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Steilpass
Abenteuer eines Junioren-Weltmeisters: Als junge Frauen Pero Skoric fast die Kleidung vom Leib rissen
Für Jugoslawien trug er das Nationaltrikot, in Deutschland blieb ihm die große Karriere verwehrt: Der WM-Titel verhalf dem Fußballer nicht zum Durchbruch.
Pero Skoric bleibt noch bis Saisonende Trainer des TSV Forst in der Bezriksliga Ost.
Foto: Anand Anders | Pero Skoric bleibt noch bis Saisonende Trainer des TSV Forst in der Bezriksliga Ost.
Michael Kämmerer
 |  aktualisiert: 25.03.2024 02:47 Uhr

Pero Skorics Mitspieler in der Jugendnationalmannschaft wurden zu Fußball-Weltstars bei Real Madrid und beim FC Barcelona. Das Ziel des Abwehrspielers war zumindest die Bundesliga. Doch daraus wurde nichts. Über 18 Einsätze in der zweiten Liga für den FC 05 Schweinfurt kam der gebürtige Serbe nicht hinaus.

Heute lebt der 54-Jährige in Niederwerrn, wo eine Goldmedaille in seinem Haus hängt. Im Interview erzählt Skoric, der noch bis Saisonende den TSV Forst in der Bezirksliga Ost trainiert, warum seine Karriere anders als gedacht verlief, weshalb er nach dem Gewinn der Junioren-Weltmeisterschaft 1987 einen lukrativen Vertrag ablehnte und welche Abenteuer er mit jungen Frauen in Chile erlebte.

Wer hat Sie angespielt?

Pero Skoric: Der Trainer der DJK Dampfach, Oliver Kröner. Wir waren beim SC Weismain und FC 05 Schweinfurt Teamkollegen. Als ich den SV Euerbach/Kützberg trainiert habe, wurde er mein Spieler. Der Umgang mit ihm war einfach, weil ich ihm mit seiner Erfahrung aus der Bundesliga und Regionalliga nichts beibringen musste. Ich freue mich immer, wenn wir Freundschaftsspiele vereinbaren oder uns in Schweinfurt im Stadion begegnen.

Wie war Ihr Laufweg?

Skoric: Als Spieler stand ich bei vielen Vereinen unter Vertrag, weil es immer wieder interessante Angebote gab, zunächst in meiner Heimat Jugoslawien, wo ich mit 17 Jahren Profi wurde. Mit Anfang 20 hatte ich schon viele Spiele in der ersten Liga bestritten, bevor ich nach Deutschland kam und zum SC 08 Bamberg gewechselt bin. Karlsruher SC, SpVgg Bayreuth, SC Weismain, FC 05 Schweinfurt, TSV Gerbrunn, ATS Kulmbach, FC Haßfurt und SV Euerbach/Kützberg waren weitere Stationen. In Euerbach hatte ich meine erfolgreichste Zeit als Trainer, als wir von der Kreisliga bis in die Landesliga aufgestiegen sind. Danach war ich Trainer des SV Sömmersdorf/Obbach/Geldersheim. Im Sommer endet meine Zeit beim TSV Forst. Für den SV Darmstadt 98 habe ich übrigens nie gespielt, obwohl das auf mehreren Internetseiten steht. Dort war ich nur mal im Gespräch.

Beim VfL Euerbach hatte Pero Skoric (rechts) seine erfolgreichste Zeit als Trainer.
Foto: Oliver Schikora | Beim VfL Euerbach hatte Pero Skoric (rechts) seine erfolgreichste Zeit als Trainer.
Sind Sie sicher, dass Sie nichts vergessen haben?

Skoric: Ich habe auch mehrere Jahre für Jugoslawien in der Jugendnationalmannschaft gespielt. Höhepunkt war der Gewinn der U-20-Weltmeisterschaft 1987 in Chile. Im Finale haben wir vor 65.000 Zuschauerinnen und Zuschauern die Bundesrepublik Deutschland besiegt. Meine Mitspieler waren die späteren Weltstars Davor Suker, Predrag Mijatovic, Zvonimir Boban und Robert Prosinecki. Wie es der Zufall wollte, habe ich vor dem Anpfiff mit dem Schweinfurter Martin Schneider den Wimpel getauscht. 14 Jahre später beim FC 05 ist uns das aufgefallen, weil wir die alte Videoaufzeichnung angeschaut haben. Bis dahin wussten wir nicht mal, dass wir damals Gegenspieler waren. Seitdem sind wir Freunde.

Der WM-Titel war für einige Teamkollegen das Sprungbrett für große Karrieren bei Real Madrid, beim FC Barcelona oder AC Mailand. Was ist bei Ihnen dazwischengekommen?

Skoric: Ich hatte in meiner Laufbahn einfach kein Glück. Das fing schon an, als ich zu Beginn der neunziger Jahre nach Deutschland kam. Ich war mir mit dem 1. FC Nürnberg einig, als Trainer Willi Entenmann erfuhr, dass ich aus Jugoslawien komme. Er wollte keinen Jugoslawen mehr in der Mannschaft haben, nachdem Vlado Kasalo zwei Eigentore erzielt hatte, die ihn in den Verdacht der Spielmanipulation brachten. Als zur gleichen Zeit in Jugoslawien der Krieg ausbrach, wollte ich in Deutschland bleiben, um nicht zum Militär eingezogen zu werden. Bamberg als Bayernligist war dann meine einzige Alternative zur Bundesliga.

"Ich hatte in meiner Laufbahn einfach kein Glück."
Pero Skoric
In die Sie mit dem Wechsel zum Karlsruher SC trotzdem gekommen sind.

Skoric: In diesem einen Jahr saß ich allerdings nur auf der Bank oder auf der Tribüne. Ich habe keine Minute gespielt. Nach der damaligen Ausländerregelung waren nur fünf Ausländer im Aufgebot und drei auf dem Spielfeld erlaubt. Das war mein Pech. Am Rande eines Europapokalspiels gab es Kontakt zum FC Valencia, der Interesse an einer Verpflichtung hatte. Doch ich habe es versäumt, mich später erneut bei den Spaniern zu melden. Als der KSC den Vertrag verlängern wollte, hat sich mein Manager verpokert und mir Hoffnungen auf einen neuen Klub gemacht, doch den gab es nicht. Plötzlich stand ich ohne Verein da.

Und dann?

Skoric: Ich habe mich erst mal von meinem Berater getrennt und es auf eigene Faust versucht. In dieser Zeit wollte mich ein portugiesischer Erstligist kontaktieren, aber es gab noch keine Handys. Ich war für einige Tage zu Besuch bei meinem Onkel in Frankfurt. Als ich wieder erreichbar war, war die Transferfrist abgelaufen. Ich bin dann wieder in die Bayernliga gewechselt, zur SpVgg Bayreuth. Ich stand mit einem Bein bei den Profis, nur der nächste Schritt ist mir nicht gelungen, um in der ersten Liga Fuß zu fassen. Das war mein Schicksal.

Pero Skoric (rechts) im Juli 1998 im Spiel des FC 05 Schweinfurt gegen den FC Nürnberg mit Michael Wiesinger (links).
Foto: Wetterich | Pero Skoric (rechts) im Juli 1998 im Spiel des FC 05 Schweinfurt gegen den FC Nürnberg mit Michael Wiesinger (links).
Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?

Skoric: Dazu fällt mir eine Anekdote von der Junioren-WM 1987 ein. Nach dem Titelgewinn kam der Präsident des bekanntesten chilenischen Vereins in unser Hotel und legte jedem Spieler einen Dreijahresvertrag mit einem Gesamtgehalt von mehr als einer Million Dollar vor. Alle haben abgelehnt, weil wir dachten, als Weltmeister könnten wir uns in Europa aussuchen, wo wir spielen wollen. Leider habe ich mich getäuscht. Wäre ich nur in Chile geblieben.

Das wäre ein gut bezahltes Abenteuer geworden.

Skoric: Mit Sicherheit. Zumal die jungen Frauen in Santiago verrückt nach uns waren. Wir konnten das Mannschaftshotel nur über einen Hintereingang verlassen, da wir von Tausend kreischenden Mädchen belagert wurden. Die Polizei hat uns den Weg zum Training freigehalten. Wir mussten zum Bus rennen, weil uns die Frauen sonst die Kleidung vom Leib gerissen hätten. Ich dachte immer, das gab es nur bei den Beatles.

Erzählen sich die Weggefährten von einst heute noch diese Geschichten?

Skoric: 2017 hatten wir 30 Jahre nach dem Triumph ein Wiedersehen in Belgrad, wo wir uns noch einmal an die Zeit erinnert haben. Ansonsten hat sich die Mannschaft in alle Richtungen verstreut. Der Kontakt ist abgebrochen – anders als bei der Schweinfurter Aufstiegsmannschaft von 2001. Wir haben eine Whatsapp-Gruppe und treffen uns einmal im Jahr in Grafenrheinfeld beim Italiener, wo wir damals immer vor den Heimspielen gegessen haben, bevor wir ins Stadion gefahren sind.

Im Internet gibt es signierte Autogrammkarten von Ihnen aus der Zeit beim Karlsruher SC für 99 Cent. Ist das ein angemessener Preis? Oder fühlen Sie sich unter Wert verkauft?

Skoric: Dass meine Unterschrift nach so langer Zeit noch gehandelt wird, ehrt mich genug. Da ist der Preis egal. Ich habe davon noch zwei volle Kartons zu Hause. Wer eine Autogrammkarte haben möchte, bekommt sie von mir umsonst.

Was machen Sie in der nächsten Saison?

Skoric: Ich habe Anfragen von Vereinen aus der Bezirksliga und Landesliga. Vielleicht lege ich auch eine Pause ein, aber nicht wieder dreieinhalb Jahre wie beim letzten Mal. Mehr als eine Saison ohne Fußball halte ich nicht aus, auch wenn ich dann mehr Zeit für meine Frau habe. Und den Angelschein könnte ich auch machen.

"Mehr als eine Saison ohne Fußball halte ich nicht aus, auch wenn ich dann mehr Zeit für meine Frau habe."
Pero Skoric
Was macht die Karriere neben der Karriere?

Skoric: Bis zum Alter von 37 Jahren habe ich nur Fußball gespielt, die meiste Zeit in der dritten und vierten Liga. Damit hatte ich finanziell nicht ausgesorgt. Der FC 05 hat mir daraufhin einen Job vermittelt, mit dem ich sehr zufrieden bin. Ich arbeite in Schweinfurt bei ZF in der Produktion.

Wen spielen Sie an?

Skoric: Ich gebe ab zu meinem früheren Euerbacher Spieler Daniel May, der heute selbst Trainer ist, aktuell beim SC Diebach. Im Amateurbereich habe ich selten so einen professionellen Akteur gesehen, der zu jedem Training kommt, extrem zuverlässig und ehrgeizig ist und die Mannschaft mitreißt. Das imponiert mir, weil ich als Spieler genauso war.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
cam
 
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