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Würzburg
Wasserklau in Unterfranken: Sind die Strafen für Abpumpen ohne Genehmigung zu lasch?
Bis zu 50.000 Euro kann eine illegale Wasserentnahme kosten. Tatsächlich fallen die Bußgelder in Unterfranken deutlich niedriger aus.
Die Wasserpolizei auf dem Main: Polizisten dürfen Geräte zur illegalen Wasserentnahme sicherstellen.
Foto: Patty Varasano (Archiv) | Die Wasserpolizei auf dem Main: Polizisten dürfen Geräte zur illegalen Wasserentnahme sicherstellen.
Jonas Keck
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:33 Uhr

Wer Wasser aus dem Main oder andern Gewässern abpumpt, ohne dafür eine Genehmigung von Behörden zu haben, begeht in vielen Fällen eine Ordnungswidrigkeit. Eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro sieht das Gesetz in der Theorie vor. Doch in der Praxis fallen die Strafen für illegale Entnahmen aus Flüssen, Seen und dem Grundwasser in Unterfranken deutlich geringer aus. Sind die Behörden zu milde?

In allen neun Landkreisen und den drei kreisfreien Städten im Regierungsbezirk sind den Verwaltungsbehörden für das Jahr 2022 mit dem Dürresommer nur rund 30 Fälle bekannt, in denen gegen die Genehmigungspflicht verstoßen wurde. Lediglich in zehn Fällen mussten die Entnehmer eine Geldbuße bezahlen. Diese lagen zwischen 55 und 200 Euro.

Ein Beispiel: Im Sommer 2022 hat jemand im Süden des Landkreises Würzburg mit einer elektrischen Pumpe Wasser für seinen Garten aus einem Bach entnommen. Das Landratsamt Würzburg teilt mit, dass man denjenigen über den Verstoß informiert habe. Denn nur das Schöpfen von Wasser mit "Handgefäßen", also Eimern und Gießkannen, ist ohne Genehmigung erlaubt. Die Person musste ein Bußgeld von 55 Euro bezahlen.

Tatsächlich entnommene Wassermengen überschreiten teilweise Genehmigungen

Die gemeinsame Recherche von Main-Post und Bayerischem Rundfunk zu knapp 2000 Wasserrechtsbescheiden ergibt: Für den Zeitraum von 2018 bis 2021 finden sich in den Daten 128 Fälle, bei denen mindestens einmal mehr entnommen worden war, als die Behörden genehmigt hatten. Die tatsächlich entnommenen Mengen hatten die Entnehmer im Nachhinein selbstständig gemeldet. Sprich: In diesen 128 Fällen gaben die Entnehmer also freiwillig ihre Mehrentnahmen bei den Ämtern zu.

Die Überprüfung von Wasserentnahmen ist Aufgabe der Wasserwirtschaftsämter. Diese nehmen "stichprobenartig oder anlassbezogen" Kontrollen vor, teilen mehrere Landratsämter gleichlautend mit. "Wir können nur im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen, möglichst viele Fälle aufzudecken", sagt Friedrich Altmann, der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg. Wenn jemand 100 Kubikmeter Wasser mehr entnimmt, sei das illegal, aber in der Regel noch kein großes Problem für den Wasserhaushalt. "Wenn es aber viele machen, sieht die Sache schon anders aus", sagt Altmann. "Einige Entnehmer melden auch ohne schlechtes Gewissen ihre Mehrentnahmen."

Andere melden ihre tatsächlich abgepumpten Wassermengen überhaupt nicht. Insgesamt durften im Jahr 2022 in Unterfranken 36,5 Millionen Kubikmeter Grundwasser entnommen werden, wie aus der Daten-Analyse von Main-Post und BR hervorgeht. Bei mehr als der Hälfte der 1400 Entnahmerechte wussten die Kreisverwaltungsbehörden aber zum Beispiel nicht, wie viel Wasser im Jahr davor tatsächlich entnommen wurde.

Rechstanwältin Franziska Heß von der Würzburger Kanzlei Baumann kritisiert mangelnde Kontrollen seitens der Behörden.
Foto: Rudolf Griner | Rechstanwältin Franziska Heß von der Würzburger Kanzlei Baumann kritisiert mangelnde Kontrollen seitens der Behörden.

Für die Rechtsanwältin Franziska Heß zeigt sich am derzeitigen Umgang mit illegalen Wasserentnehmern die "defizitäre personelle Lage der Behörden im Bereich des Umweltrechtsvollzugs". Es mangele an Kontrollen, kritisiert die Verwaltungsrechtlerin der Kanzlei Baumann mit Hauptsitz in Würzburg. Die Wasserwirtschaftsämter hätten offensichtlich nicht das notwendige Personal und die notwendige Zeit, um anlasslos zu überprüfen, ob Wasserentnahmen genehmigt sind und die erlaubten Mengen eingehalten werden.

"Häufig sind es Bürger, die Umweltverbände auf mögliche Verstöße aufmerksam machen. Die Verbände zeigen dann die Entnahmen beispielsweise bei den Landratsämtern an", erklärt die Juristin.

Hinweise von Bürgern zu Wasserentnahmen oft "unkonkret"

Rund 50 Anfragen und Hinweise erhielt zum Beispiel das Landratsamt in Kitzingen im Jahr 2022 aus der Bevölkerung auf etwaige illegale Wasserentnahmen. "Viele Hinweise waren unkonkret, sodass dem nicht nachgegangen werden konnte", legt ein Pressesprecher dar. Mitunter hätten genaue Ortsangaben gefehlt. Von zehn konkreten Hinweisen hätten sich acht als begründet erwiesen, Bußgelder habe man keine erlassen.

Aus Behördenkreisen heißt es, dass Mitarbeiter einzelne entdeckte Pumpen keinem Entnehmer zuordnen konnten. Eine Art Nummernschild oder TÜV-Plaketten für Wasserpumpen, wie das etwa der unterfränkische Fischereiverband fordert, gibt es bislang nicht.

Weil illegale Wasserentnahmen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, spiele der Tatbestand bei Anwältinnen und Anwälten nur eine untergeordnete Rolle, sagt Franziska Heß: "Dass Wasserentnahmen strafrechtlich relevant werden, ist äußerst selten. Es gibt den eher theoretischen Fall, dass durch eine ungenehmigte Entnahme ein konkreter Umweltschaden entsteht", erklärt die Verwaltungsjuristin. "Bei kleinen Bächen oder Teichen ist die Schuld einzelner Entnehmer in manchen Fällen nachweisbar, wenn ihretwegen das Gewässer kippt oder trocken fällt. Denkt man aber an den Main oder andere große Flüsse, ist das nahezu unmöglich zu ermitteln."

Die derzeit geltenden Gesetze würden ausreichen, um abschreckende Strafen auszusprechen, sagt Heß. Es passiere aber zu selten: "Mit Blick auf Dürrejahre und den Klimawandel ist das ein echtes Problem, das Behörden jetzt angehen müssen."

Wenn Polizistinnen und Polizisten auf Streife ein möglicher "Wasserklau" auffällt, können sie dagegen vorgehen: "Die Erkenntnis, ob eine genehmigte oder ungenehmigte Wasserentnahme vorliegt, wird in erste Linie durch Befragen des 'Entnehmers' sowie die Kontrolle der Genehmigungsunterlagen und gegebenenfalls weiterer Ermittlungen erlangt", teilt das Polizeipräsidium Unterfranken mit. So lasse sich im Nachgang herausfinden, ob die Pumpe legal oder illegal verwendet wurde. Zudem seien vor Ort "telefonische Rücksprache mit den Genehmigungsbehörden" möglich.  Für die "Gefahrenabwehr" kann die Polizei die zum Abpumpen verwendeten Gerätschaften beschlagnahmen.

Umweltjurist: Verhältnismäßigkeit muss bei Strafen gewahrt werden

Dass die Höchststrafe von 50.000 Euro von Landratsämtern nur in absoluten Ausnahmefällen verhängt wird, liege am "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit", erklärt Prof. Ralf Brinktrine, Umweltrechtler an der Uni Würzburg. Die Höhe des Bußgeldes bemesse sich unter anderem daran, ob der oder die Betreffende zuvor schon einmal bei illegalen Wasserentnahmen ertappt wurde. 

Prof. Ralf Brinktrine lehrt Umweltrecht an der Universität in Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier (Archiv) | Prof. Ralf Brinktrine lehrt Umweltrecht an der Universität in Würzburg.

Im Landkreis Rhön-Grabfeld fallen im unterfränkischen Vergleich Strafen mit am höchsten aus. Das in dem Landkreis gelegene Bad Königshofen gilt als eine der trockensten Städte in Bayern: "Nach einer internen Vorgabe wird bei erstmaligem Verstoß ein Bußgeld in Höhe von 200 Euro festgesetzt", teilt das Landratsamt mit. Zweimal war das im vergangenen Jahr der Fall. Sollten die Entnehmer sich erneut nicht an das Gesetz zur Wasserentnahme halten, würden höhere Beträge fällig.

Zwei mögliche Gründe für illegale Wasserentnahmen

Doch warum kommt es überhaupt zu illegalen Wasserentnahmen? Umweltrechtler Ralf Brinktrine nennt zwei Gründe. "Die mangelnde Kenntnis über das geltende Recht könnte zu illegalen Entnahmen führen", sagt der Jurist. Die Vorstellung, Wasser sei ein Allgemeingut und daher könne jeder davon nehmen, sei jedoch nach dem Wasserrecht falsch. Es gebe nach den gesetzlichen Bestimmungen im Wasserhaushaltsgesetz auch keinen Anspruch darauf, eine Erlaubnis von Behörden zu bekommen. "Möglicherweise fürchten manche Entnehmer, keine entsprechende Erlaubnis oder Bewilligung ausgestellt zu bekommen und entnehmen deshalb ohne vorher zu fragen."

 
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  • H. H.
    Ein Spiegelbild der allgemeinen Lage

    wer sich an irgendwelche Regeln hält, ist doch bloß zu doof, sich seine Regeln (zum eigenen Vorteil) selber zu machen, denn a) ist die Gefahr erwischt zu werden verschwindend gering (es kümmert sich - zumindest gefühlt - kein A### um irgendwas) und wenn es doch mal jemand übertreibt und erwischt wird, sind b) die Strafen allgemein so lasch, dass man das schon beinahe als eine Art "Mehrwertsteuer" wegstecken kann... als Reaktion darauf geht dann der "Rechtsstaat" her und will weitere asoziale(!) Handlungen wie Fahrerflucht zur Ordnungswidrigkeit herabstufen. Muss man sich da noch über irgendwas wundern???
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  • M. F.
    Der Zustand ist nicht hinnehmbar. Ein entschiedenes Durchgreifen der staatlichen Behörden, auch mit spürbaren Strafen, ist überfällig.
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    In einem Bananenstaat gehts auch nicht anders zu. Eigentlich kein Wunder bei der derzeitigen politischen Spitze aus CSU und Opflsoftpartei. Die sind mit ihrer Selbstbeweihräucherung so sehr beschäftigt, dass ihnen der Blick für das lebensnotwendige Wasser fehlt.
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  • H. S.
    @Arcus....was ihre Grünen können, zeigen sie jeden Tag aufs Neue...aber hauptsache ihre ständige gähnende Leier
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  • G. W.
    Die Bundesregierungen seit 2005, in der ständig auch die CSU ihre besten Leute in Ministerien untergebracht hat, hätte sich ja auch gelegentlich um dringliche Probleme Deutschlands kümmern können.

    Dann hätte vermutlich die Bevölkerungsmehrheit nicht den dringenden Wunsch verspürt, endlich mal eine Regierung zu wählen, die sich auch mal um die Zukunft des Landes kümmert!
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  • P. S.
    Die Behörden setzen die Strafen so fest, wie es in den Bestimmungen und Gesetzen steht und die CSU, die seit Jahrzehnten in Bayern immer den Ministerpräsidenten stellt, ist demzufolge hierfür maßgeblich verantwortlich.

    Oder anders ausgedrückt, die CSU will ihre Klientel zufriedenstellen, damit der Filz und die Vetternwirtschaft auch die kommenden Jahre weitergehen kann.
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