An diesem Freitag wird Thomas Bach 70 Jahre alt. Am 29. Dezember 1953 wurde er in Würzburg geboren, aufgewachsen ist er in Tauberbischofsheim. Der frühere Fechter und seit zehn Jahren mächtigste Funktionär im Weltsport möchte seinen runden Geburtstag mit seiner Frau und seiner 97-jährigen Schwiegermutter feiern. Dazu wird es einen Empfang der Stadt Tauberbischofsheim geben, dessen Ehrenbürger Bach ist. Eine große Feier, so Bach gegenüber der "Welt", passe nicht in diese Zeit mit ihren Kriegen und Krisen. Die Kritik hierzulande an seinem Führungsstil und seiner Nähe zu Autokraten lässt Bach kalt: "Ich habe festgestellt, wenn man das eine oder andere nicht liest aus Deutschland, dreht sich die Welt dennoch weiter", so der IOC-Präsident gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Ob er damit auch diese dreiteilige Serie über sein Leben meint, die sich vor allem im dritten Teil kritisch mit seinen Entscheidungen und seiner Führung auseinandersetzt? Erstmals veröffentlicht wurde das Porträt mit vielen Stimmen einstiger sportlicher und sportpolitischer Weggefährten im September anlässlich Bachs zehnjähriger IOC-Präsidentschaft:
Teil 1: Aus Tauberbischofsheim zum Olympiasieg
Die Hauptstraße durchzieht die Altstadt von Tauberbischofsheim wie eine Aorta. Alles hier wirkt wie eine Modelleisenbahnidylle. Das Fachwerk. Der Marktplatz. Das Schloss. Und eben diese aderartige Fußgängerzone, an deren Beginn Himmelherrgott steht – und an deren Ende irgendwie auch. Himmelherrgott heißt hier ein kleines Café. Und ein Himmelherrgott des Sports, ist das nicht auch Thomas Bach?
Dort, wo die Hauptstraße in Tauberbischofsheim an ihrem Ende in den Sonnenplatz mündet, steht das Haus, in dem Bach als Kind aufgewachsen ist. Ein Schild an der Fassade erinnert daran, dass der mächtigste Mensch des Weltsports 24 Jahre lang hier gelebt hat: Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Schon damals also hatte er einen Platz an der Sonne.
Mit Thomas Bach, Matthias Behr und Emil Beck wird der FC Tauberbischofsheim der erfolgreichste Fecht-Club der Welt
Wer wüsste das besser als Matthias Behr? Behr und Thomas Bach lernen sich als Kinder kennen im Fechtclub Tauberbischofsheim zu einer Zeit, als noch im alten Heizungskeller unter der Stadthalle gefochten wurde und der Goldglanz Olympischer Spiele nichts weiter war als die kühne Vision eines Mannes, den sie später wegen seiner Statur den Napoleon vom Taubertal nennen würden: Emil Beck.
Der gelernte Frisör Beck wird 1951 im Kino inspiriert von einem Wochenschau-Bericht übers Sportfechten. Der Rest ist Legende. 38 Medaillen gewinnen Sportler aus Tauberbischofsheim bei Olympischen Spielen und Paralympics, 241 bei Welt- und Europameisterschaften.
Der FC Tauberbischofsheim ist der erfolgreichste Fechtclub der Welt, und als Anja Fichtel, Sabine Bau und Zita Funkenhauser 1988 von Olympia in Seoul im Florett-Einzel mit Gold, Silber und Bronze an die Tauber zurückkehren, werden sie von über 30.000 Menschen erwartet.
Unter dem Regiment von Emil Beck trainieren Ende der 60er Jahre auch die jungen Thomas Bach und Matthias Behr. Bachs Eltern haben am Sonnenplatz ein Bekleidungsgeschäft. Heute beherbergt das Haus ein Reisebüro.
Die Stadthalle mit dem Trainingskeller und das Matthias-Grünewald-Gymnasium, wo Bach Abitur macht, sind fußläufig zu erreichen. Matthias Behr erinnert sich: "Auch er verlor wie ich schon als Kind den Vater. Vielleicht war deshalb Emil Beck wie ein Ersatzvater für uns."
Bei den Fechtern aus Tauberbischofsheim galt immer: "Alle für einen, einer für alle"
Bald stellt sich sportlicher Erfolg ein. Matthias Behr hat alles präsent, die Erfolge, die Niederlagen, den Schmerz und die Freude – er kann alles detailgetreu abrufen wie von einer Festplatte. "Was uns verbindet, sind die Olympischen Spiele 1972 in München", sagt Behr. "Wir waren beide qualifiziert, aber wurden vom Deutschen Fechterbund nicht nominiert. Das tat weh."
Die Missachtung ist Ansporn. Noch einmal sollte keiner an ihnen vorbeikommen. Ein Jahr später sind Behr und Bach als Florett-Team schon Vizeweltmeister. "Völlig überraschend", sagt Matthias Behr. "Die jungen Wilden, ja, das waren wir." So kämpfen sie sich zu den Olympischen Spielen 1976 in Montreal.
"Thomas war ein absoluter Stratege", sagt Behr, "und extrem ehrgeizig". Sie reisen als Außenseiter nach Kanada. "Doch wir haben das Musketier-Motto ‚Alle für einen, einer für alle‘ wirklich praktiziert." Allen Widrigkeiten zum Trotz holt das Quartett aus Tauberbischofsheim die Goldmedaille gegen die favorisierten Italiener.
Thomas Bach, zum ersten Mal ist er da auf dem Olymp.
Bei der WM in Buenos Aires bestätigen die Fechter um Thomas Bach ihren Erfolg eindrucksvoll
Ihren vielleicht größten sportlichen Erfolg aber feiern Matthias Behr und Thomas Bach gemeinsam ein Jahr später. Bei der WM in Buenos Aires liegen die Deutschen im Finale gegen Italien bereits aussichtslos mit 1:7 zurück. Mit einer beispiellosen Aufholjagd erreichen Behr, Bach & Co. noch ein 8:8 und gewinnen aufgrund der besseren Trefferbilanz den Titel.
Damals geht nicht das Foto von der Siegerehrung um die Welt, sondern das Bild von Bach, Beck und Behr mit Pudelmütze und eingehüllt in Decken in der eiskalten Halle. Drei Männer in Frottee. Die Tauberbischofsheimer Klingenkünstler haben bewiesen, dass ihr Olympia-Gold kein Zufall war. "Den Erfolg zu bestätigen hatte für uns eine sehr große Bedeutung", sagt Matthias Behr.
Der Fechtsport ist heute in Tauberbischofsheim nicht mehr so präsent
Wer heute in Tauberbischofsheim Spuren der großen Erfolge sucht, braucht gute Augen. Im Foyer des Rathauses steht eine Fechterfigur, mit der sich Touristen gerne fotografieren lassen. Im Treppenhaus gibt es eine Vitrine. Darin: Schwarz-Weiß-Fotos vergangener Triumphe, eine Porzellanfigur von Emil Beck und Matthias Behrs Goldmedaille aus Montreal.
Vor dem Dienstzimmer von Bürgermeisterin Annette Schmidt hängen hinter Glas ein Foto und die Amtskette, die Thomas Bach 1991 bei seiner Aufnahme in das Internationale Olympische Komitee erhalten hat. Tauberbischofsheim protzt nicht gerade mit der ruhmreichen Vergangenheit.
Dabei ist der Fechtsport ein Synonym für die Kleinstadt. Längst müsste das Florett das siebenspeichige Wagenrad aus dem Stadtwappen ersetzen. "Immer wenn ich sage, dass ich aus Tauberbischofsheim komme", sagt Bürgermeisterin Schmidt, "kommt als erste Reaktion: 'Aha, Fechten!'"
Thomas Bach ist einer von zwei lebenden Ehrenbürgern in Tauberbischofsheim
Die 57-Jährige ist seit vier Jahren im Amt, aber mit Bach verbindet sie mehr als der Glaskasten vor ihrem Büro. "Bach ist ein Bischemer geblieben", sagt sie, "er ist einer von uns." Die Tauberbischofsheimer seien stolz auf "ihren Thomas". Bach ist einer von zwei lebenden Ehrenbürgern der Kreisstadt an der Tauber.
Erst jüngst habe der IOC-Präsident die Bürgerstiftung der Stadt wieder mit "einer großzügigen Spende" für den Bau eines Spielplatzes bedacht. Und die Ruhebank am Sonnenplatz, auch die hat Thomas Bach gestiftet.
Regelmäßig ist Bach zu Gast in seiner Heimatstadt, wo er noch ein Büro unterhält. "Wann immer ich nach Tauberbischofsheim komme, versuche ich zu unserer Skatrunde zu gehen", sagt er auf Anfrage, "leider habe ich oft zu wenig Zeit dafür".
Natürlich hat Annette Schmidt auch die Kritik registriert, die es gibt an Bach und seinem Führungsstil des IOC – gerade auch in der aktuellen Frage, ob russische Sportlerinnen und Sportler an den Olympischen Spielen 2024 in Paris teilnehmen sollen. Bach öffnet Russland wieder die Tür.
Schmidt bleibt diplomatisch: "Es ist leicht, ein Urteil zu fällen, wenn man selbst die Entscheidung nicht treffen muss", sagt sie. Bach habe als Olympiasieger und mit seiner außerordentlichen Karriere als Sportfunktionär einen erheblichen Anteil am guten Ruf, den die Stadt weltweit genießt. "Obwohl wir nur 13.500 Einwohner haben, werden wir als viel größere Stadt wahrgenommen", sagt die Bürgermeisterin, "und das hat nur mit dem Fechten zu tun."
Um die Jahrtausendwende ging es bergab mit dem Fechten in Tauberbischofsheim
Vom Dach des Fechtzentrums in der Pestalozziallee in Tauberbischofsheim ragt die überdimensionierte Klinge einer Fechtwaffe in den Himmel, so als wolle sie die Wolken kitzeln. Die Emil-Beck-Halle war einmal die Kathedrale des Fechtsports. Doch die glorreichen Zeiten sind lange her: Die letzten olympischen Goldfechter aus Tauberbischofsheim waren Elmar Borrmann (Degen-Einzel) und das Florett-Team um Thorsten Weidner und Uli Schreck 1992 in Barcelona.
Um die Jahrtausendwende ging es bergab. Wegen des Verdachts des Betrugs und der Urkundenfälschung hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Emil Beck eingeleitet.
Mit Matthias Behr, damals Internatsleiter am Fechtzentrum, war es zum Zerwürfnis gekommen, weil der Zampano seinem Ziehsohn vorwarf, die Familie dem Beruf voranzustellen. Behr ist seit 1993 mit der zweimaligen Olympiasiegerin Zita Funkenhauser verheiratet. Ihre heutige Zahnarztpraxis liegt nur einen Steinwurf vom Sonnenplatz entfernt.
Zur Gerichtsverhandlung kam es nicht: Emil Beck starb im März 2006 überraschend mit 70 Jahren in seiner Wohnung.
Den Weg von Thomas Bach an die IOC-Spitze haben viele in Tauberbischofsheim aufmerksam verfolgt
Über 30 Jahre hält das Warten auf die Rückkehr goldener Momente indes schon an an der Tauber. Und so hat die "Wall of Fame" im Fechtzentrum genauso Patina angesetzt wie der Schaukasten nebenan, in dem die Jacke des Olympiaanzugs von Thomas Bach ausgestellt ist.
"Der Thomas wollte immer die Nummer eins sein", sagt Matthias Behr, "nie Durchschnitt. Trotzdem war er ein Teamplayer. Vielleicht hatte er das vom Fußball. Er war in der Jugend auch ein guter Fußballspieler." Behr sagt von sich, dass er selbst auch in der Mannschaft oft deutlich stärker gewesen sei als im Einzel. Wobei er da untertreibt, denn 1984 gewann er in Los Angeles Olympia-Silber im Florett.
Den Weg seines früheren Mannschaftskollegen an die Spitze des IOC hat der 68-jährige Tauberbischofsheimer Behr aufmerksam verfolgt. "Als er vor zehn Jahren IOC-Präsident wurde, habe ich mich riesig für ihn gefreut. Ich beneide ihn nicht, aber wie zielstrebig er seinen Weg gegangen ist, Chapeau!"
Matthias Behr: "Boykott 1980 war ein Trauma für Thomas Bach"
Als 1980 nach dem Einmarsch der damaligen Sowjetunion in Afghanistan die USA die Olympischen Spiele in Moskau boykottieren – und sich Deutschland und viele weitere Nationen anschließen – bricht für Thomas Bach eine Welt zusammen. Mit 26 Jahren ist er im besten Sportleralter. "Der Boykott war ein Trauma für ihn", erinnert sich Behr. "Eine große Enttäuschung. Daraus hat er seine Einstellung abgeleitet, dass so etwas nie mehr passieren darf."
Der Boykott markiert zugleich das Ende der sportlichen Laufbahn von Thomas Bach. Der Jurist widmet sich fortan seiner beruflichen und sehr bald schon seiner sportpolitischen Karriere.
Lesen Sie im zweiten Teil unserer dreiteiligen Serie über Thomas Bach: Wie er an der Würzburger Universität seine Doktorarbeit ablegt und wie ihn Juan Antonio Samaranch im IOC fördert und fordert.
Der dritte Teil der Serie: Wie Thomas Bach als IOC-Präsident nach dem Skandal um russisches Staatsdoping und wegen seiner Nähe zu Putin in der Kritik steht.
Vielmehr sollten sich endlich Kriminologen damit befassen, wie immer wieder und immer noch solche Charaktere in Führungs- und Entscheiderfunktionen gelangen können, wo sie dann offenbar unbegrenzt Schaden anrichten können, ohne dass sie belangt werden!
Und jede Stadt die was auf sich hält, muss einem solchen Menschen die "Ehrenbürgerwürde" entziehen.
Besser hätte man das nicht sagen können!!!
Höcke als Innenminister zuständig für Sport!
Weidel mit Bach bei der Eröffnung der Spiele!
Bach grinst, das Geld fließt!!!!
Was für ein Triumph für Bach, die Spiele zurück nach Deutschland geholt!
Was für ein Alptraum!!!!!
Hier zählt nur noch die Gier!!!