Knetzgau ist im Landkreis bekannt für ambitionierte Pläne. Die Gemeinde hat das Maininformationszentrum erfunden. Und wenn dieses "MIZ" mit landesweiter Bedeutung Wirklichkeit wird, dann will Knetzgau auch Standortkommune sein. Es war Knetzgau, das ein Netz von 845 Kilometern Jogging- und Walkingstrecken über den ganzen Landkreis gespannt hat, das Laufparadies Haßberge. Und Knetzgau wäre zum Beispiel auch gerne Heimstätte des Naturparkzentrums im Steigerwald geworden. Aber honorieren die Bürgerinnen und Bürger von Knetzgau diese hochtrabenden Projekte? Nicht unbedingt:
Denn beim Haßberge-Check, jener großen Online-Umfrage von Haßfurter Tagblatt und Bote vom Haßgau, bei der es letzten Endes darum geht, wie zufrieden die Bewohner mit ihrer Gemeinde sind, landet das ehrgeizige Knetzgau nur im oberen Mittelfeld. 5,9 Punkte in der Gesamtwertung liegen zwar über dem Durchschnitt (5,7). Sand, Eltmann und Ebern, Ebelsbach, Zeil und Hofheim schneiden aber besser ab.
Knetzgau: Ein Paradies für Senioren
Und: Viele "Schelcher" scheinen andere Dinge umzutreiben als irgendwelche Leuchtturmprojekte für den Freistaat. "Wir brauchen kein MIZ, wir wollen unsere Franz-Hofmann-Halle zurück" ist der Tenor zahlreicher Kommentare, die die Umfrageteilnehmer hinterlassen haben. Noch immer schmerzt sie der Verlust der großen Veranstaltungsstätte, die seit Jahren wegen technischer Mängel geschlossen ist und offenbar nur noch auf ihren Abriss wartet.
197 Einwohner von Knetzgau haben sich an der Online-Befragung beteiligt, insgesamt bewerten sie die Lebensqualität ihrer Heimatgemeinde mit 6,9 - das liegt 0,2 Prozentpunkte über dem Landkreisschnitt. Aber doch ein gutes Stück von Spitzenreiter Sand entfernt, das hier mit 8,3 hervorsticht. Zusammen mit Haßfurt ist Knetzgau indes auf einem Terrain unschlagbar: Bei der Seniorenfreundlichkeit gibt es 6,6 Punkte - mehr als einen vollen Zähler über dem Mittelwert. Was zunächst heftig umstritten war, hat sich offenbar als Volltreffer erwiesen: der Bau des AWO-Altenheims bewusst mitten im Altort, neben Rathaus und Schule im Jahr 2015. Schon zehn Jahre gibt es - ebenfalls in Ortsmitte - die St.-Marta-Wohngemeinschaft für Senioren in den Haighöfen.
Die familienfreundlichste Gemeinde scheint Nachholbedarf zu haben
Knetzgau, eine Art Paradies für Senioren? Da war doch noch mehr: Knetzgau darf sich seit 2012 "Familienfreundlichste Gemeinde" im Landkreis Haßberge nennen, zusammen mit Maroldsweisach, das sich den Titel bei den Kommunen unter 5000 Einwohner geholt hat. Entspricht das der Wahrnehmung der Knetzgauer selbst? Nein! Knetzgau schneidet hier genau wie Ebelsbach mit 6,9 zwar überdurchschnittlich ab, muss sich aber Sand (8,0), Eltmann, den Heiligen Ländern und Zeil geschlagen geben. Vielleicht wäre es an der Zeit, den Wettbewerb neu auszuloben.
Denn es fällt auf, dass gleich mehrere Befragte den Zustand der Kinderspielplätze bemängeln, mehr Krippen- und Kitaplätze fordern und erklären, es mangele an Angeboten für Kinder und Jugendliche. Mal sind mehr Freizeitmöglichkeiten für Kindergarten- und Grundschulkinder gewünscht, mal heißt es, den 15- bis 25-Jährigen sei nicht genug geboten. Und das, obwohl die Gemeinde gerade einen Skaterpark baut als Attraktion für die gesamte Region.
In gewissem Widerspruch zu diesen Aussagen steht, dass die Knetzgauer ihrer Gemeinde in Sachen Kinderbetreuung mit 7,2 den zweitbesten Wert überhaupt ausstellen, gleich hinter der Sauberkeit (7,7). Kreisweit gesehen reicht aber auch das nur für Rang 6 hinter Sand, Eltmann, Königsberg, Ebern und Zeil.
Gute Noten geben sich die Knetzgauer selbst beim Einzelhandel. Besonders der Bau des großen Lebensmittelmarktes im Gewerbegebiet "An der Klinge" vor gut zehn Jahren dürfte die Nahversorgung der Menschen nicht nur im Kernort deutlich verbessert haben, nachdem der Dorfladen beim Rathaus aufgegeben hatte. Das bedeutet aber keine Rundum-Zufriedenheit. Dass man im Hauptort den Großeinkauf erledigen kann, ist eine Seite der Medaille. Dass es zum Beispiel in Westheim nicht einmal mehr einen Bäcker oder Metzger gibt, die andere. Wer sich da Brötchen oder ein Viertelpfund Wurst holen will, braucht ein Fahrzeug.
Womit man beim Nahverkehr wäre, der Kategorie, die mit 3,9 landkreisweit am schlechtesten bewertet wurde. Mit 3,7 Punkten liegt Knetzgau sogar noch darunter - ein Makel, der in erster Linie der unbefriedigenden ÖPNV-Anbindung der Ortsteile geschuldet sein dürfte. Denn der Hauptort ist mit dem Bus von Bamberg oder Schweinfurt aus - beide Routen führen jeweils über Haßfurt - recht ordentlich zu erreichen. Umgekehrt fühlen sich die Knetzgauer besonders stark durch den Verkehr belastet - die Mautflüchtlinge der A70 dürften daran großen Anteil haben.
Ein weiterer bescheidener Wert hat eigentlich einen positiven Hintergrund: Knetzgau wird dank ordentlicher Rundumversorgung und günstiger Lage im Maintal als Wohnort immer attraktiver. Das macht es jedoch auch manchem Einheimischen schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Ihren Immobilienmarkt bewerten die Knetzgauer mit 4,7 bei einem Landkreisdurchschnitt von 5,1.
Fazit: Knetzgau wird sicher von Leuchtturmprojekten wie MIZ und Skaterpark profitieren, muss nebenher aber auch seine normalen Hausaufgaben machen.
Der Haßberge-Check: Alle bisher erschienenen Artikel zu unserer großen Online-Befragung finden Sie hier!