
Erst tröpfelte es ganz zaghaft, dann fielen die Tropfen stärker auf den Boden. Beginnend mit dem frühen Donnerstagmorgen hörte man ein Geräusch, das schon lange nicht mehr zu vernehmen war. Es regnete. Endlich war er da, der lang ersehnte Regen. Es waren keine allzu ergiebigen Mengen, aber über einen längeren Zeitraum ging stellenweise ein steter Landregen über Rhön-Grabfeld nieder. Ist der Regen ein Tropfen auf dem heißen Stein oder bringt er etwas Entspannung? Was sagen dazu ein Gärtner, Vertreter des Wasserwirtschaftsamts und eines Wasserzweckverbands, ein Forstmann, ein Landwirt, ein Wetterbeobachter und ein Angler?
1. Michael Löhr, Kleingärtner aus Bad Königshofen: "Der Regen kam für die Gärtner viel zu spät."

14 Liter pro Quadratmeter zeigt der Regenmesser im Garten von Michael Löhr, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Bad Königshofen-Ipthausen. Trotzdem steht für ihn fest: Der Regen kam um einige Wochen zu spät. Jetzt sei nichts mehr zu retten, weder bei den Blumen noch beim Gemüse. "Das muss ich alles herausreißen, umgraben und dann neu bepflanzen."
Eventuell erhole sich der durch die Sonne verbrannte Rasen noch etwas und vielleicht auch einige Sträucher. Mehr aber nicht. "Die Gartenzeit ist vorbei", so der 71-Jährige. Sein Vorteil ist das Gewächshaus, in dem er unter anderem Tomaten und einiges mehr angepflanzt hat und so das Gemüse durch die heißen Sommermonate gebracht hat.
2. Mathes Limprecht vom Wasserwirtschaftsamt: "Es müsste halt weiter regnen."

Es war ein "schöner flächiger Regen", zeigt sich der aktuell für Rhön-Grabfeld zuständige Abteilungsleiter am Wasserwirtschaftsamt in Bad Kissingen, Mathes Limprecht, reichlich erfreut über das Ende der Trockenperiode in der Nacht zum Donnerstag. Bei den gleichmäßigen Niederschlägen ohne größere Starkregen seien auch keine Hochwasserprobleme aufgetreten.
"Es müsste halt jetzt weiter regnen", wünscht sich der Fachmann und blickt dabei optimistisch auf die Wettervorhersagen für die kommenden Tage. In den vergangenen Monaten sei ein Defizit bei der Regenmenge von rund 150 Liter aufgelaufen. Er hofft nun, dass das Minus im Rest des Jahres noch etwas aufgeholt werden könne. Dass es ganz ausgeglichen wird, erwartet Limprecht aber eher nicht.
Auch die Situation an den Gewässern, die sehr angespannt gewesen sei, dürfte sich nun entspannen. Kolleginnen und Kollegen hätten ihm berichtet, dass sie an manchen Gewässern noch nie so niedrige Wasserstände beobachtet hätten. Damit seien natürlich auch ökologische Schäden verbunden, die aber wohl keine extremen Ausmaße angenommen haben dürften. Allerdings müsse man noch etwas abwarten, da sich manche Probleme erfahrungsgemäß erst in den folgenden Wochen entwickeln. So könnten zum Beispiel die nun absterbenden Algen in Verbindung mit weniger Sonneneinstrahlung zu einem stark abfallenden Sauerstoffgehalt in Gewässern führen.
3. Michael Derleth, Biolandwirt aus Salz: "Ich freue mich über jeden Tropfen."

"Es war ein traumhafter Anblick." Als Landwirt Michael Derleth am Donnerstagmorgen zu seinen Hühnern ging, sah er etwas, das ihn ungemein freute. Nahezu alle Hühner waren draußen und scharrten und wälzten sich in der nach dem Regen feuchten und weicher gewordenen Erde. Endlich mussten ihre Krallen sich nicht mehr durch die harte, trockene Erde quälen. Es hätte zwar deutlich mehr Regen sein können, aber immerhin, sagt Derleth, der rund 2000 Legehennen hat und darüber hinaus mit seiner Familie über 200 Hektar Land bewirtschaftet. "Ich freue mich über jeden Tropfen", meint der Vollerwerbsbiobauer.
Am Tag zuvor wurden Kartoffeln geerntet. Deren Anblick machte den 44-Jährigen nicht so glücklich. Die Kartoffeln sind nur halb so groß, wie letztes Jahr. Außerdem ist die Ernte derzeit nicht einfach. Die scharfkantigen trockenen Erdknollen würden an den zarten Kartoffelknollen reiben. Das führe zu Qualitätseinbußen.
Neben Kartoffeln bauen die Derleths noch Getreide, Sonnenblumen, Kleegras und Hirse an. Hirse kommt mit wenig Wasser gut zurecht und dient als Hühnerfutter. Vor allem beim Getreide und bei den Sonnenblumen müssen dieses Jahr aufgrund der langen Trockenheit Ernteeinbußen in Kauf genommen werden. "Vielleicht regnet es ja noch", hofft Michael Derleth, der auch stellvertretender Kreisobmann des bayerischen Bauernverbandes ist. Vor allem den Kartoffeln könnte weiterer Regen zugutekommen.
4. Hilmar Mauer, Wetterbeobachter aus Merkershausen: "Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein."

Endlich wieder Niederschläge, die für ein vorläufiges Ende der langen Trockenheit sorgten: Am Donnerstagvormittag regnete es im Grabfeld, das zu den trockensten Gebieten in Deutschland zählt, so ergiebig wie schon lange nicht mehr. Darüber freut sich natürlich auch Hilmar Mauer aus Merkershausen, der an seiner Wetterstation seit über 30 Jahren für den Deutschen Wetterdienst Wetterdaten sammelt.
"Es ist schön, dass endlich wieder Regen gefallen ist", so der langjährige Wetterbeobachter, der im abgelaufenen Monat August gerade mal neun Liter Niederschlag pro Quadratmeter registrierte – ein extrem niedriger Wert für diesen Sommermonat. Auch in den Monaten zuvor war es laut Mauer schon viel zu trocken. "Der Regen jetzt Anfang September ist deshalb auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", meint Mauer. "Auch wenn es in den nächsten Tagen und Wochen immer wieder regnen sollte, ist das Regendefizit für dieses Jahr nicht mehr aufzuholen."
Der Merkershäuser beobachtet schon lange eine stetige Abnahme der jährlichen Niederschlagsmenge. "Die langjährigen Mittel gehen seit Jahrzehnten zurück." Was das für das Grundwasser oder auch die Land- und Forstwirtschaft bedeutet? Hilmar Mauer drückt es deutlich aus. "Das ist eine Katastrophe."
5. Christian Kick, Verwaltungsleiter beim Wasserzweckverband Bad Königshofen: "Das Wasserspargebot bleibt mindestens bis ins nächste Jahr hinein bestehen."

Auch Christian Kick hat sich gefreut, als es nach längerer Zeit endlich wieder kräftig zu regnen begann. "Für die Vegetation und Hobbygärtner war das natürlich sehr gut", so der Verwaltungsangestellte aus Gleichamberg, der selbst einen eigenen Garten hat.
Dass sich der ergiebige Niederschlag vom Donnerstag und eventuell noch in den kommenden Tagen folgender Regen positiv auf die schwierige Trinkwassersituation im Grabfeld auswirken könnte, hält der Amtsleiter des Wasserzweckverbandes Bad Königshofen Gruppe Mitte für ausgeschlossen. "Der Regen jetzt ändert kurzfristig und mittelfristig gar nichts an den niedrigen Grundwasserständen." Dafür müsste in den Wintermonaten sehr viel Niederschlag fallen und auch dann könnte man lediglich von einer kleinen Entspannung sprechen. "Deshalb bleibt auch das Wasserspargebot in unserem Verbandsgebiet mindestens bis ins nächste Jahr hinein bestehen."
6. Wilfried Kahle, Vorsitzender des Angelsportvereins Mellrichstadt: "Bald wäre es kritisch geworden."

Der Angelsportverein Mellrichstadt hat in Sondheim/Grabfeld drei Teiche und einen breiten Graben. Darin tummeln sich Zander, Karpfen, Aale, Schleien und etliche Weißfische. "Bis jetzt ist noch alles gut gegangen und wir hatten noch keine verendeten Fische", sagt Vorsitzender Wilfried Kahle. "Aber wenn es so weiter gegangen wäre, wäre es kritisch geworden." Insofern freue ihn der Regen sehr, auch wenn es mehr hätte sein können. "Ich bin froh über jeden Tropfen."
In den letzten Wochen seien die Pegel um gut einen halben Meter gefallen, führt Kahle, der seit 37 Jahren an der Spitze des ASV steht, aus. "Wir haben das Glück, dass in den Teichen Quellen sind." Dadurch könne die Trockenheit etwas kompensiert werden. Nun hofft der 73-Jährige auf mehr Regen, damit die Wasserstände wieder steigen.
7. Hubert Türich, Forstdirektor am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: "Es müsste vier Monate am Stück so regnen."

"Das war ja wohl gar nichts!" Forstdirektor Hubert Türich vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt zeigt sich wenig euphorisch über die Niederschlagsmenge, die da am Donnerstag im Landkreis niederkam. Natürlich sei man über jeden Tropfen froh, aber auch 50 Liter Regen wären aktuell nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Am Waldboden sei nichts von dem aktuellen Regen angekommen, so seine Feststellung. "Es müsste vier Monate am Stück so regnen", macht er deutlich, wie viel Wasser dem Wald fehlt. Zudem komme der Regen viel zu spät. Die Vegetationszeit sei weitgehend abgeschlossen, die Bäume würden schon die Blätter abwerfen, die Kleinkulturen, wie er die nachwachsenden Bäume nennt, seien vertrocknet.
Der Hauptwurzelraum müsste in einer Tiefe von bis zu fünf Metern voll durchfeuchtet werden. Und dazu, so der Fachmann, wären große Niederschlagsmengen erforderlich. Er hofft nun auf zweierlei: Zum einen auf einen niederschlagsreichen Winter und damit auf einen gesättigten Boden im nächsten Jahr und zum anderen, dass die Bäume über ausreichend Reservestoffe verfügen und keine Langzeitschäden haben, damit sie im nächsten Jahr wieder austreiben können.