
Das Aus für die Theresienklinik in Würzburg, das Ende der Rotkreuzklinik in Wertheim, das Hin und Her um das Schweinfurter Krankenhaus St. Josef. Längst ist die bundesweite Misere der Krankenhäuser in der Region angekommen. Immer mehr Kliniken auch in Unterfranken schreiben tiefrote Zahlen, vielerorts müssen die Träger Millionendefizite stopfen.
Woran liegt das? Wie finanziert sich eigentlich ein Krankenhaus? Und was soll die Gesundheitsreform daran ändern? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wer kann in Deutschland ein Krankenhaus betreiben?
In Deutschland können Krankenhäuser privat, freigemeinnützig oder öffentlich als kommunale Kliniken oder Unikliniken getragen werden. Die Art der Trägerschaft hat dabei nicht unbedingt etwas mit der Rechtsform zu tun: Es gebe auch öffentliche Krankenhausträger in Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder private Träger in Rechtsform einer gemeinnützigen Stiftung, heißt es von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG).
Beispiele aus der Region: In Unterfranken sind alle Trägerformen zu finden. Neben der staatlichen Uniklinik Würzburg gibt es eine Reihe von kommunalen Kliniken wie das Leopoldina-Krankenhaus (Stadt Schweinfurt), die Main-Klinik Ochsenfurt (Landkreis Würzburg), das Klinikum Main-Spessart (Landkreis Main-Spessart) oder die Haßberg-Kliniken (Landkreis Haßberge). Freigemeinnützige Träger sind zum Beispiel die Stiftung Juliusspital für das Klinikum Würzburg Mitte (KWM) oder der Orden der Erlöserschwestern (Klinik St. Josef). Privat getragen werden beispielsweise das Rhön-Klinikum in Bad Neustadt oder die Helios-Klinik in Bad Kissingen.
Wo liegt finanziell der Unterschied zwischen diesen Trägern?
Grundsätzlich gilt für Krankenhäuser der gleiche gesetzliche Rahmen. Die Finanzlage ist flächendeckend schwierig. In der Praxis werden bei öffentlichen Trägern die Defizite meist ausgeglichen und so Insolvenzen verhindert. Diese Option haben freigemeinnützige Träger nur in begrenztem Maße. Aber auch bei Defizitausgleichen über kommunale Haushalte hält die BKG die Belastungsgrenzen mittlerweile für überschritten.

Beispiele aus der Region: Die finanzielle Schieflage ihrer Kliniken ist zuletzt zur massiven Belastung für Kommunen und Landkreise in Unterfranken geworden. Der Landkreis Haßberge muss dieses Jahr ein Defizit von fast acht Millionen Euro auffangen, 6,5 Millionen Miese macht in diesem Jahr voraussichtlich das Klinikum Main-Spessart in Lohr, 4,3 Millionen Euro die Main-Klinik Ochsenfurt. Der Aufschrei bei den Landräten ist groß. Wo Landkreise mit etlichen Millionen ihre Kliniken stützen müssen, geht dies am Ende zu Lasten der Gemeinden und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Denn die Kreise refinanzieren ihre Ausgaben über eine höhere Kreisumlage.
Was bedeutet duale Krankenhausfinanzierung?
Die Krankenhausfinanzierung basiert als duales System auf zwei Säulen: den Investitionskosten und den Betriebskosten. Dabei sind grundsätzlich die Bundesländer für die Investitionen zuständig, die Krankenkassen dagegen für die Betriebskosten. Den rechtlichen Rahmen bestimmt der Bund.
Welche Einnahmen hat ein Krankenhaus?
Krankenhäuser erhalten Geld für Investitionen vom jeweiligen Bundesland und vom Träger. Zudem gibt es Einnahmen aus dem laufenden Betrieb. Nach Angaben der Bayerischen Krankenhausgesellschaft sind das zum Beispiel Fallpauschalen, Pflegebudget, Zusatzentgelte und Zuschläge für spezielle Leistungen sowie Einnahmen aus Wahlleistungen (etwa Ein-Bett-Zimmer oder Chefarztbehandlungen) oder aus ambulanten Behandlungen.

Welche Rolle spielen die Fallpauschalen?
Seit der letzten Krankenhausreform 2003 bekommen Kliniken pro Patient oder Behandlungsfall einen pauschalen Euro-Betrag, sogenannte Fallpauschalen ("diagnosis related groups"/DRG-Vergütung). Die Höhe der DRG-Fallpauschalen richtet sich unter anderem nach der Diagnose oder danach, wie schwer ein Patient erkrankt ist.
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums zählt der Katalog für das Jahr 2024 insgesamt 1296 Fallpauschalen und 233 Zusatzentgelte (etwa für teure Medikamente oder Medizinprodukte).
Was sind Investitionskosten und wer trägt sie?
Investitionskosten sind beispielsweise Ausgaben der Krankenhäuser für Baumaßnahmen, Renovierungen oder Modernisierungen. Alle Krankenhäuser im bayerischen Krankenhausplan bekommen dafür Fördermittel vom Freistaat, insgesamt rund 800 Millionen Euro plus Investitionen für die Unikliniken. Laut BKG liegt der Investitionsanteil im Freistaat bundesweit am höchsten, aktuell bei 5,6 Prozent der Gesamterlöse eines Krankenhauses. Nötig seien jedoch gut sieben Prozent.
Jedoch werden nicht alle Investitionen von den Ländern gefördert. Parkplätze, Küchen oder Krankenhausapotheken etwa müssen Klinikträger laut BKG selbst bezahlen.
Was sind Betriebskosten und wer trägt sie?
Die Betriebskosten umfassen alle Posten, die für den laufenden Betrieb eines Krankenhauses notwendig sind. Dazu zählen unter anderem Lohnkosten, Energie- oder Materialkosten. Diese werden von den Krankenkassen nach Bundesrecht finanziert. Die BKG kritisiert, dass dabei die Kostensteigerungen der Inflation nicht berücksichtigt werden.
Welchen Anteil haben ambulante Leistungen an den Einnahmen eines Krankenhauses?
Nach Angaben der Bayerischen Krankenhausgesellschaft liegt der Anteil der ambulanten Leistungen an den Einnahmen zwischen sechs und zehn Prozent – den Rest erwirtschaften Kliniken im stationären Bereich. Dieser ist laut BKG nach wie vor das "Hauptgeschäft der Krankenhäuser".
Welche Sonderregeln gelten für Universitätskliniken?
Für Unikliniken gelten im Bereich der Betriebskostenfinanzierung die gleichen Regelungen wie für alle Krankenhäuser. Für Investitionen muss hingegen komplett das jeweilige Bundesland – sprich der Freistaat – als Träger aufkommen.

Beispiel aus der Region: Das Uniklinikum Würzburg wird vom Freistaat Bayern getragen, mit millionenschweren Investitionen. Für den geplanten Ausbau Nord ist mehr als eine Milliarde Euro veranschlagt. Der Freistaat stattet das Uniklinikum laut Wissenschaftsministerium finanziell so aus, dass kein Defizit bei den Betriebskosten entsteht.
Was passiert, wenn ein Krankenhaus seine Kosten nicht decken kann?
Wenn der Krankenhausträger die Defizite nicht ausgleichen kann und keine Rücklagen da sind, droht der Klinik die Zahlungsunfähigkeit und damit die Insolvenz. Alternativ zu einer Insolvenz kann ein Träger laut BKG den Krankenhausbetrieb auch direkt schließen.
Beispiele aus der Region: Die Insolvenzwelle hat in der Region erste Opfer gefordert. Die Rotkreuzklinik in Wertheim (Main-Tauber-Kreis) wurde im Juni 2024 geschlossen, mittlerweile hat die Stadt das Krankenhaus-Areal gekauft und will die Klinik in Kooperation fortführen. Die Theresienklinik in Würzburg schließt nach 117 Jahren Ende 2024, nachdem die Erlöserschwestern ihren Rückzug angekündigt haben. Die Zukunft des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt ist ungewiss.
Welche wesentlichen Veränderungen sind durch die Krankenhausreform zu erwarten?
Die Krankenhausreform soll die Finanzierung der Kliniken laut Bundesgesundheitsministerium auf eine neue Grundlage stellen und zu mehr Spezialisierung bei komplizierteren Eingriffen führen. Vorgesehen ist eine Änderung der bisherigen Vergütung mit Fallpauschalen: Kliniken sollen künftig 60 Prozent der Vergütung allein für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll den Druck senken, möglichst viele Fälle zu behandeln.
Bundesweit werden einheitlich 65 Leistungsgruppen eingeführt, etwa "OPs an der Wirbelsäule" oder "Leukämie". Dafür werden bestimmte Mindestanforderungen (z. Bsp. beim Personal) bestimmt. Diese Anforderungen muss eine Klinik erfüllen, um die Fix-Vergütung zu erhalten.
In Kraft treten soll die Reform zum 1. Januar 2025. Erwartet wird, dass in der Folge bundesweit zahlreiche kleine Kliniken schließen müssen und dass die Krankenkassenbeiträge im nächsten Jahr deutlich steigen.
Die BKG sieht an der Reform positive Ansätze der Förderung einer Spezialisierung – warnt aber davor, dass sich die medizinische Versorgung im ländlichen Raum verschlechtern könnte. Auch dass künftig die Qualität vor allem anhand der technischen und personellen Ausstattung eines Krankenhauses festgemacht werden soll und an der Anzahl der Fälle in den neu eingeführten Leistungsgruppen, sieht die Gesellschaft kritisch.
Falls nicht, sie dürfen bestimmt mal vorbeikommen und sich informieren.