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Steilpass
Wird der Schweinfurter Jan Reichert die Nummer 1 beim 1. FC Nürnberg?
Der Fußball-Zweitligist sagt dem 21-jährigen Torhüter eine große Zukunft voraus. Sein Wechsel ins Nachwuchsleistungszentrum kam spät, der Profivertrag umso schneller.
Jan Reichert (rechts), der Torwart des 1. FC Nürnberg II, hat zugepackt. Saliou Sane (Würzburger Kickers) kommt zu spät. 
Foto: foto2press, Frank Scheuring | Jan Reichert (rechts), der Torwart des 1. FC Nürnberg II, hat zugepackt. Saliou Sane (Würzburger Kickers) kommt zu spät. 
Michael Kämmerer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:23 Uhr

Wird Jan Reichert irgendwann die Nummer 1 im Tor des 1. FC Nürnberg? Der 21-Jährige aus dem Dittelbrunner Ortsteil Holzhausen hat bei den Profis des Zweitligisten noch kein Spiel bestritten, aber seinen Vertrag kürzlich um vier Jahre verlängert, wie seine Berateragentur bekannt gab. Im Interview erzählt Reichert, wie er seine Chancen auf einen Stammplatz einschätzt, warum er in seiner Freizeit studiert und wie es bei ihm ums Einkaufen und Wäsche waschen steht.

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Jan Reichert: Mein erster Förderer, der eine große Rolle für meine Karriere gespielt hat: Norbert Kleider war mein Torwarttrainer in Schweinfurt. Als ich in der Jugend des FC 05 war, hat er mich bereits bei den Profis einbezogen. Zum ersten Mal bekam ich ein kontinuierliches und strukturiertes Torwarttraining. In den zwei Jahren hat Nobby mir viel mitgegeben.

Wie war Ihr Laufweg?

Reichert: Mein erster Jugendverein war der TSV Pfändhausen, bevor ich zur SpVgg Hambach gewechselt bin. Torwart wurde ich ab der U 13, als ich zur FT Schweinfurt kam. Es folgten vier Jahre beim FC 05 von der U 17 bis zur ersten Mannschaft. Seit 2021 bin ich beim 1. FC Nürnberg. Nach der ersten Saison als Stammtorwart der U 23 habe ich einen Profivertrag erhalten. Als Nummer 3 trainiere ich mit dem Zweitliga-Kader und stehe weiterhin bei den Regionalliga-Spielen im Tor. Ich habe hier bislang zwei intensive Jahre erlebt, in denen sich für mich sportlich und persönlich viel getan hat.

Viele Talente wechseln mit 14, 15 Jahren in ein Bundesliga-Nachwuchsleistungszentrum. Sie haben den Sprung erst mit 20 geschafft. Haben Sie damit noch gerechnet?

Reichert: Ich hatte die Hoffnung nie aufgegeben und habe täglich alles dafür getan. Mit meinem ersten Vertrag in Schweinfurt hatte ich mir das Ziel gesetzt, das Bestmögliche zu erreichen. In einem Testspiel gegen die Nürnberger U 23 konnte ich mich auszeichnen. Umso schöner war es, als sich der Club kurz darauf gemeldet hat. Ich habe den Wechsel nicht bereut. Die Entwicklungsmöglichkeiten hier sind top. Gewisse Dinge wie die Videoanalyse im Torwarttraining kannte ich zuvor nicht.

Wie ist die Umstellung von Schweinfurt nach Nürnberg gelungen?

Reichert: Sportlich habe ich mich schnell eingefügt. Die Mitspieler haben es mir leicht gemacht. Die größte Veränderung lag darin, sich an das höhere Spieltempo und die technischen Anforderungen anzupassen. Durch den Umzug bin ich das erste Mal von zu Hause weg. Das war die beste Entscheidung, um selbstständig zu werden. An manches musste ich mich erst gewöhnen: selbst kochen, einkaufen, Wäsche waschen. Bei der Wohnungssuche und den Behördenterminen hat mich der Verein unterstützt.

Mit welchen Erwartungen sind Sie vergangenen Sommer in Ihre erste Profisaison beim Club gegangen?

Reichert: Ich habe mir in der zweiten Mannschaft viel Spielzeit ausgerechnet, die man als junger Spieler für seine Entwicklung benötigt. Bei den Profis wollte ich jeden Tag im Training Gas geben. Natürlich hofft man, auch mal in den Spieltagskader zu rutschen. Ich bin ein bodenständiger Typ und weiß, woran ich noch zu arbeiten habe.

Als Ersatztorwart müssen Sie darauf spekulieren, dass der Konkurrent ausfällt oder Fehler macht. Kurz vor der Winterpause hat sich Christian Mathenia für längere Zeit verletzt. Das wäre Ihre Chance gewesen, um in der 2. Bundesliga zumindest auf der Bank zu sitzen. Stattdessen holte der Verein mit Peter Vindahl eine neue Nummer 1.

Reichert: Ich hatte die Hoffnung und wäre bereit gewesen. Dass der Verein aufgrund der nicht einfachen sportlichen Situation im Winter eine Neuverpflichtung getätigt hat, war für mich keine Enttäuschung. Ich gehe meine Karriere mit der nötigen Ruhe und Geduld an und arbeite daran, dass meine Zeit irgendwann kommt.

Der FCN hält große Stücke auf Sie. Ihr Vertrag wurde vor Kurzem langfristig verlängert. Sportdirektor Olaf Rebbe sagt, Sie hätten eine "große Zukunft beim Club".

Reichert: Ich bin allen Verantwortlichen für das Vertrauen und die Wertschätzung dankbar. Der nächste logische Schritt ist, zur Nummer 2 aufzusteigen, wenn meine Leistung passt. Über die Vertragslaufzeit hinaus würde ich gerne die Nummer 1 werden. Ich bin mir bewusst, dass der große Durchbruch noch nicht geschafft ist und die Karriere schnell wieder vorbei sein kann. Es liegt an mir, das Beste aus meinen Möglichkeiten zu machen.

Welche Bedeutung hat für Sie dabei Ihr Spielerberater?

Reichert: Ich erhalte bei meiner Agentur ein Rundumpaket. Es geht nicht nur um die Fußballkarriere und insbesondere um Vertragsgespräche, sondern auch um private Angelegenheiten, wenn es nötig ist. Als junger Spieler hat man noch nicht das Wissen und die Erfahrung im Profigeschäft. Daher ist mein Berater eine große Unterstützung.

Vor der Winterpause haben Sie gegen den TSV Aubstadt einen Kopfball aus fünf Metern spektakulär abgewehrt. Der Bayerische Fußball-Verband wählte die Aktion unter die zehn besten Paraden der Regionalliga-Hinrunde. Das Video machte in den sozialen Medien die Runde.

Reichert: Natürlich gibt mir das ein gutes Gefühl. Viel wichtiger als Klicks und Kommentare im Internet ist mir aber, was meine Trainer von meinen Leistungen halten. Wenn ich im Spiel eine gute Szene habe, treibt mich das enorm an. Ich bin einer, der Emotionen zeigt, um mich und meine Mitspieler zu motivieren.

Was macht die Karriere neben der Karriere?

Reichert: Als Profi liegt mein Fokus auf dem Fußball. Nebenbei in der Freizeit absolviere ich im fünften Semester ein Fernstudium in Sportmanagement, das ich erfolgreich zu Ende bringen will, um ein zweites Standbein zu haben. Nach dem Abitur 2019 am Schweinfurter Rathenau-Gymnasium haben meine Eltern mir ein Jahr Zeit gegeben, um mich im Fußball zu orientieren. Währenddessen habe ich ausschließlich beim FC 05 gespielt.

Wen spielen Sie an?

Reichert: Lukas Wenzel, den Torhüter des TSV Aubstadt. Er wurde auch beim Club ausgebildet, jedoch einige Jahre vor mir. Wir haben ein gutes, kollegiales Verhältnis und tauschen uns bei den Spielen aus, wenn wir mit unseren Mannschaften in der Regionalliga aufeinandertreffen.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
Quelle: cam

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