Es ist zum Haareraufen, "manchmal fehlt ganz am Schluss gerade mal noch ein Regen, um einen normalen Ertrag hinzukriegen". Daniel Diehm ist Landwirt aus Zeil am Main, wobei dieser Anhang im Ortsnamen hier eine besondere Bedeutung hat. Denn Diehm möchte einigermaßen "Wassersicherheit" für seinen ökologischen Landbau herstellen. Und trotz der Nähe zu dem fränkischen Strom kann es im Sommer zu einem Wassermangel auf seinen Feldern kommen und dann ist es vorbei mit der Ernte.
Hier kann nach Ansicht des Zeiler Biobauern für bestimmte Kulturen nur eine Beregnung seiner Pflanzen helfen. Gespeist werden soll die Wasserversorgung aus eigens dafür gebohrten Brunnen im Maintal. Während einige solche "schon seit den sechziger Jahren in Betrieb sind", so Daniel Diehm, bestehe dennoch für einige Felder auch Bedarf an zusätzlicher Wasserversorgung. Deshalb hat Diehm derzeit in der Augsfelder Flur eine weitere Bohrung in Auftrag gegeben.
"Extreme Wetterereignisse wie Hitze, Dürre, Dauer- oder Starkregen sind nichts Neues. Es hat sie immer schon gegeben." Man muss kein studierter Meteorologe sein um das zu wissen. "Aber so häufig wie in den vergangenen Jahren waren diese Katastrophen früher nicht."
Der Klimawandel ist daran schuld, daran lassen Experten keinen Zweifel. Ein solcher ist Norbert Zösch, Geschäftsführer des Haßfurter Stadtwerks. Er ist direkt von den Plänen des Zeiler Landwirts betroffen, denn das Stadtwerk ist der größte Wasserversorger im Landkreis Haßberge. Die Brunnen, die das Überleben des Landwirts und seiner Kulturen sichern sollen, grenzen an das Wassereinzugsgebiet des Stadtwerks. Eine Entnahme könnte die Wasserversorgung der Menschen gefährden, die vom Stadtwerk mit dem kühlen Nass beliefert werden.
Aus diesem Grund kann nicht jeder - auch kein engagierter Landwirt - nach Lust und Laune einfach ein Loch ins Maintal buddeln und dann mit dem sprudelnden Quell die Pflänzchen auf seinen Feldern gießen. "Bei einer Genehmigung zur Brunnenbohrung und zur Entnahme von Grundwasser handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren", teilt das Landratsamt Haßberge auf Nachfrage mit. Darum muss eine solche Bohrung beantragt werden.
Stadtwerkleiter Zösch hat bereits für seine Belange Grünes Licht gegeben. Da es sich bei solchen Versorgungsanlagen "nur um Flachbrunnen handelt", so Zösch, die ohnehin eine Tiefe von sechs bis sieben Metern nicht überschritten, sehe er keine Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Stadt Haßfurt und der weiteren Wasserkunden des Stadtwerks wie zum Beispiel Königsberg oder Hofheim. Zösch sieht die Anliegen von Bauer Diehm realistisch. "Aufgrund der Klimaveränderungen werden künftig immer mehr landwirtschaftliche Bereiche bewässert werden müssen."
Seine Beurteilung alleine reicht aber nicht. Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt (WWA) wollen es genau wissen. Der Antrag von Daniel Diehm wird vom WWA aus wasserwirtschaftlicher Sicht - wie der Name der Behörde unschwer erahnen lässt - bewertet und notwendige Anforderungen an die Bohrung wie zum Beispiel die maximale Bohrtiefe festgelegt.
"In der Regel sollten sich Bewässerungsbrunnen auf die oberste grundwasserführende Schicht beschränken", teilt der zuständige WWA-Abteilungsleiter Mathes Limprecht auf Anfrage mit. Das Ziel sei, "eine Grundwassernutzung in einem für Umwelt und Mensch verträglichen Umfang zuzulassen". Entnahmen seien nur in einem Umfang möglich, "bei welchen keine Gefährdungen der öffentlichen Trinkwasserversorgung zu befürchten sind".
Gefährdet sind aber mittlerweile in jedem Jahr die Ernten von Daniel Diehm. "Die Natur reicht oft nicht mehr aus", klagt der Landwirt. Zwar würden die Felder "schon ewig beregnet", aber in den letzten Jahren stärker als noch in den 90ern. "Im letzten Jahr (2020 die Red.) haben wir die Möhren zum Feldaufgang jeden Tag morgens und abends jeweils eine Viertelstunde bewässert." Sonst würden die Keimlinge austrocknen und es könne erst gar kein entsprechendes Jugendwachstum entstehen.
"Wenn kurz vor der Ernte totaler Wassermangel herrscht, werden die Möhren welk und es will sie niemand mehr haben." Neben Biogemüse betreibt Diehm auf seinen Feldern eine sogenannte Saatgutvermehrung für Bioanbau. Dafür benötigt man "besonders hochwertiges Basis-Saatgut, das auch einer besonderen Pflege bedarf. Wir kontrollieren die Felder zu Fuß und entfernen störendes Beiwerk mit der Hand". Andernfalls erhalte der Betrieb nicht die erforderliche "Feldanerkennung". Die Ernte aus diesen Flächen dient dann als Saatgut für andere Biobetriebe.
Auch Bio-Zuckerrüben gehören zu seinem Sortiment. Die Südzucker AG betreibe eine eigene Bio-Zuckerfabrik, wo zu Beginn der Kampagne - wenn die Anlage noch rein ist - Biozucker hergestellt werde. "Bio-Produkte müssen auch Bio-Zucker enthalten", so Daniel Diehm, der damit unterstreicht, wie wichtig die zusätzliche Bewässerung gerade dieser Pflanzen für seine Ernte sei. "Da stecken für verschiedene Kulturen pro Hektar Hunderte von Stunden schwerer Handarbeit drin." Und manchmal fehlten am Ende nur wenige Liter Wasser, um eine Missernte zu verhindern.
Deshalb sind zusätzliche Brunnen für die Landwirte im Maintal unerlässlich, so Diehm. Und darum hat er auch die aktuelle Bohrung beantragt, die in dieser Woche fertiggestellt wurde. Dafür liegt eine Genehmigung vor, erste Pumpversuche werden zeigen, ob die Bemühungen von Erfolg gekrönt waren. Und dann muss auch noch durch Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt eine Genehmigung zur Entnahme von Wasser erfolgen. Denn die Erlaubnis zum Bohren ist das eine, die zur Wassernutzung eine andere Sache. "Darüber wurde aber noch nicht entschieden", so Moni Göhr, Sprecherin des Landratsamtes Haßberge, auf Anfrage. Landwirt Diehm darf also noch hoffen.