
Gips, Trinkwasser, Strom: Die Entscheidungen, die in den kommenden Monaten rund um die Altertheimer Mulde im westlichen Landkreis Würzburg fallen, haben Folgen für Generationen von Menschen im Süden Unterfrankens.
Kein Wunder also, dass sich am Mittwoch bei einer Bürgerversammlung mehr als 400 Menschen in der Mehrzweckhalle in Unteraltertheim drängten – bereit, die Verantwortlichen mit all ihren Befürchtungen zu konfrontieren.

Sprecher von Knauf, von TransnetBW und von der Trinkwasserversorgung Würzburg stellten sich Fragen zu den geplanten Großprojekten im westlichen Landkreis Würzburg. Die Zuhörerinnen und Zuhörer interessierten vor allem der Gips und das Wasser. Einige der wichtigsten Fragen und Antworten:
Was plant Knauf in der Altertheimer Mulde?
In der Altertheimer Mulde soll Bayerns größtes Gipsbergwerk entstehen. Zwischen Altertheim, Helmstadt und Waldbrunn will Knauf, Weltmarktführer für Gips aus Iphofen (Lkr. Kitzingen), in 120 Metern Tiefe auf sieben Quadratkilometern Naturgips abbauen. In den ersten fünf bis zehn Jahren sollen 300.000 Tonnen Gips pro Jahr aus der Erde geholt werden. Das ist in etwa die Menge, die Knauf an synthetischem Gips, dem sogenannten REA-Gips, mit Deutschlands Kohleausstieg verloren geht. Später sollen es bis zu einer Million Tonnen Gips pro Jahr sein.
Was plant die Trinkwasserversorgung Würzburg im westlichen Landkreis?
Westlich von Würzburg soll Bayerns zweitgrößtes Trinkwasserschutzgebiet entstehen. Ziel ist, auf 66 Quadratkilometern die Zeller Quellen, das wichtigste Wasservorkommen der Stadt Würzburg, die seit 100 Jahren rund 65.000 Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgen, langfristig zu sichern. Wird das Gebiet als Schutzgebiet ausgewiesen, läge das Bergwerk von Knauf mittendrin.

Was verspricht Knauf den Menschen vor Ort zum geplanten Gipswerk?
"Gips aus der Region für die Region" und Gewerbesteuern für die Gemeinden, in denen der Gips abgebaut wird, verspricht Marco Pabstmann, der technische Leiter der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa, den Menschen in der Altertheimer Mulde.
Mit dem Bergwerk sei die Sicherung von mehreren Hundert Arbeitsplätzen verbunden. Dazu komme das Geld, das jeder der 2500 Knauf-Mitarbeiter vom Standort in Iphofen in Unterfranken lasse. Pabstmann sagt: "Knauf ist hier zu Hause und bereit, mit der Region zu wachsen und Verantwortung zu übernehmen."

Was sagt die Trinkwasserversorgung Würzburg den Menschen vor Ort?
"Trinkwasser aus der Region für die Region" werde im Klimawandel immer wichtiger, sagt Alfred Lanfervoß, Abteilungsleiter der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH (TWV). Noch schütten die Zeller Quellen in Würzburg etwa 200 Liter pro Sekunde. Im Vergleich zu anderen Quellen sei das enorm.
Lanfervoß sagt: "Wir können froh sein, dass es solche Wasservorkommen im trockenen Unterfranken heute noch gibt." Es bilde sich immer weniger neues Grundwasser. Auch im westlichen Landkreis. Der TWV-Sprecher sagt: "Wir müssen das Wasser heute besser schützen als wir es noch vor 50 Jahren getan haben."

Was kommt auf die Menschen vor Ort durch das Bergwerk zu?
48 Lastwagen pro Tag sollen den Gips von Altertheim über die Autobahn A3 nach Iphofen transportieren – hin und wieder zurück. Das bedeute, so Knauf-Vertreter Marco Pabstmann: alle 20 Minuten ein Lkw oder drei Lkw pro Stunde, die gleichzeitig fahren. Im Vergleich zu Rohstoffen aus Übersee sei der Abbau in der Region gut fürs Klima durch geringere CO2-Emissionen und kurze Transportwege.
Laut Daniel Schroeder, Knauf-Verantwortlicher für Bergbau für Zentraleuropa, werde man von dem unterirdischen Gipsabbau so gut wie nichts sehen oder hören. Ein 700 Meter langer Tunnel und ein Wetterschacht für frische Luft sollen die einzigen Verbindungen zur Erdoberfläche sein.
Was kommt auf die Menschen vor Ort durch das Schutzgebiet zu?
Der größte Teil des Wasserschutzgebiets, 60 von den insgesamt 66 Quadratkilometern, sollen künftig in der weiteren Schutzzone III B liegen. Hier gebe es "geringere Anforderungen an den Grundwasserschutz", sagt Alfred Lanfervoß von der Trinkwasserversorgung Würzburg. Das meiste sei in dieser Zone weiter erlaubt, zum Beispiel neue Bau- und Gewerbegebiete.
"Wir nehmen vor allem Einfluss auf die größeren Projekte", sagt Lanfervoß. Beispielsweise auf stark befahrene Straßen oder Deponien. Ob der untertägige Bergbau genehmigt wird, ist derzeit noch offen.
Wie risikoreich ist das geplante Bergwerk fürs Wasser aus Sicht von Knauf?
Das Bergwerk werde stabil gebaut, vergleichbar mit einem unterirdischen Schachbrett: 50 Prozent der Gips-Lagerstätte sollen stehen bleiben. Chemikalien oder Wasser sollen nicht zum Einsatz kommen.
Seit 240 Millionen Jahren, schätzen Geologen, haben wasserundurchlässige Tonschichten das riesige Gipsvorkommen in der Altertheimer Mulde erhalten. Knauf will den Gips mit neun Metern Abstand unter dem größten Grundwasserleiter, der "mittleren Dolomite" abbauen. Erfahrene Tunnel-Bauer, die auch bei Stuttgart 21 beteiligt waren, seien beteiligt, sagt Daniel Schroeder. Spezielle Verpressverfahren würden verhindern, dass Wasser eindringe oder abgepumpt werden müsse.
Wie risikoreich ist das geplante Bergwerk fürs Wasser aus Sicht der Trinkwasserversorgung Würzburg?
"Die Risiken sind vielfältig", sagt Alfred Lanfervoß von der TWV. Das Bergwerk liege sowohl im Einzugsgebiet der Zeller Quellen als auch der Brunnen der Gemeinden Altertheim und Waldbrunn. Dass es überhaupt ein Gipsvorkommen in dieser Größe in einem Muschelkalk-Untergrund gebe, sei äußerst selten.
Heikel: Sowohl die 700 Meter lange Rampe als auch der Wetterschacht für das Bergwerk müssen die Grundwasserschichten durchqueren. Da es ein Karstgebiet ist, würden sich viele der unterirdischen Grundwasserleiter gegenseitig beeinflussen. Zudem bewege sich das Wasser relativ schnell, teils bis zu eineinhalb Kilometer pro Tag. Lanfervoß sagt: "Für uns ist wichtig, dass das Grundwasser über Generationen erhalten bleibt und weiter ungestört in Richtung Würzburg fließen kann."
Wird Knauf eine Garantie fürs Grundwasser geben und wer haftet, wenn etwas schief läuft?
Der Bergbau-Verantwortliche von Knauf ist zuversichtlich: "Wir werden nachweisen, dass wir das Wasser weder qualitativ noch quantitativ beeinflussen." Erst durch diesen Nachweis bekomme der Konzern die Genehmigung zum Gipsabbau.
Dass der Würzburger Landrat Thomas Eberth (CSU) und sein Umweltamt kürzlich den Gipskonzern besucht haben, habe ausdrücklich "keinen Einfluss auf das Verfahren", sagt Daniel Schroeder. Im Gegenteil: Knauf stehe den Behörden Rede und Antwort. Er sagt: "Unabhängig von Gutachten haften wir als Betreiber des Bergwerks für jegliche Schäden, die verursacht werden könnten."
Das Wasserschutzgebiet soll sehr groß sein. Nimmt die Stadt Würzburg dem Landkreis das Wasser weg?
Über Jahrzehnte hätten Untersuchungen des Untergrunds und die Auswertung vieler Grundwasser-Messstellen "das Gebiet, das wir schützen sollten" klar definiert, sagt Alfred Lanfervoß von der Trinkwasserversorgung Würzburg. Das Gebiet reiche bis zur unterirdischen Wasserscheide. Dort fließe das Wasser auf der einen Seite in Richtung Altertheim und auf der anderen Seite in Richtung Würzburg. "Die Zeller Quellen haben keinen Einfluss auf die Brunnen in Altertheim."
Angesprochen auf die vom Landkreis geforderten Ausnahmen beim Wasserschutz, sagt Lanfervoß: "Das Grundwasser gehört weder dem Landrat noch der Trinkwasserversorgung Würzburg. Es gehört der Allgemeinheit, also uns allen und es ist unsere Aufgabe, dass es erhalten bleibt!"