Im Würzburger Dencklerblock eskaliert die Stimmung. Nach einem Bericht dieser Redaktion über vom Vermieter installierte Kameras meldeten sich Mieter mit neuen Vorwürfen. Von Schikane und Betrug ist die Rede. Der Vermieter hingegen spricht von Vandalismus und illegaler Hausbesetzung. Doch auch unter den Mieterinnen und Mietern gibt es Differenzen.
"Als Bewohner:innen des Blocks sehen wir keine andere Möglichkeit, als an die Öffentlichkeit zu gehen", schreibt Mieter Marius F. (Name geändert) an die Redaktion. Sein Vorwurf: Der Vermieter treibe die Miete mit betrügerischen Maßnahmen hoch und lasse den Denckler im Innern verkommen.
So sei über Jahre eine Gebäudeversicherung in Höhe mehrerer Tausend Euro abgerechnet und auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt worden. Bei einer Einsichtnahme in die Betriebskosten habe der Vermieter jedoch keine Belege für die Existenz einer Versicherung vorgelegt. "Für uns sprechen diese Indizien eine klare Sprache", sagt Marius F. Und das sei nur der Anfang.
Repressalien für Kritiker im Würzburger Denckler?
"Marode Elektronik in Form von durchbrennenden Kabeln und Schimmel an der gesamten Innenseite der Außenwand aufgrund undichter Regenrinnen sind Alltag im Denckler", so Marius F.. Der Vermieter kenne die Mängel, repariere diese aber nur, wenn Kosten auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden könnten.
Gleichzeitig werde der Block optisch aufgehübscht, um ihn attraktiver für ein zahlungskräftigeres Publikum zu machen. So sei zwar die Fassade gestrichen und das Dach modernisiert worden. Aber: "Die mangelhaften Wohnungen werden weiterhin nicht instand gehalten." Durch die Verwendung von billigem Material ginge zudem der Charakter des denkmalgeschützten Blocks verloren: Die einstmals typisch fränkischen Biberschwanzziegel seien durch herkömmliche Flachdachpfannen ersetzt worden, die gemauerten Kamine mit billigem Blech ummantelt.
Wer derartige Probleme thematisiere, so F. weiter, müsse mit Repressalien rechnen. Zahlreiche Kameras in allen Bereichen des Blocks seien gezielt installiert worden, um unliebsame Mieterinnen und Mieter auszuspionieren. Zudem breche der Vermieter systematisch mündliche Mietverträge, wie sie im Denckler oftmals verwendet werden. Damit wolle er kritische Stimmen loswerden oder teurere Mieten erzwingen.
Vermieter: Es geht um Sachbeschädigung und Vandalismus
Was ist dran an den Vorwürfen? Der Redaktion liegen abfotografierte Dokumente mit Briefkopf der Dema von 2015 und 2016 vor, in denen je etwa 6500 Euro für eine Gebäudeversicherung aufgeführt werden. Beigefügten Überweisungsscheinen ist zu entnehmen, dass Geld von einem Konto der Dema auf ein anderes Dema-Konto geflossen sein soll. Ob das Geld an eine Versicherung abgeführt wurde, ist auf den vorliegenden Dokumenten nicht ersichtlich.
Konfrontiert mit dem Vorwurf des möglichen Betrugs, antwortet die Dema-Invest: "Es gab 2015/2016 die erste 'Umbruchphase' (Ablösung der Hausverwaltung) bei gleichzeitiger notwendiger Anpassung der Versicherungspolicen." Ob die abgerechnete Versicherung existiert hat, beantwortet Dema-Invest nicht.
Tanja Staab, Vorsitzende des Würzburger Mietervereins und und Fachanwältin für Mietrecht in der Kanzlei Bruno Fraas & Partner sagt dazu: "Wenn ein Vermieter in der Betriebskostenabrechnung bewusst Kosten für eine Versicherung geltend macht, welche in Wahrheit nicht existiert, und das Geld für eigene Zwecke nutzt, kann der objektive Straftatbestand des Betruges erfüllt sein."
Dies sei durch die existierenden Dokumente nicht abschließend belegt: "Die Belege beweisen nur, dass der Betrag, der für eine Versicherung vorgesehen war, zunächst auf ein weiteres Konto der Dema geflossen ist." Ob die Gelder im Anschluss auf anderem Weg an eine Versicherung gezahlt wurden, geht aus den Recherchen der Redaktion nicht hervor.
Zur ebenfalls kritisierten Videoüberwachung sagt Dema-Invest: "Es geht um Sachbeschädigung durch Graffitis, Vandalismus und Einbrüche. Die Videoüberwachung ist nach Rücksprache mit der Polizei in Ordnung. Dem Landesamt für Datenschutz haben wir ausführlich Stellung bezogen." Der Antwort beigefügt sind zahlreiche Fotos von Schmierereien etwa mit dem Schriftzug "Der Denckler bleibt dreckig".
Vermieter kündigt zahlreiche Reparaturarbeiten an
Dazu sagt Anwältin Staab: "Für die Beurteilung der Zulässigkeit von Beobachtungs- und Überwachungsmaßnahmen ist vor allem von Bedeutung, zu welchem Zweck die Kamera eingesetzt wird." Kameras seien rechtmäßig, wenn sie zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich sind, was im Falle des Dencklers der Fall sein könnte.
Eindeutiger sei die Lage bei den baulichen Mängeln: "Tritt Schimmel in Mietwohnungen auf, hat der Mieter einen Anspruch auf Beseitigung des Schimmels gegen den Vermieter auf dessen Kosten, sofern die Ursache baulich bedingt ist." Bei technischen Mängeln könne in jedem Fall ein Mindeststandard erwartet werden, der zeitgemäßes Wohnen ermögliche. "In jedem Fall muss eine Wohnung ohne Gesundheitsgefährdungen genutzt werden können." Verantwortlich dafür sei der Vermieter.
Dazu die Dema-Invest: "In den nächsten vier bis fünf Jahren werden alle Hauptwasserzuleitungen sowie die Hauptstromleitungen ausgetauscht. Die Elektroinstallationen in einzelnen Wohnungen werden erst bei vollständigem Auszug der Bewohner einer Wohnung vollständig erneuert. Ein Austausch in einer bewohnten Wohnung ist nicht möglich. Gemeldete Schäden am Dach werden von unseren Dachdeckern umgehend behoben."
Mieterverein hat häufig mit Konflikten im Denckler zu tun
Zum Vorwurf der angeblich gebrochenen mündlichen Mietverträge schreibt die Dema-Invest: "Aufgrund einer gerichtlichen Auseinandersetzung haben wir uns dazu entschieden, keine Nachträge zu Mietverträgen mehr anzubieten." Grund dafür sei eine illegale Wohnungsbesetzung, präzisiert Dema-Chef Jörg Demel im Gespräch.
Als Anwältin des Mietervereins habe sie oft mit Konflikten im Dencklerbock zu tun, stellt Tanja Staab dem entgegen. Oftmals würde WGs die Auswechslung eines Mitglieds mündlich zugesichert, mit dem Zusatz, dass dafür eine Kündigung des Mietvertrags nötig sei, die bisherigen Konditionen aber erhalten blieben. "Nach der Kündigung möchte sich der Vermieter an ein solches Versprechen nicht mehr erinnern", so Staab. Die Mieter müssten dann oft ungünstigere Konditionen akzeptieren.
Dennoch erlebe sie die Dema-Invest auch als kompromissbereiten Verhandlungspartner, reines Lagerdenken werde der Angelegenheit nicht gerecht. Dass die Angelegenheit komplex ist, zeigt auch ein Gespräch mit Simon K. (Name geändert). K. hatte sich im Zuge der Recherchen an die Redaktion gewandt und sich als Vertreter einer vermieterfreundlichen Fraktion im Denckler ausgegeben.
Stadt Würzburg sieht keine Gründe, im Denckler aktiv zu werden
"Wir finden gut, dass im Denckler endlich etwas gemacht wird", sagt K. Seinen echten Namen will er aus der Öffentlichkeit fern halten, da er befürchtet, dass ansonsten Schmierereien an seiner Wohnung auftauchen. "Jedem, der hier wohnen will, muss bewusst sein, dass der Denckler verrottet, wenn nichts gemacht wird", so K. weiter. Dafür müssten auch steigende Mieten in Kauf genommen werden.
Wie kann eine Lösung für den Denckler aussehen? "Gerne biete ich den wenigen Dauer-Nörglern Folgendes an: Kündigung ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von drei Monaten", schreibt Dema-Chef Demel.
"Unsere Idealvorstellung ist, dass die Stadt den Denckler als Würzburger Kulturgut kauft und die Lebensbedingungen ohne Profitstreben erhält", sagt hingegen Marius F.
Doch die Stadt will davon nichts wissen: "Diese Frage hat sich bei der Stadt konkret nie gestellt (kein Angebot, kein Vorkaufsrecht, keine zwingenden Gründe aktiv zu werden)", heißt es auf Anfrage der Redaktion. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Dencklers und der Eigentümer, sie werden sich irgendwie arrangieren müssen
Die Idee mit der Stadt? Jo, soweit die "anderen" Bürger und deren Kinder und Enkel nicht die "Lebensbedingungen ohne Profitstreben" für einige wenige subventionieren müssen. Dann müssten aber wahrscheinlich die Mieten deutlich steigen.
Schon allein basierend auf diesen Mustern lässt sich erahnen, bei wem ein Fehlverhalten tatsächlich zu suchen ist.
der Vermieter hat offensichtlich keinen Respekt vor Eigentum!
Das Grundgesetz sagt in Artikel 14 ganz klar "Eigentum verpflichtet". Und übrigens kann bei Mißbrauch auch enteignet werden.
Vor allem gibt es kein Grundrecht auf Spekulationgewinne!
Gegen angemessene Rendite hat niemand etwas.
Aber was man hier vernimmt ist kriminell und klarer Mißbrauch von Eigentum.
Das dumme Geschwätz von "sozialistische Gedankengut" ist völlig unangebracht!
Dencklerblock - ich schmeiß mich weg.
Sie sollten dringend Makler werden!
Und Mietverträge (in der heutigen Zeit) mündlich abschließen?
Gibt es sowas nicht nur im Wolkenkuckucksheim?
Und Stromleitungen immer nur dann auszurechnen, wenn Mieter ausziehen und nicht auf einmal, dass stelle ich mir auch nicht ganz einfach, sondern nur mit einem erhöhten Aufwand vor.
@MP: Teure Mieten gibt's nirgends, weil man Mieten nicht kaufen kann, nur niedrige oder hohe. Klingt langweilig, ist aber so. Gern geschehen.
Ansonsten: Good luck den bedauernswerten Mietern dort. Und jetzt als nächstes mal einen spannenden Bericht über die Zustände in Mietwohnungen des berüchtigten St.-Bruno-Werks. Was ich da einst an Löchern schon gesehen habe...