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Würzburg/Schweinfurt
Garne, Papier, Zucker, Essig, Gips und Joghurt: Welche Unternehmen in Unterfranken die größten Wasserrechte haben
Wird der Wassermangel zu einem Risiko für Betriebe? Für welche Produkte in Unterfranken am meisten Wasser entnommen wird – und wie die Firmen Wasser sparen.
Von Chemiegarn bis Joghurt: Für die Herstellung dieser Produkte in Unterfranken wird viel Wasser benötigt. Eine Umfrage unter den 60 größten Wasserentnehmern zeigt: Viele Firmen sparen Wasser.
Foto: Adobe Stock | Von Chemiegarn bis Joghurt: Für die Herstellung dieser Produkte in Unterfranken wird viel Wasser benötigt. Eine Umfrage unter den 60 größten Wasserentnehmern zeigt: Viele Firmen sparen Wasser.
Angelika Kleinhenz
 und  Jonas Keck
 |  aktualisiert: 04.07.2024 02:45 Uhr

Welche Industriebetriebe in Bayern gebührenfrei Wasser aus der Natur entnehmen dürfen? Für die Öffentlichkeit blieb das ein Geheimnis. Erstmals zeigen jetzt gemeinsame Recherchen der Main-Post und des Bayerischen Rundfunks (BR), welche Wirtschaftszweige in Unterfranken die größten Entnahmerechte besitzen und welche Firmen dahinterstehen.

Die beiden Redaktionen haben aus den Auskünften von Umweltministerium, unterfränkischen Wasserwirtschaftsämtern, Landratsämtern und kreisfreien Städten Daten zusammengetragen. 

Dazu versandte das Recherche-Team an die 60 größten Wasserentnehmer in Unterfranken einen Fragebogen zu ihrer Wassernutzung. 25 Firmen reagierten nicht oder schrieben, sie geben keine Auskunft. 35 Industriebetriebe antworteten, teils ausführlich, wofür sie das Wasser brauchen und wie sie Wasser sparen.

Ein Blick auf die interessantesten Fakten aus den Antworten.

Wie viel Wasser wird in Unterfranken der Natur entnommen?

In Unterfranken gibt es knapp 2000 privatnützige Wasserrechte. Darunter sind 70 große Rechte, bei denen die 60 Entnehmer jährlich jeweils mehr als 100.000 Kubikmeter Wasser aus Grundwasser, Main oder kleineren Flüssen und Seen pumpen dürfen. Unterfrankenweit machen die Großentnehmer etwa 95 Prozent der gesamten genehmigten Entnahmemenge aus.

Laut der Datenauswertung von Main-Post und BR dürfen alle Großentnehmer zusammen aus dem Grundwasser in Unterfranken jährlich 30 Millionen Kubikmeter abpumpen. Aus dem Main sind es 263 Millionen Kubikmeter und aus den kleineren Flüssen und Seen etwa 19 Millionen Kubikmeter Wasser.

Wie sind die Entnahmen zu bewerten?

Die Entnahmen kann man nicht pauschal bewerten, man muss unterscheiden. Das Wasser, das in Unterfranken aus dem Main entnommen wird, werde zu einem großen Teil als Kühlwasser genutzt und erwärmt wieder ins Gewässer zurückgeleitet, sagt Birgit Imhof, Leiterin des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen.

Größere ökologische Folgen haben Entnahmen, bei denen das Wasser dem System komplett entzogen wird, erklärt der Augsburger Hydrologe Prof. Harald Kunstmann. Etwa, wenn es in einem Produktionsprozess verbraucht wird. Entnahmen aus dem Grundwasser seien kritischer zu bewerten als Entnahmen aus Flüssen oder Bächen, sagt der Hydrologe. Grundwasser sei eine der wertvollsten Ressourcen – und "regional und temporär" werde sie in Deutschland vielerorts knapp.

Welche Branchen haben die größten Wasserrechte?

Das meiste Mainwasser in Unterfranken nutzen zwei Energieversorger zur Kühlung ihrer Kraftwerke: Preussen-Elektra mit dem sich im Rückbau befindenden Atomkraftwerk in Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) und die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) mit dem Heizkraftwerk. Große Mengen Mainwasser entnehmen zudem Unternehmen aus der Chemie- und Kunststoffindustrie, aus dem Maschinenbau, der Automobil- und Elektroindustrie sowie der Lebensmittelindustrie.

Garne, Papier, Zucker, Essig, Gips und Joghurt: Welche Unternehmen in Unterfranken die größten Wasserrechte haben

Die größten Grundwasser-Nutzer in Unterfranken sind Unternehmen aus der Chemie- und Kunststoffindustrie sowie der Papierindustrie. Größter Entnehmer ist die Mainsite, Betreiberfirma des Industriecenters Obernburg im Landkreis Miltenberg. Dort greifen mehr als 30 Firmen, unter ihnen große Chemiefaser-Hersteller, auf dasselbe Wasserrecht zu. Es folgen die Papierfabriken Palm in Eltmann im Landkreis Haßberge und Fripa in Miltenberg.

Weitere große Entnahmerechte aus dem Grundwasser haben landwirtschaftliche Beregnungsverbände in den Landkreisen Kitzingen, Schweinfurt und Würzburg sowie die Lebensmittelindustrie, etwa das Danone-Werk in Ochsenfurt, und Getränkehersteller wie Würzburger Hofbräu oder Franken Brunnen in Bad Kissingen.

Sparen die Unternehmen Wasser?

Fast alle 35 Großentnehmer, die der Redaktion geantwortet haben, geben an, seit langem große Anstrengungen zu unternehmen, um Wasser zu sparen.

"Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unseren weltweiten Wasserverbrauch bis 2032 um rund 20 Prozent zu reduzieren", heißt es zum Beispiel aus der Unternehmenszentrale von Knauf in Iphofen (Lkr. Kitzingen). Die Firma brauche Wasser zum Anmischen von Gips für die Herstellung von Gipskartonplatten. Nahezu 100 Prozent des entnommenen Wassers werde verbraucht. Um Wasser zu sparen, wolle man Wasser durch Kondensation zurückgewinnen und den eingesetzten Gips modifizieren. In den vergangenen fünf Jahren habe man die Wassermenge in der Produktion um etwa zehn Prozent senken können.

Bei SKF in Schweinfurt fanden nach Angaben des Unternehmens in den Jahren 2000 bis 2010 große Wassersparmaßnahmen statt. Der Wasserbezug der Schweinfurter SKF-Werke habe sich seither halbiert. SKF nutze Trink-, Regen- und Mainwasser. Das Wasser aus dem Main diene der Kühlung von Maschinen, Anlagen und Gebäuden und werde in nahezu gleicher Menge wieder in den Main zurückgeleitet. 

Der Lebensmittelproduzent Kühne in Sennfeld (Lkr. Schweinfurt) benötigt nach eigenen Angaben Brunnen- und Trinkwasser für die Herstellung von Essig, Gurken und Senf. Essig bestehe zu 95 Prozent aus Trinkwasser, die Reinigung der Maschinen und Anlagen sei aufwändig. Um Wasser zu sparen, produziere man mittlerweile möglichst viel Essig am Stück. Seit Jahren sei der Wasserverbrauch rückläufig.

Auch die Großwäscherei Weiss Tex GmbH, die 47 Kliniken, über 100 Pflege- und Seniorenheime sowie zahlreiche Arztpraxen mit Miettextilien versorgt, spart nach eigenen Angaben seit Jahren Wasser. Die Wäschereitechnik sei immer energieeffizienter geworden. "Der Wasserverbrauch lag vor 20 Jahren noch bei deutlich über 15 Liter pro Kilo Wäsche, heute liegt der Durchschnittsverbrauch aller Verbraucher bei etwa 7 Liter pro Kilo Wäsche", so Weiss Tex.

Wassermangel: Wird die Verfügbarkeit von Wasser zu einem Unternehmensrisiko?

Seit 18 Jahren sinken die Grundwasserstände in Unterfranken. In heißen Sommern führen viele Flüsse immer häufiger Niedrigwasser. Wird die Wasser-Verfügbarkeit im Klimawandel zu einem unternehmerischen Risiko in der Region? Diese Frage bewerten Unternehmen sehr unterschiedlich.

Aus dem Danone-Werk in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) heißt es, vor Ort gebe es sehr große Grundwasservorkommen. Dies sei vor über 50 Jahren mit ausschlaggebend dafür gewesen, das Werk am jetzigen Standort zu errichten. "Deswegen und aufgrund unseres verantwortungsbewussten Umgangs mit der Ressource" habe man bisher "keinerlei Schwierigkeiten", die notwendigen Wassermengen von den Behörden bewilligt zu bekommen.

Auch die Südzucker AG in Ochsenfurt sieht kein unternehmerisches Risiko in der schwankenden Verfügbarkeit von Wasser. Wasserbedarf habe die Fabrik vor allem im Herbst und Winter, wenn die Zuckerrüben verarbeitet werden. In dieser Zeit seien die Pegelstände im Main und Grundwasser hoch. Beim Anbau würden Zuckerrüben nicht bewässert.

Anders sieht es die DS Smith Paper Deutschland GmbH in Aschaffenburg. In der Papierfabrik werden jährlich rund 420.000 Tonnen Wellpappenrohpapiere für Verpackungen produziert - zu 100 Prozent aus Altpapier. Wasser sei für die Papierproduktion essenziell. Derzeit beziehe das Werk sein Frischwasser aus der Aschaff, Nebenfluss des Mains. Im Hitzesommer 2022 führte die Aschaff so wenig Wasser, dass der Fluss den Wasserbedarf der Papierfabrik erstmals in der Werksgeschichte nicht mehr decken konnte. Jetzt plane der Papierhersteller eine Fernleitung zum Main. Geschätzte Investitionskosten: rund 15 Millionen Euro.

 
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