Am 1. September jährt es sich, dass Anette Schmidt als erste Bürgermeisterin überhaupt ins Rathaus von Tauberbischofsheim eingezogen ist. Bei der Wahl am 14. Juli 2019 hatte sie mit 46,4 Prozent den zweiten Wahlgang klar gewonnen. Die Nachfolgerin von Wolfgang Vockel, der dieses Amt 24 Jahre innehatte, war vorher fast viereinhalb Jahre Bürgermeisterin von Großrinderfeld gewesen und davor in der Kommunalaufsicht des Landratsamtes beschäftigt. Die Mutter von drei Kindern ist geborene Tauberbischofsheimerin und somit in ihrer Heimatstadt an der Spitze angekommen.
Anette Schmidt: Natürlich ist die Aufgabe in Tauberbischofsheim anspruchsvoller. Die Dimensionen sind um einiges größer, als bei meiner vorherigen Tätigkeit in Großrinderfeld, beispielsweise beim Gewerbe. Hier habe ich eine funktionierende Verwaltung, die mir viele Dinge abnimmt. Das ist vielleicht der größte Unterschied, und eine Innenstadt zu haben. Es ist eine anspruchsvolle und enorm umfangreiche Herausforderung, die mir aber sehr viel Spaß macht.
Ja, das ist leider richtig. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich die Menschen erreiche. Ich lebe und arbeite hier. Tauberbischofsheim ist meine Heimat. Da kann es auch schon mal passieren, dass ich beim Einkaufen angesprochen werde oder beim Gang durch die wunderschöne Altstadt ins Gespräch mit den Bürgern komme. Vertrauen aufbauen und dieses auch einhalten, ist mir ganz wichtig. Und zum Thema Feste. Ich freue mich, dass das Weinfest am Schloss stattfindet, aber mit Anstand und Abstand. Im September bieten wir ebenfalls einen Afterwork Markt an. Der grüne Markt am Dienstag wird einfach in die Abendstunden verlegt mit Schoppen und vielleicht auch Bier.
enorm umfangreiche Herausforderung,
die mir aber sehr viel Spaß macht."
Sicherlich arbeite ich 60 bis 70 Stunden in der Woche. Doch die Arbeit erfüllt mich auch. Man lebt dieses Amt. Zum Ausgleich bin ich viel in der freien Natur unterwegs. Dazu kommt noch meine Familie, die mich immer wieder auf den Boden bringt. Meine drei Jungs fordern mich, auch wenn die beiden älteren schon größtenteils selbständig sind. Jetzt während Corona sind wir alle wieder zu Hause als Familie, der eine macht Homeoffice, der andere Onlinestudium und der jüngste war wegen der Schließung des Gymnasiums auch sehr viel daheim.
Oh, da fällt mir viel ein. Fast täglich hat man in der Stadt mit Grunderwerb zu tun. Wir suchen ständig für alle Vorhaben Flächen, und die zu bekommen, das ist manchmal eine echte Herausforderung. Wenn nach 24 Jahren der Chef wechselt, ist das praktisch ein Neuanfang. Nicht nur innerhalb der Stadt, der Verwaltung und den technischen Bereichen mit ihren knapp 200 Mitarbeitern, sondern auch für die Stadt selbst und für den Gemeinderat natürlich auch. Aber alle haben mir den Start leicht gemacht. Dafür möchte ich an dieser Stelle ein großes Dankeschön sagen. Und dann natürlich noch Corona.
Anfangs war man noch sehr unsicher und wusste nicht, wohin die Reise gehen wird. Wir saßen im Rathaus oft auch am Wochenende zusammen und haben die Vorgaben aus Stuttgart und Berlin im Rekordzeit umgesetzt, schließlich ist hier fast alles systemrelevant. Trotzdem ist es uns immer gelungen, eine funktionierende Verwaltung und auch die technischen Bereiche, wie Wasser und Abwasser, zu erhalten. Sicher ist dabei die eine oder andere Stelle in der Stadt nicht so unkrautfrei geworden, wie in den vergangenen Jahren. Aber das nehme ich gerne in Kauf, wenn die Pflichtaufgaben erfüllt werden konnten. Hierfür meinen Mitarbeitern und auch den Bürgern für ihr Verständnis ein herzliches Danke.
Wir müssen es schaffen, eine noch lebens- und liebenswertere lebendige Stadt zu werden, in der die Menschen sich wohlfühlen und gerne hierherkommen. Erste Anfänge sind schon gemacht, aber der Weg ist noch lang. Hier hoffe ich, dass die Bürger, auch der Ortsteile, weiter zusammenstehen und die Zukunft gemeinsam mit mir angehen.