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Würzburg/Iphofen/Helmstadt
Wasserschutzgebiet, Knauf-Gipsbergwerk, Bauschutt-Deponie: Der Streit im Westen Würzburgs erklärt in Grafiken
Wasserschutz kontra Wirtschaft? Wie es in der Altertheimer Mulde unter der Erde aussieht, was aktuell geplant ist und welche Interessenskonflikte es gibt.
Aktuell laufen drei Verfahren gleichzeitig: die Erweiterung des Wasserschutzgebietes für die Zeller Quellen, die Genehmigung des Gipsbergwerks der Firma Knauf und ein Mediationsverfahren im Fall der bereits genehmigten Bauschutt-Deponie der Firma Beuerlein.
Foto: Andreas Brachs , Thomas Obermeier, Patty Varasano | Aktuell laufen drei Verfahren gleichzeitig: die Erweiterung des Wasserschutzgebietes für die Zeller Quellen, die Genehmigung des Gipsbergwerks der Firma Knauf und ein Mediationsverfahren im Fall der bereits ...
Angelika Kleinhenz
 und  Natalie Greß
 |  aktualisiert: 31.01.2025 02:38 Uhr

Die Wasserversorgung in Bayern steht im Klimawandel vor großen Herausforderungen, erst recht im trockenen Unterfranken. Die Stadt Würzburg bezieht ihr Trinkwasser seit 125 Jahren aus den Zeller Quellen und versorgt damit mengenmäßig die Hälfte ihrer Bevölkerung. Um diese Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen, will die Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH (TWV) das Wassereinzugsgebiet der Zeller Quellen besser schützen.

Das Problem: Auf dem gleichen Gebiet, in der Altertheimer Mulde, gibt es große Pläne von zwei Unternehmen aus dem Landkreis Kitzingen. Der Gips-Weltmarktführer Knauf aus Iphofen will dort ein großes Bergwerk bauen, die Recyclingfirma Beuerlein aus Volkach eine Deponie für toxisch belastete Bauabfälle errichten. Das sorgt für Interessenskonflikte.

In diesen Grafiken und Fotos ist zu erkennen, was unterirdisch im Westen von Würzburg passiert und oberirdisch das Leben von mehr als 80.000 Menschen in der Stadt und im Landkreis nachhaltig beeinflussen kann.

1. Wasserschutzgebiet für die Zeller Quellen: Warum die Erweiterung so groß sein soll

Wasserschutzgebiet, Knauf-Gipsbergwerk, Bauschutt-Deponie: Der Streit im Westen Würzburgs erklärt in Grafiken

Von acht auf 66 Quadratkilometer will die Trinkwasserversorgung Würzburg (TWV) das Wasserschutzgebiet für die Zeller Quellen erweitern, um 65.000 Menschen in der Stadt auch künftig sauberes Trinkwasser zu garantieren. Von möglichen Auflagen betroffen wären knapp ein Dutzend Landkreisgemeinden mit etwa 18.000 Bewohnerinnen und Bewohnern.

Der Grund für die geplante Erweiterung: Im unterirdischen Wassereinzugsgebiet der Zeller Quellen bieten nur etwa zehn Prozent aller Bodenüberdeckungen (dunkelgrüne Einfärbung) dem Grundwasser ausreichend Schutz. 35 Prozent der Deckschichten haben laut TWV eine sehr geringe bis geringe Schutzfunktion. Den Kluft- und Karstgrundwasserleiter könne man sich wie einen Emmentaler Käse vorstellen: mit Trennfugen im Gestein. Dadurch könnten Schadstoffe leicht ins Grundwasser gelangen und würden schnell weitertransportiert.

2. Einzugsgebiet: Wie das Grundwasser unterirdisch von Altertheim bis nach Würzburg fließt

Wasserschutzgebiet, Knauf-Gipsbergwerk, Bauschutt-Deponie: Der Streit im Westen Würzburgs erklärt in Grafiken

Die Schüttung der Zeller Quellen ist mit 190 Liter pro Sekunde enorm. Die Brunnen der meisten Gemeinden liefern 5 bis 10 Liter Wasser pro Sekunde. Das bedeutet: Das Wassereinzugsgebiet ist groß.

Unterirdisch nutzen Stadt und einzelne Landkreisgemeinden verschiedene Wasservorkommen im gleichen Gebiet: Greußenheim nutzt Wasser aus dem unteren Muschelkalk, die Zeller Stollen aus dem mittleren Muschelkalk. Die unterirdische Wasserscheide ist die Grenze zwischen den Einzugsgebieten Altertheim und den Zeller Stollen.

3. Bergwerk: Wie Knauf Gips aus der Erde holen will ohne Einfluss auf das Grundwasser

Wasserschutzgebiet, Knauf-Gipsbergwerk, Bauschutt-Deponie: Der Streit im Westen Würzburgs erklärt in Grafiken

2027 könnte es bereits existieren: Bayerns größtes Bergwerk, ein Labyrinth unterirdischer Tunnel für den Gipsabbau – mitten im künftigen Trinkwasserschutzgebiet im Landkreis Würzburg. Das Bergwerk werde stabil gebaut, sagt die Firma Knauf, als Kammer-Pfeiler-Bau. Mehr als 50 Prozent der Gips-Lagerstätte (Pfeiler) sollen stehen bleiben, Chemikalien oder Wasser nicht zum Einsatz kommen.

Knauf will den Gips mit mindestens neun Metern Abstand unter dem größten Grundwasserleiter, der "mittleren Dolomite" abbauen. Die Stollen sollen in einer Tiefe zwischen 70 und 130 Meter liegen und sich auf 7,1 Quadratkilometer erstrecken. Gipsvorkommen und Grundwasser seien durch "undurchlässige Gesteinsschichten" getrennt, sagt Knauf – die Rampe als Zufahrt ins Innere sowie der Wetterschacht zur Belüftung würden komplett abgedichtet.

4. Bauschutt-Deponie: Warum der Standort der geplanten Nutzung umstritten ist

Östlich von Helmstadt liegt die Recyclinganlage der Firma Beuerlein. Der Betreiber möchte seine Tongrube zur Deponie der Klasse 1 umwidmen. Gegner befürchten eine Gefahr fürs Trinkwasser.
Foto: Mechtild Buck | Östlich von Helmstadt liegt die Recyclinganlage der Firma Beuerlein. Der Betreiber möchte seine Tongrube zur Deponie der Klasse 1 umwidmen. Gegner befürchten eine Gefahr fürs Trinkwasser.

In Helmstadt will die Volkacher Recyclingfirma Beuerlein ihre Tongrube zu Unterfrankens einziger Deponie der Klasse 1 (DK1) umwidmen lassen. Am Rand des geplanten Wasserschutzgebiets soll leicht toxischer Bauschutt gelagert werden, der nicht mehr recycelbar ist.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in Ansbach rügte den Standort, der laut Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg noch im Einzugsgebiet der Zeller Quellen liegt. Die Befürchtung: Giftstoffe könnten ins Grundwasser gelangen und so zur Gefahr für die Gesundheit der Menschen werden, die aus diesem Gebiet ihr Trinkwasser beziehen.

Die Klage der Stadt Würzburg, der Stadtwerke Würzburg und der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH gegen den Beschluss des Bergamtes Nordbayern, die geplante DK1-Deponie zu erlauben, ruht. Im Hintergrund laufen Mediationsgespräche zwischen den Beteiligten.

Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels hieß es "Im unterirdischen Wassereinzugsgebiet der Zeller Quellen bieten nur etwa zehn Prozent aller Bodenüberdeckungen (rote Einfärbung) dem Grundwasser ausreichend Schutz." Richtig ist: Auf der Karte haben diese gut schützenden Bodenschichten eine dunkelgrüne Einfärbung. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

 
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  • Erich Spiegel
    Die Unterstellung, dass massive Risiken eingegangen werden ist übertrieben. In Deutschland gibt es strenge Umweltgesetze. Alles wird doppelt und dreifach geprüft. Deswegen sind wir auch weltweit die Langsamsten! Es ist besser für die Umwelt heimische Rohstoffe zu nutzen, als alles vom Ausland her zu karren. Voraussetzung ist aber, dass vorher die Risiken und Chancen sorgfältig und abgewogen geprüft wurden. Der Gips ist für die Bauindustrie unverzichtbar. Recycling von Gips wäre gut, ist aber viel zu teuer. Schon jetzt ist Bauen unbezahlbar. In Deutschland leben derzeit 84 Mio. Menschen. Diese verbrauchen Ressourcen. Das sollten auch „Grüne“ verstehen. Keiner von denen nimmt einen 3 Tage Fußmarsch in Kauf, sondern alle kommen zur Demo bequem mit Auto, Bus und Bahn. Der „Edelgrüne“ fliegt mit dem Heli ein.
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  • Armin Genser
    Gips ist recycelbar – unendlich oft u. in gleichbleibend hoher Qualität. So schreibt Rigips u. bietet schon seit 2023 die Rücknahme von Gipsplatten an. Knauf schreibt jetzt, nachdem die Deponieverordnung 2024 das Deponieren untersagt, dass man "sich verstärkt dem Recycling widmen will".
    Aha! In England recycelte man 2015 schon 42%.
    Recyceln wird natürlich nur ein Baustei sein, den REA-Gips zu ersetzen. Aber Knauf hat es versäumt, sich rechtzeitig um einen Ersatz des billigen REAgipses zu kümmern. Man hat darauf gesetzt weiterhin, oft auch eine Schädigung der Natur in Kauf nehmend, Naturgips abbauen zu können. In vielen Ländern ohne natürliche Gipsvorkommen sind Alternativen schon lange üblich. Siehe auch: https://www.wasser-in-gefahr.de/ . Knauf ist sicher findig genug, sich den Markt auch mit Ersatzprodukten zu erschließen.
    Die Sorge um unsere unverzichtbaren Wasservorkommen ist kein parteipolitisches Geplänkel, Herr Spiegel.
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  • Günter Hofmann
    "GELD REGIERT DIE WELT" daran wird sich nix ändern...
    Einer der Milliarden auf sein Konto hat kann sich alles erlauben- dann zahlt er halt die Strafe- wenn er statt 50 % doch 95% abgebaut hat. Trinkwasser, Naturschutz und Klimaschutz ... darüber wird nur gesprochen und zerredet und trotzdem wird zum beispiel ein gesunder Wald lieber abgeholzt und versiegelt für ein neues Industriegebiet... der Spruch " AUS FEHLERN LERNEN" muss man ändern in "DER MENSCH LERNT NICHT AUS SEINEN FEHLERN " traurig aber war 😢
    A. Pattaro
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  • Sonja Salosny Helmerich
    Es ist doch nicht möglich das in einen Natur und wasserschutzgebiet!! So Raubbau betrieben wird!! Wer will so was verantworten! Oder zählt Geld Mal wieder nur! Ich laufe seid Jahren da oben, will man sowas mit Gewalt kaputt machen!?
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  • Hiltrud Erhard
    Der Bericht ist katastrophal recherchiert und belügt den Leser was das Thema Deponie angeht!
    In Unterfranken gibt es mindestens bereits 30er 4 Deponien der Klasse 1 und 6 der Klasse 2!

    Die angedachte Deponie Deponieklasse I (DK I) ist eine Deponie für mäßig belastete (nicht gefährliche) Abfälle. Dies ist die Regeldeponie für mäßig belasteten Erdaushub und Bauschutt und vergleichbare mineralische gewerbliche Abfälle.

    Sehr geehrte Redakteurin en! Diese Art der Aufarbeitung ist keine Glanzleistung und auch keine Meinung sondern soll offensichtlich politisch Einfluss nehmen!

    Das Thema Knauf sollte daher auch genauer untersucht werden!
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  • Georg Ries
    Den Begriff "toxischer Bauschutt" gibt es in keinem Gesetz. Dort heißt es, dass in einer Deponie DK 1 KEIN gefährlicher Stoff deponiert werden darf. Aber toxisch hört sich natürlich viel schrecklicher an! Die geplante Deponie liegt wenige Meter innerhalb der weiteren Schutzzone. Ob da wirklich genau festgestellt wurde, wie die Grundwasserströme verlaufen? Wenn ich in unserer Gemarkung die Messstellen sehe, liegen die hunderte Meter auseinander. Evenuell könnte Beuerlein an seinem Grundstück ergänzende Bohrungen vornehme lassen? Dass sich das Grundwasser genau nach Grundstücksgrenzen richtet, wie es die Schutzgebietsverordnung macht, wage ich zu bezweifeln 😀. Das Gutachten der WVV ist genaugenommen ein Parteigutachten, das ein Betroffener überprüfen lassen darf. Rechtsstaat eben. Man wird sehen, wie das Verfahren weitergeht. Die MP und die hiesigen Kommentatoren werden das objektiv und fachkundig überwachen!! 😉
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  • Angelika Kleinhenz
    Sehr geehrter Herr Ries, ein Zeitungsartikel ist kein Gesetzestext. In einer DK1-Deponie dürfen aber sehr wohl "nicht gefährliche und gefährliche" Abfälle gelagert werden, siehe Landesamt für Umwelt. Der Betreiber in Helmstadt hat freiwillig "asbest- und PFC-haltige Abfälle sowie Abfälle aus dem Rückbau von Kernkraftwerken" ausgeschlossen. Deponiert werden sollen aber auch "Bau- und Abbruchabfälle, die gefährliche Stoffe enthalten können" (siehe Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Ansbach), der darauf hinweist, dass die "menschliche Gesundheit in Gestalt des Trinkwasserschutzes nicht unter Abwägungsvorbehalt stehe" und dass deshalb "planreife Trinkwasserschutzgebiete oder Trinkwassereinzugsgebiete" als Standorte für Deponien grundsätzlich ausscheiden. Mit freundlichen Grüßen Redakteurin Angelika Kleinhenz
    Siehe auch: https://www.la-by.bayern.de/media/themenbereiche/fachplanung/2024-01-31_abfallrecht.pdf
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  • Angelika Kleinhenz
    Sehr geehrte Frau Erhard, laut Bayerischem Landesamt für Umwelt gibt es zwar einige DKII-Deponien in Unterfranken, jedoch keine Deponie für Klasse I-Abfälle. Guggenberg beispielsweise nimmt kein DK1-Material mehr an. Mit freundlichen Grüßen Redakteurin Angelika Kleinhenz
    Siehe auch: https://www.lfu.bayern.de/_data_extern/abfall/alle_deponien/deponieliste_bild.pdf
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  • Armin Genser
    Frau Erhard, wie sich in vielen ihrer Kommentaren zeigt, sind Fakten und Meinungen die nicht Ihrer Meinung entsprechen "Käse"oder "politisch eingefärbt". Bevor Sie politische Einflussnahme unterstellen, sollten Sie vielleicht selbst gründlicher recherchieren.
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  • Martin Deeg
    Wenn in einem Würzburger Kaufhaus Buttersäure die Luft verpestet, wird das Kaufhaus evakuiert. Wenn in der Nähe der Synagoge ein Karton herumsteht, wird das Bombenkommando aus München gerufen, wenn im Bahnhof ein "herrenloser" Koffer auffällt, wird der Bahnhof geräumt. Man rechnet immer mit "dem Schlimmsten", geht immer auf "Nummer sicher", kein Aufwand zu groß....

    Aber hier, wo es tatsächlich um reale Risiken und konkrete Gefahren geht, wird aus wirtschaftlichen und sachfremden Gründen ernsthaft erwogen, massive Risiken einzugehen, lässt man sich einlullen.
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