Anfang der Neunzigerjahre war Sven Kaiser (52) einer der besseren Fußballer im Landkreis Main-Spessart. Lange spielte und trainierte er bei seinem Heimatverein in Gemünden, vor und nach der Fusion zur FV Gemünden/Seifriedsburg. Mittlerweile konzentriert sich der Familienvater auf seine Arbeite mit Kindern am Stützpunkt des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Erlabrunn.
Sven Kaiser: Das war Oliver Bieber. Wir kennen uns schon sehr lange. Wirklich kennengelernt haben wir uns bei der Eisenbahn. Wir haben da gemeinsam in der Betriebsmannschaft gespielt, aber nie im Verein zusammen. Privat haben wir gemeinsam in München den Trainerschein gemacht. Seitdem sind wir auch gut befreundet.
Kaiser: Ich habe meine Jugend in Gemünden verbracht. Wir sind Anfang der Neunziger zweimal bis in die heutige Kreisliga aufgestiegen. Ich selbst bin dann nach Rieneck in die Bezirksliga gewechselt. Das war eine schöne Zeit. Mein Höhepunkt waren die vier Jahre in Karlstadt, als wir als Meister der Bezirksliga West in die Bezirksoberliga aufgestiegen sind. Jürgen Blank war damals ein Spitzentrainer, und ich habe in den insgesamt vier Jahren viel gelernt. Anfang des Jahrtausends bin ich wieder zurück nach Gemünden gegangen und anschließend zum SV Seifriedsburg als Spielertrainer, zusammen mit Uli Nickel. Gemünden und Seifriedsburg haben anschließend fusioniert. Später habe ich noch ein Abenteuer in Kürnach gewagt, als Spielertrainer gemeinsam mit Nico Kohl. Aber die Fahrtstrecke war einfach zu weit.
Kaiser: Ich war zunächst vier Jahre Trainer in Rieneck, im Anschluss noch ein Jahr in Steinfeld und später während der Corona-Zeit bei der FV Langenprozelten/Neuendorf. Im letzten Jahr bin ich gegen Saisonende noch mal bei der FV Gemünden/Seifriedsburg eingestiegen, damit sich Spielertrainer Jens Fromm aufs Spielen konzentrieren konnte. Ich habe mit ihm einen tollen Menschen kennengelernt. Es ging um den Klassenerhalt, den haben wir in einem sehr emotionalen Relegationsspiel gegen Thüngersheim geschafft. Jens und ich kannten uns vorher kaum, aber das war eine tolle Zeit. Ich habe in Seifriedsburg angefangen als Trainer, und so hat sich der Kreis als Vereinstrainer geschlossen. Darauf habe ich jetzt keine Lust mehr.
Kaiser: Ich war als Fußballer sehr verbissen und hab' dem alles untergeordnet. Die Gesellschaft hat sich verändert. Im Landkreis Main-Spessart kann man ja nicht wirklich höherklassig trainieren. In den unteren Klassen fehlt mir die Einstellung der Spieler zum Spiel. Da wird die Oma in einem Jahr zum dritten Mal 90. Sobald das Wetter schlechter wird, kommen immer weniger Spieler zum Training. Das ist nicht das, was ich möchte, also muss ich aufhören.
Kaiser: Diese Veränderungen der Gesellschaft spiegeln sich im Amateurfußball wider. Der Zusammenhalt fehlt, jeder guckt mehr auf sich selbst. Das ist ja aus allen Teamsportarten bekannt.
Kaiser: Ich bin zunächst als Trainer beim Stützpunkt in Steinfeld eingestiegen und dann mit nach Erlabrunn umgezogen. Roland König hat mich damals beim Stützpunkt-Koordinator Michael Urbansky, heute Trainer der U19-Nationalmannschaft der Frauen, ins Spiel gebracht. Ich habe die B-Lizenz und die Bereitschaft, noch weiterzumachen. Ich bin wenig im operativen Geschäft und kümmere mich mehr um die Organisation des Stützpunkts. Ich bin jetzt 52. Da ist es wichtig, den Absprung zu schaffen. Nicht, dass die Kinder irgendwann Opa zu mir sagen.
Kaiser: In Unterfranken gibt es in Großbardorf, Hammelburg, Sand, Großheubach, Schwarzach und Erlabrunn Stützpunkte des DFB, in ganz Deutschland sind es 366. Dazu kommen mit Aschaffenburg und Schweinfurt zwei Nachwuchsleistungszentren des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV). Bei uns in Erlabrunn sichten wir die Spieler aus dem Fußball-Kreis Würzburg. Weil der TV 73 Würzburg gut ausbildet und die Würzburger Kickers kein NLZ mehr haben, haben wir aktuell sehr gute Spieler bei uns am Stützpunkt. Wir sichten dieses Jahr den Jahrgang 2013, also die Zehn- oder Elfjährigen. Am Anfang gibt es einen großen Sichtungstag, zu dem bis zu 80 Kinder kommen. Davon nehmen wir circa 20, müssen aber etwa die Hälfte wieder aussortieren.
Kaiser: Immer am Montagabend kommen aktuell die Jahrgänge 2012 und 2011, sowie 2010 und 2009 für eineinhalb Stunden Training nach Erlabrunn. Im besten Fall bleiben die Kinder vier Jahre bei uns und haben im Anschluss das Niveau, in einem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) zu spielen. Die besseren müssen dann in der Regionalauswahl spielen, um weiter gefördert zu werden, und dann kommen die größeren Vereine in den meisten Fällen sowieso. Spieler wie Lennart Karl aus Frammersbach, der jetzt in der U17-Nationalmannschaft spielt, landen gar nicht bei uns am Stützpunkt, weil sie direkt bei einem großen Verein spielen.
Kaiser: Richtig. Der Großteil unserer Spieler landet in der Landes- oder Bezirksliga. Natürlich gibt es Spätstarter, aber das ist die Seltenheit. Mein Kollege Roland König, der den Job schon seit 17 Jahren macht, hatte noch nie einen Spieler, der Profi wurde.
Kaiser: Die Stützpunkte sind die unterste Förderebene. Wir wollen dort den besseren jungen Spielern die Wege ebnen in den ambitionierteren Amateurfußball. Es geht für uns nicht darum, Profis auszubilden. Eins aus 1000 Kindern wird Profi. Da kann man sich die Wahrscheinlichkeit ja ausrechnen.
Kaiser: Ich bin im 33. Berufsjahr bei der Deutschen Bahn und habe mich da hochgearbeitet. In Frankfurt bin ich im Ausbildungsbereich tätig. Über die Bahn wird immer viel gemeckert, aber ich glaube, wir kriegen das hin. Es tut sich gerade viel bei der Bahn.
Kaiser: Ja, ich bin aber mittlerweile geschieden. Meine Ex-Frau und ich haben zwei erwachsene Töchter im Alter von 26 und 29 Jahren.
Kaiser: Ich spiele den Pass weiter zu Roland König. Wir kennen uns vom Stützpunkt. Er ist dort Trainer und ein sehr interessanter Gesprächspartner.
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