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Bad Brückenau
Bad Brückenau: Darum braucht die Regierung das Seniorenheim Sinntal
Nach verschärften Grenzkontrollen ist sich der Zustrom Geflüchteter nach Deutschland abgeflacht. Warum mietet die Behörde dann das Gebäude in Bad Brückenau? Dieser und anderen Fragen stellt sie sich.
Das Seniorenheim Sinntal in der Ernst-Putz-Straße in Brückenau steht vor dem Aus. Es schließt, wenn alle Bewohner anderweitig untergebracht sind.       -  Das Seniorenheim Sinntal in der Ernst-Putz-Straße in Brückenau steht vor dem Aus. Es schließt, wenn alle Bewohner anderweitig untergebracht sind.
Foto: Steffen Standke | Das Seniorenheim Sinntal in der Ernst-Putz-Straße in Brückenau steht vor dem Aus. Es schließt, wenn alle Bewohner anderweitig untergebracht sind.
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 03.02.2025 02:34 Uhr

Das ehemalige Seniorenheim Sinntal in der Ernst-Putz-Straße als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge - diese Nachricht bewegt viele Menschen in und um Bad Brückenau. Das zeigen allein schon die Kommentare in den sogenannten Sozialen Netzwerken. Die Redaktion konfrontiert die Regierung von Unterfranken mit einigen dieser Meinungen und liefert weitere Hintergrundinfos zu der Unterkunft.

So ist die Lage bei den Geflüchteten in Unterfranken

Zum 13. Januar betrug laut der Würzburger Zentralbehörde die Belegung der Aufnahmeeinrichtung für die Erstunterbringung ankommender Asylbewerber und Flüchtlinge (Anker) in Geldersheim bei Schweinfurt 858 Personen. Von dieser aus werden die Menschen in Gemeinschafts- und kleinere Unterkünfte im Regierungsbezirk verteilt. Der Höchststand sei in Geldersheim am 12. März 2024 mit 1602 Bewohnern erreicht worden; die Durchschnittsbelegung im vergangenen Jahr habe bei 1134 Menschen gelegen.

"Die aktuell niedrigeren Belegungszahlen im Anker dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit Abschluss des Jahres 2024 rund 15.000 Personen mit Fluchthintergrund in Unterfranken staatlich untergebracht waren (Anker- und Anschlussunterbringung)", schreibt die Regierung weiter. Dies entspreche einem Anstieg von 1.500 Menschen im Vergleich zum Jahresende 2023. Die Auslastung der Unterkünfte in der Anschlussunterbringung sei anhaltend hoch. Regierung und Landratsämter seien daher weiter auf der Suche nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten.

Aus diesen Nationen stammen die Geflüchteten

Von den aktuell 858 Bewohnern in Geldersheim kommen 223 Bewohner aus Somalia (26 Prozent). Zweitgrößte Gruppe sind Afghanen mit 191 Bewohnern (22,3 Prozent), gefolgt von Algeriern (171 Bewohner, 20 Prozent), Armeniern (126;14,7) und Ukrainern (48; 5,6). Die restlichen Bewohner verteilen sich auf sonstige Staaten beziehungsweise sind Staatenlose. Rund 73 Prozent der untergebrachten Menschen sind laut Regierung Männer, 27 Prozent Frauen. 

So funktioniert die Verteilung auf die Unterkünfte

Laut Regierung ist die Verteilung in die Anschlussunterbringung in erster Linie abhängig von der Bleibeperspektive eines Geflüchteten, ob es sich um Familien mit minderjährigen Kindern oder vorliegende besondere Umstände handelt (zum Beispiel Familienzusammenführung). Diese Personengruppen würden vordringlich verteilt. Im Jahr 2024 seien rund 5.000 Menschen in Unterfranken in Unterkünfte der Anschlussunterbringung verteilt worden. Die prozentuale Verteilung der Zuweisungen: Ukraine: 44 Prozent, Afghanistan 27 Prozent, Somalia 17 Prozent, Armenien fünf Prozent, Elfenbeinküste vier Prozent, Algerien 1,78 Prozent. Die restlichen Zuweisungen verteilen sich auf sonstige Staaten beziehungsweise Staatenlose.

Seniorenheim Sinntal Unterkunft für Flüchtlinge       -  Das ehemalige Seniorenheim Sinntal in Bad Brückenau wird eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge.
Foto: Steffen Standke | Das ehemalige Seniorenheim Sinntal in Bad Brückenau wird eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge.

So dringend wird das alte Seniorenheim Sinntal gebraucht

"Die Unterkünfte der Anschlussunterbringung weisen einen anhaltend hohen Auslastungsgrad auf", schriebt die Regierung von Unterfranken. Daher bestehe nach wie vor Handlungsbedarf bei der Akquise neuer Unterkünfte. Dies gelte umso mehr vor dem Hintergrund möglicherweise wieder steigender Zugangszahlen ab dem (Früh-)Sommer 2025, wenn sich die Wetterbedingungen auf den Fluchtrouten verbessern würden. Die Anmietung der Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Bad Brückenau habe vor diesem Hintergrund stattgefunden. 

Darum wurde das alte Seniorenheim  für zehn Jahre angemietet

Die Regierung von Unterfranken fühlt sich den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet. Da angemietete Objekte häufig erst baulich ertüchtigt werden müssten, fielen oftmals beträchtliche Investitionskosten an. Daher würden Unterkünfte für Geflüchtete in der Regel für einen längeren Zeitraum angemietet, da sich sonst die Investitionskosten nicht rechnen.

Im Netz wird dem Bad Brückenauer Bürgermeister vorgeworfen, er hätte die Flüchtlingsunterkunft in die Stadt geholt beziehungsweise die Regierung bei ihrer Entscheidung für diesen Standort aktiv unterstützt. Was ist da dran?

"Das Objekt wurde von einem privaten Investor angeboten", schreibt die Würzburger Behörde dazu. Die Entscheidung, an diesem Standort eine GU einzurichten, habe bei der Regierung von Unterfranken gelegen. Die Stadt Bad Brückenau beziehungsweise ihr Bürgermeister Jan Marberg seien über das Vorhaben telefonisch und schriftlich informiert worden. Schon in einem früheren Beitrag hatte Marberg mitgeteilt, dass das frühere Seniorenheim auf dem freien Immobilienmarkt angeboten wurde und die Stadt keinen Zugriff darauf besitze.

Diese infrastrukturellen Kriterien hat die Regierung für ihre Standortentscheidung geprüft und abgewogen

Die Regierung sucht nach eigenen Angaben Objekte für die Einrichtung von GUs ab einer Größe von 30 Plätzen. Am besten geeignet seien Gebäude mit Wohnungscharakter, aber auch Gemeinschaftseinrichtungen wie stillgelegte Alten-und Pflegeheime, Jugendherbergen und ähnliches. Bei der Anmietung eines Objektes werde zum Beispiel auf eine Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr, eine Größe des angebotenen Objektes im Verhältnis zur Größe der Gemeinde beziehungsweise des Gemeindeteils, die Verfügbarkeit von KITA-Plätzen und Aufnahmefähigkeit der Schulen geachtet. Auch Flächen für das Abstellen von Fahrrädern, Kinderwägen und ähnlichem seien hilfreich. "Die Regierung von Unterfranken ist bestrebt, diesen Faktoren bei der Anmietung neuer Unterkünfte so gut es geht Rechnung zu tragen."

Darum scheint das ehemalige Seniorenheim Sinntal der Regierung für eine GU besonders geeignet

"Aufgrund der vorherigen Nutzung als Pflegeheim ist die Raumaufteilung und Ausstattung sehr gut zur Nutzung als Flüchtlingsunterkunft geeignet", schreibt die Behörde. Die Zimmer seien mit Nasszellen ausgestattet; lediglich die Küchen müssten gemeinschaftlich genutzt werden. Zudem verfüge das Gebäude über Aufenthaltsräume, in dem sich die Bewohner gemeinsam beschäftigen könnten. 

Diese konkreten Umbauarbeiten müssen in dem Gebäude angegangen werden

"Um zu ermöglichen, dass sich die Bewohner selbst versorgen können, müssen Gemeinschaftsküchen und Waschmöglichkeiten geschaffen werden. Hierfür werden die jeweiligen Anschlüsse benötigt", so die Regierung. Ansonsten seien nur kleine Ausbesserungsarbeiten notwendig. 

Kommentatoren im Netz behaupten häufig, die Eigentümer leerstehender Objekte würden sich mit der Vermietung als GU eine Goldene Nase verdienen. So sieht es mit dem Seniorenheim Sinntal aus.

Konkrete Zahlen kann die Regierung "aus datenschutzrechtlichen Gründen" nicht nennen. Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit orientiere sich die Behörde stets am ortsüblichen Mietzins, schließe reguläre Mietverträge und rechnet Nebenkosten nach Verbrauch ab. Die Regierung vergütet keine Pauschalen pro Tag und Geflüchtetem.

Mit diesem Personal plant die Regierung für ihre neue GU in Bad Brückenau

Für die neue Unterkunft in Bad Brückenau wird eine Vollzeitkraft zuständig sein, die montags bis freitags täglich vor Ort sein wird. Allerdings arbeiten die Mitarbeiter der Regierung in Teams zusammen. Somit könne gewährleistet werden, dass auch in Urlaubszeiten oder bei Krankheitsfällen ein Mitarbeiter vor Ort sei und sich um die Unterkunft kümmere. 

So sieht es mit Integrationsangeboten aus

Im Landkreis Bad Kissingen werden Integrationskurse angeboten, schreibt die Regierung nur lapidar. Zudem unterstütze die Caritas mit einer Flüchtlings- und Integrationsberatung. Bekannt ist allerdings aus früheren Recherchen, dass dem Caritasverband im Landkreis Bad Kissingen Personal für die Betreuung der großen Zahl Geflüchteter fehlt und nicht genügend Sprachkurse zur Verfügung stehen.

 
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