Der Aufschrei wird angesichts akuter Finanznöte lauter, deutschlandweit gehen immer mehr Krankenhäuser pleite. Laut Bayerischer Krankenhausgesellschaft (BKG) schreiben im Freistaat vier von fünf Kliniken rote Zahlen, drei Häuser stehen bereits unter einem Schutzschirmverfahren.
Auch in Unterfranken geben erste Kliniken auf. Massiv ist die Kritik am SPD-geführten Bundesgesundheitsministerium und der Bundesregierung. Wie sehr man sich aktuell im Stich gelassen fühlt – das haben die Träger unterfränkischer Kliniken und die BKG in einem eindringlichen Appell bei einer Pressekonferenz in Würzburg deutlich gemacht. Mit dabei waren mehrere Landräte und Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt.
Wie ist die Lage aktuell an den unterfränkischen Kliniken?
"Es ist fünf nach zwölf", sagt die Kitzinger Landrätin und BKG-Vorsitzende Tamara Bischof (Freie Wähler). "Die finanzielle Situation ist dramatisch", Hauptproblem sei jetzt die Liquidität. Fast alle Kliniken in Unterfranken machen teils millionenschwere Jahresverluste, die seit 2022 von den Trägern aufgefangen werden – soweit dies möglich ist.
Der Kongregation der Erlöserschwestern fehlen dazu die Mittel. "Wir bekommen als Orden keine Kirchensteuer und keinen Ausgleich durch Kommune oder Landkreis", stellte Vertreter Norbert Jäger klar. Deshalb geben die Erlöserschwestern ihre beiden Kliniken auf: In Schweinfurt hofft man auf eine Übernahme von St. Josef durch die Stadt in Verbindung mit dem Leopoldina-Krankenhaus, in Würzburg soll das Klinikum Würzburg Mitte (KWM) die traditionsreiche Theresienklinik als ambulantes OP-Zentrum nutzen.
Andere Häuser ringen mit den Defiziten. Teils werden Kredite aufgenommen, um das Weihnachtsgeld auszubezahlen. "Das wird nicht mehr lange gut gehen", warnt Leopoldina-Geschäftsführer Jürgen Winter. Leidtragende, hieß es vor der Presse, seien am Ende die Patientinnen und Patienten. Für das KWM und das Juliusspital spricht Walter Herberth von einem "Skandal", andere sehen einen "Systemfehler".
Warum kommt es seit 2022 zu diesen hohen Defiziten?
Vereinfacht gesagt: Die Kosten für die Kliniken sind durch Inflation, Energiekrise und Lohnabschlüsse deutlich gestiegen, werden aber seit 2022 nicht mehr hinreichend von den Kassen ausgeglichen. Durch ein Bundesgesetz werde dies im Moment bewusst verhindert, so die Kritik der Träger. Die Erlöslücke betrage mindestens vier Prozent.
Es droht eine "kalte Strukturbereinigung" ohne Plan, sprich: Die Schwächsten geben auf. In den letzten vier Jahren sind laut BKG zudem die stationären Behandlungen um 13 Prozent zurückgegangen. Das Fallpauschalensystem – also die Abrechnung nach einzelnen Fällen – stoße an seine Grenzen und bilde den finanziellen Aufwand nicht mehr ab. Fix- und Vorhaltekosten würden kaum berücksichtigt.
Auch dürfe man Leistungen vielfach nur noch ambulant und damit deutlich schlechter als bei einer stationären Aufnahme abrechnen. Die Klinikvertreter machen klar: Die Not liegt nicht bei den Investitionen, sondern bei den Betriebskosten – und für die sei der Bund zuständig.
Was brauchen die Krankenhäuser, um aus der Misere herauszukommen?
Im Wesentlichen schnelles Geld. Hauptforderung der Kliniken ist ein "Vorschaltgesetz", bis die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestrebte Krankenhausreform in ein paar Jahren greift. Die große Sorge ist, dass etliche Kliniken vorher in die Insolvenz gehen.
Mit einem solchen Gesetz sollen die Preise für Krankenhausleistungen und damit die Erlöse pro Behandlungsfall steigen. Hebel dazu ist der so genannte Landesbasisfallwert, er müsse schnell und deutlich angehoben werden. "Wir brauchen jetzt eine Überbrückungsfinanzierung, damit wir gesichert in die Reform einsteigen können", mahnt Jürgen Winter für das Leopoldina und fordert für die Krankenhausträger auch einen "auskömmlichen Transformationsfonds".
Bei der Ausgestaltung müsse das Bundesgesundheitsministerium auch Praktiker und Spitzenverbände einbeziehen, sie hätten bisher kaum Zugang zum Minister. Winter wörtlich: "Herr Lauterbach, hören Sie auf mit dieser Pseudo-Qualitätsdebatte!"
Wie stehen die Verantwortlichen zu einer Krankenhausreform?
Man lehne eine Krankenhausreform nicht ab, im Gegenteil: Man wolle an Strukturreformen mitarbeiten, dazu müssten die Kliniken aber solide und ausreichend finanziert sein. Durchaus kritisch sehen die Verantwortlichen die vom Gesundheitsminister angestrebten Konzentrationsprozesse. "Nicht nur die Größe darf zählen", sagt Jürgen Winter. Vielmehr sollten kleinere und größere Kliniken aufeinander abgestimmt werden und kooperieren, um eine gute Versorgung in der Fläche zu erhalten.
Was bedeuten die hohen Verluste für Gemeinden und Bürgerschaft?
Wo die Landkreise mit etlichen Millionen Euro ihre Kliniken stützen müssen, geht dies am Ende zu Lasten von Gemeinden und deren Bürgerinnen und Bürgern. Denn die Kreise refinanzieren ihre Ausgaben über eine höhere Kreisumlage. Heißt: Um eine Kreisklinik zu erhalten, könnte einer Gemeinde möglicherweise das Geld für den eigenen Kindergarten fehlen. Oder es muss an anderer Stelle gespart werden.
Dramatisch ist die Situation im Landkreis Haßberge: Landrat Wilhelm Schneider (CSU) bezifferte das Defizit der Haßberg-Kliniken laut Wirtschaftsplan auf 7,9 Millionen Euro, hinzu kämen zwei Millionen Euro für das Medizinische Versorgungszentrum – und das für einen Landkreis mit nur 85.000 Einwohnern. Man werde die Kreisumlage um neun auf 56 Prozentpunkte steigern müssen – "das hat es in Unterfranken noch nicht gegeben". Die Folge seien soziale Einschnitte an anderer Stelle, "wir können unser Geld nur einmal ausgeben".
https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/spahn-bundesrechnungshof-ausgaben-corona-100.html
aufnehmen oder richtig behandeln können, wenn das Geld von Vater Staat fehlt. Ich bin bestimmt kein Gegner, der sagt, das Kriegsländer wie die Ukraine bzw. jetzt auch Israel nicht unterstützt werden sollen, aber man kann nicht Hunderte von Milliarden zwecks Kriegstreiberei hinauswerfen, die man nie mehr wieder sehen wird und dann wieder auch
Aufbauhilfe leistet, ist alles richtig und gut, aber man darf das eigene Land nicht zu kurz kommen lassen, dass dann die Mittel fehlen, die unsere Krankenhäuser genau so dringend bräuchten.
- Investitionskosten, wie z. B. Neubauten oder neue Geräte durch die Bundesländer finanziert,
- Betriebskosten, also alle Kosten, die für die Behandlung von Patientinnen und Patienten entstehen, von den Krankenkassen bezahlt werden.
"Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schlägt Alarm: "Die seit Jahrzehnten anhaltende chronische Unterfinanzierung, vor allem durch Ausbleiben ausreichender Investitionskostenfinanzierung der Länder, droht die bisher gute Krankenhausversorgung zu gefährden", so ihr Präsident Gerald Gaß."
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/krankenhaeuser-finanzierung-105.html