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Interview
Egal ob Großbardorf oder Sömmersdorf II: Daniel May ist ein Torjäger für alle Ligen
Leidenschaftlicher Fußballer statt Schauspieler beim Leiden von Jesus Christus: Der 42-Jährige stand auf der Bühne, bevor er sich für die Laufbahn auf dem Rasen entschied
Daniel May ist mit über 40 noch fit.
Foto: René Ruprecht | Daniel May ist mit über 40 noch fit.
Michael Kämmerer
 |  aktualisiert: 17.04.2024 02:48 Uhr

Ohne Trikots zum Auswärtsspiel, Tore von der Regionalliga bis zur B-Klasse und eine verschluckte Zunge mit Bewusstseinsverlust nach einem Zusammenstoß mit dem gegnerischen Torwart – Daniel May hat in seiner Fußball-Laufbahn einige bemerkenswerte Dinge erlebt, über die der 42 Jahre alte Spielertrainer des Kreisklassisten SC Diebach im Steilpass-Interview spricht.

Wer hat Sie angespielt?

Daniel May: Pero Skoric, der beim VfL Euerbach mein Trainer war und mich geprägt hat. Aktuell trainiert er den TSV Forst. Aufgrund seiner großen Erfahrung bringt ihn nichts aus der Ruhe. Auch wenn unsere gemeinsame Zeit lange her ist, hält der Kontakt bis heute. Pero ist nicht nur Kurzpassfanatiker und jugoslawischer Junioren-Weltmeister, sondern auch Beinschuss-Weltmeister. Das bekamen viele Spieler im Training zu spüren.

Pero Skoric sagt über Sie, er habe im Amateurbereich selten so einen professionellen Akteur gesehen. Hat er damit Recht?

May: Da möchte nicht widersprechen. Ich habe noch nie ein Training abgesagt, außer ich war krank oder verletzt. Etwas anderes gab es für mich nicht. Bei mir hatte der Fußball immer einen hohen Stellenwert. In der Kreisliga oder Kreisklasse ticken die wenigsten so, wenn es um Disziplin und Ehrgeiz geht. Ein Mitspieler hat sich mal abgemeldet, weil sein Hund angeblich die Pille der Freundin gefressen hatte und er zum Tierarzt musste. Das war die verrückteste Entschuldigung, die ich gehört habe.

Und das kurioseste Erlebnis auf dem Platz?

May: Als wir mit dem SV Sömmersdorf/Obbach bei einem Spiel in Gerolzhofen in die Umkleidekabine kamen, mussten wir feststellen, dass keiner die Trikots mitgenommen hatte. Der Gegner hat uns Trikots geliehen. Anscheinend hat das die Gerolzhöfer so sehr verwirrt, dass sie zum ersten Mal in der Saison nicht gewinnen konnten.

Eine Anekdote, die für Gesprächsstoff gesorgt hat, genauso wie ein Vorfall, der in diese Schlagzeile mündete: "Euerbach bangt nach Unfall und Spielabbruch um Daniel May".

May: Ich bin mit dem gegnerischen Torwart zusammengestoßen und bewusstlos geworden. Er hat mich unabsichtlich mit dem Knie erwischt. Danach fehlen mir wie nach einem Filmriss die Erinnerungen. Mir wurde erzählt, dass ich die Zunge verschluckt hatte. Eine Zuschauerin mit medizinischen Kenntnissen hat sie mir aus dem Rachen gezogen, damit ich nicht ersticke. Als ich aufgewacht bin, lag ich auf der Intensivstation im Krankenhaus. Dort stellte sich am nächsten Morgen beim Frühstück heraus, dass im Gesicht ein Knochen gebrochen war. Ich konnte vor Schmerzen nicht ins Brötchen beißen.

Wie war Ihr Laufweg?

May: In Sömmersdorf habe ich angefangen, weil das mein Heimatort ist. Die B- und A-Jugend habe ich beim FC 05 Schweinfurt gespielt. Eine Perspektive für die erste Mannschaft gab es nicht, und die Reserve wurde in der untersten Liga neu gegründet. Daher war der TSV Maßbach bei den Männern meine erste Station, damals in der Bezirksliga, genauso wie anschließend der TSV Bergrheinfeld. Den nächsten Schritt habe ich beim FC Bad Kissingen in der Bezirksoberliga gemacht. Durch meine Tore ist der TSV Großbardorf auf mich aufmerksam geworden, wo ich als Stürmer in den drei Jahren meine schönste Zeit in der Bayernliga und Regionalliga hatte.

Dann war es an der Zeit, Trainer zu werden?

May: In Euerbach bin ich zunächst als Spieler eingestiegen, wurde später Spielertrainer und habe den Posten nach eineinhalb Jahren abgegeben, weil die Doppelrolle für mich mit Ende 20 zu früh kam. Erst beim SV Sömmersdorf/Obbach habe ich mich darin wohlgefühlt und die Funktion nachher auch in Bad Kissingen ausgeübt. Derzeit bin ich Spielertrainer des SC Diebach. Im Sommer wechsele ich zur SG Schleerieth. Solange mich die Füße tragen und es mir Spaß macht, werde ich auch auf dem Feld stehen. Dass ich das mit über 40 noch kann, liegt sicher daran, dass ich immer viel für meinen Körper gemacht habe und nie groß verletzt war.

"Ich kann dafür sagen, dass ich von der Regionalliga bis zur B-Klasse in jeder Liga getroffen habe. Wer kann das schon von sich behaupten?"
Daniel May
In Diebach ist mit Steffen Stockmann ein ehemaliger Schweinfurter Zweitligaprofi im Vereinsvorstand für die sportlichen Angelegenheiten zuständig. Sind daher die Erwartungen an den Trainer nicht besonders groß?

May: Es bestehen keine unrealistischen Ambitionen. Ich habe nie Druck gespürt. Der Austausch mit Steffen erfolgt immer auf Augenhöhe. Er hat nie den Ex-Profi heraushängen lassen. Steffen versucht genauso wie ich, das Beste aus der Mannschaft zu machen, sieht aber auch, was wir in der Kreisklasse mit einem kleinen Kader erreichen können und was nicht. Letztes Jahr haben wir bis zum Schluss um den Aufstieg in die Kreisliga gespielt, was diese Saison nicht der Fall ist. Der Grund, warum ich aufhöre, hat nichts mit dem Sportlichen zu tun: Der Aufwand ist für mich in Diebach deutlich höher, als wenn ich von meinem Wohnort Brebersdorf künftig fünf Minuten nach Schleerieth fahre, damit ich mehr Zeit für meine kleine Tochter habe.

Ihr neuer Verein war jüngst in den Schlagzeilen, weil es nach dem Spiel gegen Türkiyemspor Schweinfurt zu Tumulten und körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Akteuren und Fans beider Seiten kam. Schleerieth hat daraufhin angekündigt, in Zukunft nicht mehr gegen Türkiyemspor antreten zu wollen. Wie finden Sie das?

May: Dazu möchte ich mich nicht äußern.

Neulich hat die deutsche Nationalmannschaft nach acht Sekunden das schnellste Tor in ihrer Geschichte erzielt. Wo liegt Ihr Rekord?

May: Ich habe in meiner Laufbahn zwar viele Tore geschossen, weiß jedoch nicht, wie lange ich am kürzesten gebraucht habe. An eine Rote Karte nach acht Sekunden erinnere ich mich noch sehr gut – nicht für mich, sondern für den früheren Schweinfurter Thorsten Seufert, der während unserer Zeit in Bad Kissingen direkt nach dem Anstoß für ein grobes Foulspiel vom Platz gestellt wurde. Ich kann dafür sagen, dass ich von der Regionalliga bis zur B-Klasse in jeder Liga getroffen habe. Wer kann das schon von sich behaupten? Um das zu schaffen, habe ich für Sömmersdorf extra mal in der zweiten Mannschaft gespielt, weil mir ein Tor in der B-Klasse noch gefehlt hat.

Längere Phasen, in denen Ihnen kein Treffer gelungen ist, hatten Sie nicht?

May: In der Regionalliga mit Großbardorf kam ich in der ganzen Saison nur auf ein Tor. Wir sind als reine Amateure unter lauter Profiteams nach einem Jahr direkt wieder abgestiegen. Ein erheblicher Nachteil war, dass wir alle Heimspiele in Schweinfurt im Stadion austragen mussten, weil unser eigenes Sportgelände nicht die Anforderungen erfüllte. In Großbardorf hätten wir eine Chance auf den Klassenerhalt gehabt.

Was macht die Karriere neben der Karriere?

May: Durch meine Zeit als Spieler in Euerbach kam es, dass ich dort auch beruflich Fuß gefasst habe und seitdem für eine Firma in der Metallproduktion und Fertigmontage tätig bin.

In Ihrem Heimatort Sömmersdorf werden alle fünf Jahre die Passionsspiele aufgeführt. Da hätten Sie doch auch Schauspieler werden können.

May: Als Kind und Jugendlicher habe ich drei Spielzeiten als Statist mitgewirkt, erst im Volk, dann als Soldat. Meine letzte Rolle hatte ich mit 15 Jahren, weil sich die Proben und Aufführungen nicht mehr mit dem Fußball vereinbaren ließen.

Wen spielen Sie an?

May: Ich gebe ab zu Christian Laus aus Garitz. Wir hatten eine Fahrgemeinschaft nach Großbardorf und haben auch in Bad Kissingen zusammengespielt, wo er an meiner Seite zudem Co-Trainer war. Christian war einer der besten Mittelfeldstrategen der Region, immer anspielbar mit einem guten Auge für den tödlichen Pass und torgefährlich mit seinem starken linken Fuß. Ohne seine schwere Knieverletzung hätte er vielleicht mehr als nur in der zweiten Mannschaft des 1. FC Nürnberg gespielt.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
Quelle: cam
 
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