz bietenden und wirklich schicken KIA Metropol Arena in Nürnberg ertönte, war die Freude im Lager von Basketball-Bundesligist Würzburg Baskets spür- und sichtbar. Die Spieler ballten kurz die Fäuste, Cheftrainer Saša Filipovski nickte anerkennend und die zahlreich ins Mittelfränkische mitgereisten Anhänger applaudierten ihrem Team. Mit 86:79 (30:18, 48:38, 71:60) gewannen die Baskets bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt der Saison gegen den letztjährigen Play-off-Teilnehmer Niners Chemnitz.
"Ich freue mich für die Jungs, jeder Sieg gibt Selbstvertrauen. Es gab einige Aufs und Abs in unserem Spiel. Aber wir haben es am Ende geschafft, einen Weg zu finden, um das Spiel nach Hause zu bringen", resümierte Filipovski.
Blitz-Start dank Neuzugang Seljaas
Keine Frage: Es ist noch früh in der Saison, alle Karten werden in solchen Testspielen naturgemäß nicht aufgedeckt. Die Trainer nutzen solche Partien für taktische und personelle Spielereien. Und doch lässt sich festhalten: Der erste Eindruck, den das auf sieben Positionen neu formierte Team hinterlässt, ist ein positiver. "Ich denke, wir haben wirklich Potenzial in der Mannschaft. Aber das Wichtigste gegen Chemnitz war, zu sehen, dass wir gegen Liga-Konkurrenten wettbewerbsfähig sind", so der 48-jährige Slowene.
Gegen die Sachsen legten die Würzburger einen Blitzstart aufs Parkett, führten nach nicht mal zwei Spielminuten 10:2, bauten die Führung bis Mitte des zweiten Viertels bis auf 38:20 aus. Auffälligster Akteur bis dahin auf dem Parkett war US-Neuzugang Zachary "Zac" Seljaas – nicht nur wegen seines markanten Schnauzers und der "Vokuhila"-Frisur, die schwer an die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts erinnerten. Der 26-Jährige, als "bester ProA-Spieler" der Vorsaison von Aufsteiger Tübingen an den Main gewechselt, hatte bis dahin bereits 15 Zähler markiert, seine drei Drei-Punkte-Würfe versenkt und war am Ende mit 24 Zählern zweitbester Werfer im Team.
Felix Hoffmann am Montag wieder im Training
"Es macht Spaß mit der Mannschaft. Klar ist das Niveau höher, es geht härter zur Sache und die Spieler haben mehr Talent. Aber das Team hilft mir, die Umstellung auf die erste Liga hinzubekommen", so der 1,99 Meter große Flügelspieler, dessen Team in der zweiten Hälfte sich mächtig strecken musste, um die Aufholjagd der 99ers abzuwehren. Da machte sich vor allem die aktuell dünne Personaldecke bemerkbar, da mit Kapitän Felix Hoffmann (Kniebeschwerden), Julius Böhmer (Schambeinentzündung) und Elijah Ndi (Handbruch) gleich drei Spieler aus der Rotation fehlen. "Wir brauchen eigentlich noch einen deutschen Trainingsspieler, wir sind da zu dünn besetzt", sagt Filipovski, wobei zumindest Hoffmann am Montag wieder ins Training einsteigen soll.
So war es der neue US-Spielmacher Otis Livingston II, mit 26 Punkten auch bester Punktesammler der Partie, der mit einigen Einzelaktionen den Sieg über die Ziellinie brachte. "Es ist ein gutes Zeichen, einen wirklich starken Gegner geschlagen zu haben. Wir müssen als Team noch weiter zusammenwachsen, aber wir sind auf einem guten Weg", so der nur 1,80 Meter große, aber wieselflinke Neuzugang aus Bayreuth.
Am späten Sonntagnachmittag, im Finale gegen die Crailsheim Merlins, stellten die Baskets ihre gute Frühform erneut unter Beweis. Im zweiten Vergleich mit einem Erstligisten binnen 24 Stunden gewannen die Würzburger in einer über weite Strecken ausgeglichenen Partie mit 83:79 (15:19, 39:35, 59:57). Beste Werfer waren die beiden neuen US-Guards Isaiah Washington (18 Punkte) und Darius Perry (17) – ein erstes Indiz, dass die Last der Verantwortung diese Saison auf deutlich mehrere Schultern verteilt ist.
Gegen Chemnitz spielten: Livingston II 26/3 Dreier, Seljaas 24/3, Klassen 11, Washington 6, Welp 6/2, Perry 5/1, Ugrai 4, Bess 4, Steinbach, Brown.
Gegen Crailsheim spielten: Washington 18/5, Perry 17/1, Klassen 13, Seljaas 12/3, Bess 8, Welp 8, Ugrai 4, Livingston 3, Steinbach.