Die Sonne brennt unerbittlich auf die Blumen, Bäume, Stauden und Rasenflächen zwischen Hohntor und Friedhof in Bad Neustadt. Und das schon am Dienstagmorgen um 9 Uhr. Könnten die Pflanzen sprechen, sie würden vermutlich laut nach Wasser rufen. Oder direkt nach ihrem Retter Alexander Kritzki, der ihnen zu ihrem Glück mit seinem Gießwagen zu Hilfe eilt. Er und seine Kollegen vom Grüntrupp des Bauhofs der Stadt Bad Neustadt sorgen dafür, dass es in Bad Neustadt trotz Trockenheit grünt und blüht.
Keine leichte Aufgabe - vor allem bei den momentanen Temperaturen. "Dieses Jahr ist es schlimm, es ist alles so trocken", sagt Alexander Kritzki. Er beginnt in der Regel morgens um 7 Uhr seine Tour mit dem Gießwagen, für Blumenkästen wie am Rathaus hat er auch eine klassische Gießkanne dabei. Weil es so warm ist, gießen Kritzki und seine Kolleginnen und Kollegen momentan öfter: Die Blumen dreimal in der Woche, die anderen Pflanzen zweimal.
Regenwasser-Becken des Bauhofes ist leer
"In der Trockenheit müssen wir schon mehr gießen, vor allem bei Wechselbepflanzungen, also Blumen. Die brauchen das", bestätigt Bauhofleiter Konrad Wehe. "Es ist am besten, wenn man möglichst früh am Tag gießt. Zwischen 7 und 16 Uhr ist jetzt, wo es so heiß ist, immer ein Gießwagen unterwegs. Er fasst 1800 Liter und muss tagsüber aufgefüllt werden. Aber es werden keine Sonderschichten gefahren, da wir ja auch Dienstzeiten haben, an die wir uns halten müssen".
Normalerweise wird mit Wasser aus dem Regenwasser-Becken des Bauhofes gegossen, allerdings ist das mittlerweile erschöpft. Deswegen muss das Team nun auf Leitungswasser zurückgreifen. "Wir gehen sparsam mit unseren Ressourcen um, setzen Prioritäten und gießen wegen der Wasserknappheit nur, was unbedingt sein muss". Um den Verbrauch zu reduzieren, werden Rasenflächen momentan gar nicht gegossen.
Der Rasen hat auch in Bad Neustadt stark gelitten
"Die Rasenflächen sind heuer leider ohnehin so weit zurück gebrannt, dass wir vermutlich nachsäen müssen. Die Untergräser brennen, wo es ganz extrem war, drohen uns Risse im Boden", sagt Wehe mit Blick auf den Rasen am Friedhof, der zu einer Art Steppe geworden ist. Staudenmischpflanzungen wie auf dem Mittelstreifen bei der Stadthalle werden nur abgeschnitten, damit sie neu austreiben, so Wehe.
Jungen Bäumen müsse geholfen werden, deshalb werden sie zweimal in der Woche gewässert oder erhalten am Stamm einen Wassersack, der ihre Wurzelballen feucht hält. Alte Bäume bräuchten normalerweise 300 Liter pro Tag: "So viel kann man nicht hingießen, wir gießen eine geringere Menge Wasser. Der Baum verbraucht dann auch weniger, passt sich also an".
Konrad Wehe vom Bauhof Bad Neustadt ist stolz auf seinen Grüntrupp
Die städtischen Grünflächen – rund 80 Hektar pflegt der Bauhof insgesamt, die aber nicht alle täglicher oder wöchentlicher Pflege bedürfen – sollen gepflegt aussehen, das ist Wehe und seinem Team wichtig. "Auf meinen Grüntrupp ist Verlass. Ich denke, das sieht man auch an den Anlagen. Alles passt und hat ein Bild", lobt Konrad Wehe. Wenn es regnet oder geregnet hat, kümmern sich die Mitarbeiter des Teams statt zu gießen um die Pflege der Pflanzen, es gibt also immer etwas zu tun.
Nicht alles kann zur gleichen Zeit an die Reihe kommen. "Der Marktplatz ist das Wohnzimmer, nach außen hin wird weniger gemacht. Bei unserer Fläche sind auch Trockenrasen dabei, die nur selten gemäht werden. Oder Feldraine oder Hecken, die wir nicht alle immer intensiv pflegen können", erklärt Wehe. Im Herbst erreichen den Bauhof öfter Anrufe, weil zum Beispiel Laub herumliegt. Jetzt im Sommer sind die Bürgerinnen und Bürger aber offenbar zufrieden, Beschwerden gebe es derzeit keine, so Wehe.
Die Stadt Bad Neustadt passt ihre Bepflanzung dem Klimawandel an
Bei der Auswahl der Pflanzen für die städtischen Flächen greifen Konrad Wehe und sein Team inzwischen auf robuste Sorten zurück, die auch im Sommer über das Wochenende ohne Gießen durchhalten und der häufigeren Trockenheit besser gewachsen sind. "Wir schauen auch, dass wir Bäume pflanzen, die mit der Hitze in den Städten klarkommen. Viele Grünflächen haben wir auf Staudenmischpflanzen umgestellt, die allgemein nicht so viel Wasser brauchen, da sind wir am Puls der Zeit", erklärt Wehe.
Hat er Tipps für Gartenbesitzerinnen oder Gartenbesitzer? "Ob er seinen Rasen trotz Wasserknappheit und hoher Preise noch gießt, muss jeder selbst wissen. Ich will da nicht der Weltverbesserer sein. Das Gemüse im Garten, Salat und anderes, muss aber gegossen werden, sonst geht es kaputt", sagt Wehe. Aber auch im eigenen Garten gebe es wie in der Stadt Pflanzen, die mehr Wasser brauchen und solche, die auch mit wenig auskommen - hier sei die Frage "Gießen ja oder Nein" deshalb abhängig von der Art des Gewächses.
Viele Grüße und einen schönen Abend
Kristina Kunzmann, Main-Post