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Bad Brückenau
Bad Brückenau: Bürgermeister Jan Marberg spricht über Sinnflut, Ludwigstraße, Sinntal und die persönliche Belastung
Die leere Stadtkasse macht es nicht einfacher, Projekte anzukurbeln. Bürgermeister Jan Marberg äußert sich im Interview auch dazu, wie die Stadt an Geld kommen könnte.
Jan Marberg ist seit Mai 2024 Bürgermeister von Bad Brückenau.
Foto: Josef Lamber | Jan Marberg ist seit Mai 2024 Bürgermeister von Bad Brückenau.
Simon Snaschel
 |  aktualisiert: 29.01.2025 15:00 Uhr

Seit seiner Wahl im Mai 2024 ist Jan Marberg (SPD) nun rund acht Monate Bürgermeister von Bad Brückenau. Im Gespräch mit dieser Redaktion blickt der 36-Jährige zurück auf erste Erfolge und geplatzte Vorstellungen und spricht darüber, dass das Mitwirken der Bürgerinnen und Bürger für ihn einen hohen Stellenwert hat.

Frage: Herr Marberg, jüngst haben Sie in den Sozialen Medien einen Post zur Gefahr eines Burnouts bei Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern veröffentlicht. Zehrt der Job dermaßen am Akku?

Jan Marberg: Bisher nicht, aber das ist eben die Gefahr. Der Wille im Kopf mag unendlich sein, aber das Können des Körpers ist es nicht. Ich neige dazu, im Vollsprint durch den Tag zu gehen. Kolleginnen und Kollegen, die bestimmt nicht unähnlich waren, sind dadurch nach einigen Jahren kaputtgegangen. Deshalb habe ich angefangen, mir mehr Zeiten zum Ausgleich zu nehmen.

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Im Endeffekt bedeutet das, zu priorisieren. Gibt es ein beherrschendes Thema für 2025 in Bad Brückenau?

Marberg: Was unser internes Arbeiten angeht, sicherlich der Haushalt. Auch wir müssen uns intensiv Gedanken machen, wie wir uns hier aufstellen. Von enormer Bedeutung ist dabei, dass wir wieder die Stabilisierungshilfe des Bayerischen Städtetags erhalten.

Wegen eines Formfehlers sind Ihnen 2024 wohl um die zwei Millionen Euro entgangen. Gehen Sie davon aus, diese Unterstützung 2025 wieder zu erhalten?

Marberg: Wir werden sie bekommen. Wir haben mit den Zuständigen besprochen, wie der Fahrplan dafür aussehen muss. Es steht nicht in Zweifel, dass wir würdig sind, die Stabilisierungshilfe zu bekommen. Es muss nur gewährleistet sein, dass der Antrag entsprechend plausibel ist.

Großes Thema ist nach wie vor die Therme Sinnflut. Sie hatten schon geäußert, dass sie in früherer Form nicht wiederzubeleben sein wird. Hatten aber die Hoffnung, Saunabereich und Außenbecken im Jahr 2025 wieder öffnen zu können.

Marberg: Leider hat sich diese Idee, so schön sie ist, als eher unrealistisch herausgestellt. Das liegt vor allem daran, dass wir entsprechendes Personal bräuchten. Das kriegen wir auf dem freien Markt nicht. Die Erwartungshaltung in der Bevölkerung ist aber natürlich, dass wir Antworten geben. Die Sinnflut ist ein Stück weit der Leuchtturm der Stadt, den hätten die Bad Brückenauer gerne wieder.

Gibt es eine Zukunft für die Sinnflut in Bad Brückenau?
Foto: Steffen Standke (Archiv) | Gibt es eine Zukunft für die Sinnflut in Bad Brückenau?

Wie könnten diese Antworten aussehen?

Marberg: Wir haben die verschiedenen Modelle für eine mögliche Neugestaltung diskutiert. Vier Szenarien werden wir uns im Stadtrat näher anschauen, mit zwei oder drei Varianten wollen wir dann eine öffentliche Bürgerversammlung abhalten, das Für und Wider vorstellen und uns die Meinung der Öffentlichkeit einholen. Aber die große Sinnflut wird es rein finanziell nicht mehr geben können.

Dabei lässt sich ein Freizeitbad ja noch wirtschaftlicher betreiben als ein klassisches Schwimmbad. Wie realistisch erscheint es da, überhaupt noch einmal ein Bad zu bekommen?

Marberg: Ich halte es für ein Stück weit realistischer, weil die Betriebskosten in einem gesunden Verhältnis stehen. Wenn wir die Sinnflut im ursprünglichen Plan mit 30 bis 35 Millionen Euro Investitionskosten gebaut hätten, hätten wir bei den gestiegenen Energiepreisen jetzt möglicherweise damit rechnen müssen, dass wir im Jahr bis zu einer Million Euro zuschießen müssen. Man stelle sich vor, wir wollen eine Stabilisierungshilfe beantragen, leisten uns aber für eine freiwillige Leistung jedes Jahr eine solche Summe. Das passt nicht ganz zusammen.

Versprechen, dass es in Bad Brückenau in den nächsten Jahren wieder ein Schwimmbad geben wird, werden Sie nicht können.

Marberg: Alle im Stadtrat plus Bürgermeister wollen ein Schwimmbad. Die Frage ist einfach, wie das finanziell gestaltet sein kann. Die Funktionalität muss gegeben und auf der anderen Seite ein Betrieb für die Stadtkasse über Jahre hinweg vertretbar sein. Wir wollen ja kein Schwimmbad bauen, das wir nach fünf Jahren im Betrieb nicht mehr bezahlen können.

Wie lässt die Innenstadt von Bad Brückenau sich wieder mit Leben füllen?
Foto: Steffen Standke (Archiv) | Wie lässt die Innenstadt von Bad Brückenau sich wieder mit Leben füllen?

Ein anderes Dauerthema ist die Belebung der Innenstadt. Wie läuft die Ankurblung?

Marberg: Es gibt eine Lenkungsgruppe des Projektes 'Highstreet Ludwigstraße', die sich in den nächsten Jahren um dieses Thema kümmert. Die hat sich kürzlich zum ersten Mal getroffen und erste Maßnahmen besprochen. Als Anlaufstelle wird es ein Büro in der Ludwigstraße geben. Außerdem werden Leerstände einer genaueren Betrachtung unterzogen, damit man sagen kann, in welche Richtung es künftig gehen könnte. Demnächst wird es auch eine Kick-off-Veranstaltung geben, der dann auch die Öffentlichkeit beiwohnen kann.

Sie hätten ja gerne ein Mehrgenerationenhaus.

Marberg: Ich hatte 2020 die Idee formuliert, das alte Hotel Post zu einem Mehrgenerationenhaus umzubauen. Es ist ein riesiges Gebäude, das viel bieten könnte. Wir verfolgen die Idee nach wie vor. Stand heute ist aber unklar, ob wir die Post selbst umbauen oder sie wieder auf den freien Markt geben. Ich erwarte, dass wir diese Entscheidung in den nächsten Monaten treffen werden, danach gehen die Planungen weiter.

Das frühere Hotel Post in der Ludwigstraße gehört der Stadt Bad Brückenau. Es könnte zu einem Mehrgenerationhaus umgebaut werden.
Foto: Steffen Standke (Archiv) | Das frühere Hotel Post in der Ludwigstraße gehört der Stadt Bad Brückenau. Es könnte zu einem Mehrgenerationhaus umgebaut werden.

Bürgerbeteiligung ist für Sie ein wichtiges Thema. Ist das die Zukunft?

Marberg: Definitiv. Ich gewinne das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger dadurch, dass ich wahrnehme, was gewünscht ist und sie mit ins Boot hole. In unser Klimaschutzkonzept sind zum Beispiel schon Ideen aus der Bevölkerung eingeflossen. Das muss jetzt bei anderen Themen weiterbetrieben werden, zum Beispiel eben bei der Sinnflut.

Aufregung herrscht derzeit, weil das ehemalige Seniorenheim Sinntal zur Asylunterkunft werden soll. Haben Sie Verständnis für die Sorgen der Menschen?

Marberg: Es kommt auf die Qualität der Sorge an. Es gibt die berechtigten Sorgen, die konstruktiv dargestellt werden. Zum Beispiel, ob die Kapazitäten der ärztlichen Versorgung ausreichen und wie wir das sicherstellen können. Das ist eine berechtigte Frage, auf die es auch Antworten geben muss. Aber mit Vorurteilen zu arbeiten, ist eine unbegründete Angst. Wir können nicht sagen, dass 85 Menschen zu uns kommen, die alle nur Böses im Sinn haben.

Inwieweit sind Sie überhaupt involviert in die Pläne?

Marberg: Die Regierung von Unterfranken sucht geeignete Objekte und nimmt Kontakt zu privaten Anbietern auf. Da haben wir als Stadt absolut keinen Anteil.

Die Stadtkasse von Bad Brückenau läuft nicht gerade über. Eine Idee, um das zu ändern, ist für Sie das Einbringen in die Energiewende. Sie sind jüngst der Energie GmbH des Landkreises beigetreten. Was erhoffen Sie sich davon konkret für die Stadt?

Marberg: Der Vorteil in der GmbH ist, dass wir dabei mit Energieversorgern zusammenarbeiten, die wahnsinnig viel Expertise mitbringen. Bei einem Alleingang müssten wir uns dieses Knowhow dazukaufen. Das heißt nicht, dass wir uns nicht andere Türen offenhalten, aber erstmal sind wir froh, Teil der Energie GmbH zu sein. Ich bin mir auch sicher, dass das demnächst Früchte tragen wird und man sich in Bad Brückenau Stellen anschaut, gerade was die Windkraft angeht. Wenn wir uns jetzt nicht darum kümmern, wird man uns das in fünf Jahren vorwerfen, wenn andere damit vielleicht Geld verdienen. Diese Chance dürfen wir nicht verpassen.

Geld könnte auch über Wohn- oder Gewerbegebiete hereinkommen.

Marberg: Bei den Wohngebieten ist es etwas einfacher. Wir haben verschiedene Flächen im Blick, zum Beispiel im Staatsbad. Auch das Bahnhofsgelände könnte man sich als Wohnquartier vorstellen. Beim Gewerbe ist es schwieriger, weil wir nicht mit geeigneten Flächen gesegnet sind. Das heißt, wir müssten ein Gewerbegebiet zuerst mit entsprechendem Aufwand erschließen. Es gibt Ideen, aber ich sehe das langfristig als Mammutaufgabe.

Abschließend: Haben Sie einen Wunsch an Ihre Bürgerinnen und Bürger?

Marberg: Mehr Reflexion und Verständnis wagen. Wenn wir uns nicht von Hektik, Empörung und Überhitzung anstecken lassen, sondern alles ein Stück weit gelassener und mit der entsprechenden Information betrachten, dann kommen wir alle darauf, dass die Umstände vergleichsweise eigentlich gar nicht so schlimm sind in Deutschland.

 
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  • Roland Albert
    Diese Spassvisionäre, die die Sinnflut vergeigt haben, sind heute alle weg und verdienen ihr hochgestelltes Salär woanders. Hoffentlich vermiesen sie in anderen Kommunen nicht auch die Zukunft. Diese Aktionisten, die immer für think big gestanden haben, haben einen unkittbaren Scherbenhaufen hinter lassen, der heute diskutiert wird.
    Bei den ersten Besprechungen einer Sanierung waren wir unter 5 Millionen, aber das war den damals Verantwortlichen nicht gross genug.
    Namen darf man hier ja nicht nennen, sonst kommen wieder die Mainpostnetiquette.
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