Die Dimensionen sind gewaltig, die Anforderungen enorm. Die Erweiterung des Würzburger Universitätsklinikums nach Norden gilt als das größte Hochbauprojekt in Unterfranken nach dem Zweiten Weltkrieg. Kosten: über eine Milliarde Euro, allein für den ersten Bauabschnitt.
In den kommenden Jahren sollen in zwei Abschnitten die Kopfkliniken, ein Zentrum Frauen-Mutter-Kind und eine Energiezentrale neu gebaut werden. Davor muss das Grundstück dafür erschlossen werden. Der Freistaat hatte nach langwierigen Verhandlungen vor fünf Jahren eine Fläche von zehn Hektar angekauft. Seitdem laufen Vorbereitungen und Planungen – aber wann wird gebaut?
Planungs- und Bauzeit über das Jahr 2030 hinaus
Noch vor zweieinhalb Jahren dachte man im Staatlichen Bauamt Würzburg, 2025 könnten die ersten Bagger für vorbereitende Maßnahmen rollen. Damals waren die Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs frisch gekürt, aus dem Siegerentwurf entstand ein Masterplan. Für den ersten Abschnitt wurden fünf Jahre Bauzeit veranschlagt, ein weiteres Jahr für die Inbetriebnahmen.
Grit Liebau, seit 2022 im Bauamt verantwortlich für den Universitätsbau, ist bei der Frage des Zeitplans zurückhaltend. Fest steht: Vor 2030 werden die neuen Kliniken nicht in Betrieb gehen, erst im Sommer 2022 bekam man den Planungsauftrag für die Erschließung. Ein solches Großprojekt sei höchstkomplex. Unwägbarkeiten gebe es allein wegen der Vielzahl an Beteiligten, sagt Liebau.
An der Vorplanung sind laut Bauamt allein für die Klinikbauten im Moment rund 40 Fachplaner beteiligt, darunter Architektur- und Ingenieurbüros, Sachverständige und Gutachter. 15 weitere kommen für die Erschließung dazu. Mit den künftigen Nutzern – also Ärzten, Pflegepersonal, Logistikern – gab es schon 150 Besprechungen. 1500 Räume in vier Kliniken (Augen-, HNO-, Frauenklinik, Anästhesie und Radiologie) sind im ersten Bauabschnitt zu planen: eine Nutzfläche von 30.000 Quadratmetern, 275 Betten, 16 Operations- und fünf Kreißsäle.
Trotzdem: Warum dauert eine solche Planung so lange? Ein Großklinikum ist kein Wohnhaus, es ist ein "lebender" Bau mit unzähligen Leitungen und Schnittstellen, technisch und medizinisch muss alles funktionieren. "Die Herausforderung liegt in der Verzahnung mit der erforderlichen Infrastruktur, der Erschließung, den unterirdischen Medienkanälen und der Energiezentrale", sagt Liebau.
Hinzu kommt die Erwartung von Patientinnen und Patienten: Sie sollen gesund werden. Deshalb werde bei den Räumen heute auf mehr Qualität und Komfort geachtet, erklärt die Baudirektorin. So versucht man auch, mehr Tageslicht in die Untersuchungs- und Behandlungsräume zu bringen, ohne dass sie sich im Sommer zu sehr erwärmen.
Bauministerium will fossile durch regenerative Energien ersetzen
Und dann ergeben sich Änderungen, die vor drei Jahren noch weniger dringlich schienen. Bei der Energieversorgung will Bayern jetzt loskommen von fossilen Trägern wie Erdgas und fordert aufgrund umweltpolitischer Ziele die Umstellung auf regenerative Energien. Klimawandel und Ukraine-Krieg lassen grüßen.
"Ein Klinikum benötigt sehr viel Energie", erklärt Liebau – und zwar weniger zum Heizen, sondern vor allem für die Kälte- und Dampferzeugung sowie für einen permanenten Luftaustausch. Eigentlich war für die neue Energiezentrale eine hocheffiziente Gasanlage geplant. Nun sollen Wärme und Kälte fast ausschließlich regenerativ erzeugt werden – mittels zahlreicher Wärme- und Kältepumpen, Geothermie, Photovoltaik und Eisspeicher.
Für Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden Dächer und teilweise auch Fassaden begrünt, der Sonnenschutz wird immer wichtiger. Grundrisse, Schnitte, Ansichten: Die Pläne auf dem großen Besprechungstisch zeigen, wie kleinteilig und umfangreich die Planung für den Klinikausbau ist. "Wir müssen bei jedem Schritt auch die Wirtschaftlichkeit nachweisen", sagt Projektgruppenleiterin Eva Sacher, "und jede Menge Gutachten einholen".
Nach der Vorplanung muss der Landtag die Gelder freigeben
All dies koste Zeit. Wegen der Dimension und der Art des Baus könne man sich kaum auf vergleichbare Beispiele stützen. Für die Stromversorgung muss ein eigenes Umspannwerk errichtet werden.
Ist die aktuell laufende Vorplanung abgeschlossen, können die Kosten neu geschätzt werden. Dann geht das Vorhaben ins bayerische Kabinett und in den Haushaltsausschuss des Landtags. Nach dortiger Freigabe folgt die Entwurfsphase einer weiterführenden Planung.
Einer, der seit Jahren politisch Druck macht für einen zügigen Klinikausbau, ist der Ochsenfurter SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib. Jüngst wandte er sich mit einer parlamentarischen Anfrage dazu an die Staatsregierung. In der gemeinsamen Antwort von Wissenschafts- und Bauministerium hieß es, die Planung der Norderweiterung werde "mit Hochdruck verfolgt".
Der Grundsatzbeschluss für den Ausbau der Uniklinik ist demnach im Haushaltsausschuss für die erste Sitzung nach der Sommerpause im September oder Oktober vorgesehen. Mitte 2025 sollen die Projektunterlagen für die Erschließung und die Energiezentrale folgen. Ausweichend äußern sich die Ministerien allerdings zum weiteren Fortgang: "Aussagen zum Zeitplan können belastbar erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden."
Es gab schon einmal einen ehrgeizigen Plan für den Neubau der Kopfklinik. Laut diesem Plan müsste sie eigentlich schon fast fertig sein.