Wird Jan Reichert irgendwann die Nummer 1 im Tor des 1. FC Nürnberg? Der 21-Jährige aus dem Dittelbrunner Ortsteil Holzhausen hat bei den Profis des Zweitligisten noch kein Spiel bestritten, aber seinen Vertrag kürzlich um vier Jahre verlängert, wie seine Berateragentur bekannt gab. Im Interview erzählt Reichert, wie er seine Chancen auf einen Stammplatz einschätzt, warum er in seiner Freizeit studiert und wie es bei ihm ums Einkaufen und Wäsche waschen steht.
Jan Reichert: Mein erster Förderer, der eine große Rolle für meine Karriere gespielt hat: Norbert Kleider war mein Torwarttrainer in Schweinfurt. Als ich in der Jugend des FC 05 war, hat er mich bereits bei den Profis einbezogen. Zum ersten Mal bekam ich ein kontinuierliches und strukturiertes Torwarttraining. In den zwei Jahren hat Nobby mir viel mitgegeben.
Reichert: Mein erster Jugendverein war der TSV Pfändhausen, bevor ich zur SpVgg Hambach gewechselt bin. Torwart wurde ich ab der U 13, als ich zur FT Schweinfurt kam. Es folgten vier Jahre beim FC 05 von der U 17 bis zur ersten Mannschaft. Seit 2021 bin ich beim 1. FC Nürnberg. Nach der ersten Saison als Stammtorwart der U 23 habe ich einen Profivertrag erhalten. Als Nummer 3 trainiere ich mit dem Zweitliga-Kader und stehe weiterhin bei den Regionalliga-Spielen im Tor. Ich habe hier bislang zwei intensive Jahre erlebt, in denen sich für mich sportlich und persönlich viel getan hat.
Reichert: Ich hatte die Hoffnung nie aufgegeben und habe täglich alles dafür getan. Mit meinem ersten Vertrag in Schweinfurt hatte ich mir das Ziel gesetzt, das Bestmögliche zu erreichen. In einem Testspiel gegen die Nürnberger U 23 konnte ich mich auszeichnen. Umso schöner war es, als sich der Club kurz darauf gemeldet hat. Ich habe den Wechsel nicht bereut. Die Entwicklungsmöglichkeiten hier sind top. Gewisse Dinge wie die Videoanalyse im Torwarttraining kannte ich zuvor nicht.
Reichert: Sportlich habe ich mich schnell eingefügt. Die Mitspieler haben es mir leicht gemacht. Die größte Veränderung lag darin, sich an das höhere Spieltempo und die technischen Anforderungen anzupassen. Durch den Umzug bin ich das erste Mal von zu Hause weg. Das war die beste Entscheidung, um selbstständig zu werden. An manches musste ich mich erst gewöhnen: selbst kochen, einkaufen, Wäsche waschen. Bei der Wohnungssuche und den Behördenterminen hat mich der Verein unterstützt.
Reichert: Ich habe mir in der zweiten Mannschaft viel Spielzeit ausgerechnet, die man als junger Spieler für seine Entwicklung benötigt. Bei den Profis wollte ich jeden Tag im Training Gas geben. Natürlich hofft man, auch mal in den Spieltagskader zu rutschen. Ich bin ein bodenständiger Typ und weiß, woran ich noch zu arbeiten habe.
Reichert: Ich hatte die Hoffnung und wäre bereit gewesen. Dass der Verein aufgrund der nicht einfachen sportlichen Situation im Winter eine Neuverpflichtung getätigt hat, war für mich keine Enttäuschung. Ich gehe meine Karriere mit der nötigen Ruhe und Geduld an und arbeite daran, dass meine Zeit irgendwann kommt.
Reichert: Ich bin allen Verantwortlichen für das Vertrauen und die Wertschätzung dankbar. Der nächste logische Schritt ist, zur Nummer 2 aufzusteigen, wenn meine Leistung passt. Über die Vertragslaufzeit hinaus würde ich gerne die Nummer 1 werden. Ich bin mir bewusst, dass der große Durchbruch noch nicht geschafft ist und die Karriere schnell wieder vorbei sein kann. Es liegt an mir, das Beste aus meinen Möglichkeiten zu machen.
Reichert: Ich erhalte bei meiner Agentur ein Rundumpaket. Es geht nicht nur um die Fußballkarriere und insbesondere um Vertragsgespräche, sondern auch um private Angelegenheiten, wenn es nötig ist. Als junger Spieler hat man noch nicht das Wissen und die Erfahrung im Profigeschäft. Daher ist mein Berater eine große Unterstützung.
Reichert: Natürlich gibt mir das ein gutes Gefühl. Viel wichtiger als Klicks und Kommentare im Internet ist mir aber, was meine Trainer von meinen Leistungen halten. Wenn ich im Spiel eine gute Szene habe, treibt mich das enorm an. Ich bin einer, der Emotionen zeigt, um mich und meine Mitspieler zu motivieren.
Reichert: Als Profi liegt mein Fokus auf dem Fußball. Nebenbei in der Freizeit absolviere ich im fünften Semester ein Fernstudium in Sportmanagement, das ich erfolgreich zu Ende bringen will, um ein zweites Standbein zu haben. Nach dem Abitur 2019 am Schweinfurter Rathenau-Gymnasium haben meine Eltern mir ein Jahr Zeit gegeben, um mich im Fußball zu orientieren. Währenddessen habe ich ausschließlich beim FC 05 gespielt.
Reichert: Lukas Wenzel, den Torhüter des TSV Aubstadt. Er wurde auch beim Club ausgebildet, jedoch einige Jahre vor mir. Wir haben ein gutes, kollegiales Verhältnis und tauschen uns bei den Spielen aus, wenn wir mit unseren Mannschaften in der Regionalliga aufeinandertreffen.
Das Interview-Format "Steilpass"
Hier finden Sie weitere Steilpass-Interviews
- Norbert Kleider: Bei den Torhütern des FC 05 Schweinfurt setzt er auf Harmonie und verzichtet nach Fehlgriffen auf Schuldzuweisungen
- Daniel Tomitza: Fußball-Tausendsassa Daniel Tomitza über seinen schweren Unfall: "Zum Glück sitze ich nicht im Rollstuhl"
- Steffen Stockmann: Mit dem FC 05 Schweinfurt hat Steffen Stockmann längst abgeschlossen, klare Worte zum Ex-Verein findet er trotzdem
- Sebastian Knüttel: Warum Torjäger Sebastian Knüttel mal für Deutschland traf und fast beim FC Bayern München gelandet wäre
- Benjamin Brand: Nach langer Zwangspause als Schiedsrichter zurück in der Fußball-Bundesliga
- Jürgen Pfau: BFV-Vizepräsident will das Geld der Fußball-Profis gerechter verteilen