
Der Würzburger Wohnungsmarkt ist angespannt. Familien, Studierende und finanziell benachteiligte Bevölkerungsgruppen konkurrieren um das spärliche Angebot bezahlbaren Wohnraums. Immer wieder versuchen einige Vermieterinnen und Vermieter Kapital aus diesem Ungleichgewicht zu schlagen, Mieterinnen und Mieter sehen sich häufig in der schwächeren Position.
Die Thematik rückte – auch durch die Berichterstattung dieser Redaktion – immer mehr ins öffentliche Bewusstsein. Sechs besonders eklatante Mietkonflikte haben in den vergangenen Jahren in Würzburg für Aufsehen gesorgt.
1. Lockdown ausgenutzt: Würzburgerin vermietet Wohnung doppelt

Das Entsetzen, das die koreanische Studentin Yuna Seo (Name geändert) gespürt haben muss, als sie im Jahr 2020 nach drei Monaten Corona-Lockdown wieder nach Deutschland einreisen konnte, ist nur schwer vorzustellen: Möbel, Geschirr und Kosmetika waren aus ihrer Wohnung im Würzburger Stadtteil Grombühl verschwunden, verbrannt oder verdreckt. Stattdessen fand sie Essensreste, eine benutzte Zahnbürste und fremden Dreck an der Klobürste in ihrem Badezimmer.
Wie sich herausstellte, hatte ihre Vermieterin die Wohnung während ihrer Abwesenheit ohne Rücksprache doppelt vermietet. Die Vermieterin leugnete dies zunächst, Yuna Seo musste einen Rechtsanwalt einschalten. Zwar konnte dieser rechtliche Ansprüche seiner Mandantin geltend machen, die Studentin zeigte sich im Nachgang jedoch traumatisiert und begab sich in therapeutische Behandlung. Die Berichterstattung dieser Redaktion half ihr dabei, eine neue Wohnung zu finden.
2. Kameras und Betrugsvorwürfe im Würzburger Denckler-Block

Der Denckler-Block in der Zellerau ist bekannt für heruntergekommene WG-Zimmer, lange Zeit vergleichbar günstige Mietpreise und sein mehrheitlich linksalternatives Publikum. Entsprechend groß war der Aufschrei, als dort im März 2021 plötzlich flächendeckend Kameras im Außenbereich und in den Innenhöfen installiert worden waren. Nach der Berichterstattung dieser Redaktion meldeten sich einige Bewohner des Denckler-Blocks und klagten über heftige Konflikte mit dem Vermieter.
Dieser, so der Vorwurf damals, treibe die Miete mit betrügerischen Maßnahmen hoch. Der Vermieter hingegen klagte über Vandalismus. Die Kameras sind inzwischen verschwunden, die Konflikte halten jedoch an: Immer wieder erreichen die Redaktion Beschwerden über den Umgang des Vermieters mit mündlichen Mietverträgen, an die dieser sich oftmals nicht errinnern wolle. Ein Phänomen, das auch dem Würzburger Mieterverein nach eigener Aussage bekannt ist.
3. Eklatante Brandschutzmängel: Grombühl-Haus wird zwangsgeräumt

Weil ein Würzburger Immobilien-Unternehmer in einem ehemaligen Bürogebäude dutzende Wohnungen rechtswidrig errichtet und dabei nicht für ausreichend Brandschutz gesorgt hatte, veranlasste die Stadt Würzburg im März 2022 eine teilweise Zwangsräumung des Gebäudes. Vorangegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit sowie eine monatelange Phase der Unsicherheit für Bewohnerinnen und Bewohner des Gebäudes.
Bewohnt worden war das Haus mehrheitlich von Personen mit Migrationshintergrund sowie von Menschen, denen die Obdachlosigkeit drohte. Der Vermieter zeigte sich bei der Problemlösung wenig kooperativ, sodass die Stadt für alternativen Wohnraum für die Betroffenen sorgen musste. Nach langer Vorbereitung wurde das Haus von zahlreichen Polizeikräften geräumt. Die meisten Betroffenen hatten eine Alternative gefunden, eine Person wurde in einer Obdachlosenunkunft untergebracht.
4. Familie mit Kind klagt über Rattenplage in Würzburg-Heidingsfeld

Noch vor der Zwangsräung in Grombühl meldete sich Ende 2021 eine Familie aus Heidingsfeld bei der Redaktion und berichtete von Schwierigkeiten mit demselben Vermieter. Dieser vermiete Wohnungen auf einem mit Sperrmüll vollgestelltem Grundstück, das an ihr eigenes angrenze. Zwischen dem Sperrmüll habe sich eine zunehmende Rattenplage entwickelt, mit der die Familie mitsamt ihren zwei Kinder regelmäßig – angeblich sogar im eigenen Haus – konfrontiert sei.
Die Stadt Würzburg bestätigte die Rattenplage und machte mehrere Kontrollbesuche auf dem Grundstück, woraufhin der Vermieter Maßnahmen gegen die Plage ergriff. Der Fernsehsender Sat. 1 produzierte eine dramatische Reportage zu dem Fall, nach Angaben der Stadt Würzburg war das Problem zum Zeitpunkt der Ausstrahlung jedoch bereits aus der Welt geschafft. Die Familie widersprach dem gegenüber der Redaktion und berichtete von weiteren vereinzelt gesichteten Ratten.
5. Ermittlungen: Würzburger Jobcenter bezahlt Wohnraum, den es nicht gibt

Einen mutmaßlichen Mietbetrug im großen Stil deckte die Redaktion im Mai dieses Jahres auf. Ein Vermieter, damals Besitzer von 14 Häusern, hatte dem Jobcenter offenbar mehrfach zu hohe Quadratmeterzahlen von Wohnungen für Sozialhilfeempfängern mitgeteilt – in Einzelfällen waren die Angaben fast verdreifacht. Die Stadt Würzburg räumte ein, von dem möglichen Betrug gewusst zu haben, war jedoch trotz eines anonymen Hinweises zunächst untätig geblieben.
Der anonyme Hinweis, schrieb die Stadt, habe erst nach "längerer Recherche einem konkreten Fall zugeordnet" werden können und sei dann der Stadtverwaltung übergeben worden. Der Fall sei aber erst nach Anfrage dieser Redaktion Anfang April "verifiziert worden". Im Anschluss an die Berichterstattung der Redaktion erstattete die Stadt Würzburg Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit "wegen des Verdachts des Betruges gegen Unbekannt".
6. Absicht des Vermieters? Familie monatelang ohne Gas und Wasser

Körperpflege mit der Schöpfkelle, Abspülen aus dem Eimer – bei Familie Ashour aus dem Würzburger Stadteil Grombühl war das für rund drei Monate Alltag, denn sie war in ihrer Wohnung von Gas, Wasser und zwischenzeitlich von Strom abgeschnitten. Laut Vater Mohammed Ashour ist der Vermieter dafür verantwortlich. Dieser wolle die Familie trotz gültigem Mietvertrag aus der Wohnung vertreiben, um diese zu sanieren und dann deutlich teurer zu vermieten.
Der Vermieter widerspricht dem und macht bauliche Probleme für die Misere verantwortlich. Nach langem Hin- und Her ist Familie Ashour inzwischen übergangsweise in eine vom Vermieter bereitgestellte Wohnung umgezogen. Der Vermieter sieht eine Entspannung der Lage, Familie Ashour hingegen fühlt sich weiterhin drangsaliert. Die Angelegenheit wurde vor dem Amtsgericht verhandelt und liegt inzwischen als Berufungsverfahren beim Oberlandesgericht.