Keine Frage, das Jahr 2022 wird nicht als Glücksjahr in die Chroniken eingehen. Aber wie stehen die Chancen, dass 2023 besser wird? Und was müsste dafür passieren? Wir haben unterfränkische Kulturschaffende gebeten, einen Ausblick zu wagen, und diese eine Frage zu beantworten:
Was muss 2023 dringend besser werden?
Hier sind die Antworten – von philosophisch bis organisatorisch, von allgemein bis konkret, von global bis lokal, von der Hoffnung auf Frieden bis zum Appell an die Politik.
Evelyn Meining, Intendantin des Würzburger Mozartfests:
Wie eine Utopie klingt das jubelnde "Dona nobis pacem" am Schluss von Mozarts "Krönungsmesse". Mozart wurde in den beginnenden Siebenjährigen Krieg hineingeboren, und für Beethoven war jahrelanger Krieg erlebte Gegenwart. In seiner "Missa Solemnis" appelliert er mit der inständigen "Bitte um inneren und äußeren Frieden" an die kriegstreibende und -geschundene Menschheit. Immer noch ist der Wunsch aller Wünsche: Frieden!
Silvia Kirchhof, Theaterhaus Gerolzhofen:
Die Themen der Kultur liegen auf der Straße oder in den Herzen der Menschen. Die Auseinandersetzung im Miteinander geschieht an den Orten der Kultur und ist unverzichtbar. Das geht nicht ohne Ressourcen. Ich wünsche mir, dass die politischen Verantwortlichen das nicht nur in Sonntagsreden betonen. Sie müssen dafür sorgen, dass gerade ihre ausführenden Behörden diese Auseinandersetzung wohlwollend und unkompliziert als Dienstleister unterstützen. Das ist für uns kleinen Anbieter vor Ort wichtiger als für ein Staatstheater.
Markus Trabusch, Intendant des Mainfranken Theaters Würzburg:
Mein Silvestergebet 2022 an den Theatergott:
Die Corona-Pandemie soll bitte auch mit all ihren Infektions-Folgen enden.
Das Mainfranken Theater in Würzburg soll bitte seinen Neubau endlich eröffnen – und es möge schlussendlich zum Staatstheater ernannt werden.
Schick uns für alle offenen Stellen bitte großartige neue Mitarbeiter:innen.
Amen.
Christof Wahlefeld, Direktor des Theaters der Stadt Schweinfurt:
Ich wünsche mir für 2023, dass wir aus der dauerhaften Krisenstimmung herauskommen und sich dadurch die inhaltliche, die künstlerische Arbeit wieder zum Mittelpunkt unseres Tuns entwickelt. Denn es ist diese Arbeit, die die Menschen, die Zuschauer:innen, die auch in einer dauerhaften Krisenstimmung leben, wieder für unsere Kultureinrichtungen begeistern kann.
Wolf Eiermann, Leiter des Museums Georg Schäfer, Schweinfurt:
In der Frage steckt schon die Antwort: Verbessern – ja, aber ohne besserwisserisch alles Denken zu dominieren. Nur ein Beispiel: Seit dem Mittelalter galt die wilde, vom Menschen unbeackerte Natur den Europäern als hässlich, als erschreckend. Bis die Romantik alles änderte. Und in ihrem Gefolge der Naturschutz. Die Caspar David Friedrich-Ausstellung im Museum Georg Schäfer wird ab April 2023 aufzeigen, welche wichtige Rolle die Kunst spielte, bis sich unser heutiges Verständnis von Natur durchsetzen konnte.
Alexander Steinbeis, Intendant des Kissinger Sommers:
Ich wünsche mir für 2023, dass die kulturelle Vielfalt, die unser Land in all ihren Ausprägungen seit jeher aufs einzigartigste auszeichnet, auch in herausfordernden Zeiten von unserer Bevölkerung als unverzichtbares Gut, getragen wird, das die Menschen berührt und bereichert. Dass sie florieren und sich weiter entwickeln kann. Für eine freie, offene und diverse Gesellschaft spielt sie eine fundamentale Rolle und ist damit Lebenselixier. Es liegt an uns allen, den hierfür notwendigen Rahmenbedingungen den notwendigen Raum zu geben.
Brigitte Obermeier, Theater Sommerhaus, Winterhausen:
Was uns alle belastet, ist dieser Tunnelblick durch Gier. Dass auch und gerade in Krisenzeiten spekuliert wird, sogar mit Lebensmitteln, und dass so vom Leid anderer profitiert wird. Ich wünsche mir, dass das gestoppt wird und wir die Augen öffnen und erkennen, dass es so nicht weitergeht. Dass wir den Blick auf unser gemeinsames Wohl und das der Erde richten.
Jojo Schulz, Geschäftsführer der Posthalle Würzburg:
Wir sind in einer aufgeregten Zeit mit multiplen Problemstellungen. Um diesen begegnen zu können, müssen wir Demokraten zusammenstehen. Wir sollten uns also nicht im Klein-Klein verrennen, sondern gemeinsam den destruktiven Kräften im Land und in der Welt die Stirn bieten. Die EU ist bereits enger zusammengerückt, die G7-Staaten ebenso. Das sollten wir auf Bundesebene auch schaffen können.
Luisa Heese, Direktorin des Museums im Würzburger Kulturspeicher:
Das kommende Jahr wird weiterhin geprägt sein von den multiplen globalen Krisen, die sich auch in der Arbeit der Museen deutlich niederschlagen. Für uns stellt sich mit Blick auf 2023 neben all den akuten Themen wie Energieversorgung, Sicherheit, Finanzierung etc. die dringende Frage, wie wir die Rolle des Museums als Ort der Auseinandersetzung, der Diskussion und der Gemeinschaft noch weiter stärken.
Wie können wir einen Beitrag leisten für ein gesellschaftliches Miteinander, das die Krisen unserer Zeit durch gemeinsames Handeln angeht – und nicht durch weitere Spaltung? Das bisher noch weitgehend fehlende verbindende gesellschaftliche Narrativ für Nachhaltigkeit ist hier ein wesentliches Beispiel.
Achim Könneke, Kulturreferent der Stadt Würzburg:
Besser und fairer werden müssen die Bezahlung und soziale Absicherung von freien Künstler:innen aller Sparten und Soloselbständigen in der Kultur. Die Umsetzung der während Corona forcierten Ankündigungen zur Stärkung der Resilienz durch bessere Honorare und faire Förderung, durch die Ausweitung der Künstlersozialkasse und die Einführung einer Art Arbeitslosenversicherung für Freischaffende dürfen nicht mit der Erleichterung über das Ende der Pandemie wieder in den Hintergrund geraten.
Gerade öffentliche Kultureinrichtungen und Förderer sollten bei der nachhaltigen Transformation ihrer Strukturen und Leitbilder im Sinne der UN-Agenda 2030 vorbildlich agieren und beispielsweise Ausstellungshonorare für bildende Künstler:innen ebenso ermöglichen wie angemessene Honorarsätze zur Bedingung öffentlicher Förderung festschreiben, so wie es vom Deutschen Kulturrat und vielen Berufsverbänden seit langem und völlig zu Recht eingefordert wird.
Anne Maar, Leiterin Theater Schloss Maßbach:
Für 2023 wünschen wir uns eine finanzielle Absicherung durch unsere Zuschussgeber. Außerdem hoffen wir, dass der Theater-Lkw gut startet und viele Vorstellungen bei Kindergärten und später auch Jugendräumen stattfinden können.
Jörg Meißner, Direktor des Museums für Franken, Würzburg:
Für das kommende Jahr wünsche ich mir, dass (noch) mehr Kooperationen zwischen Kunst- und Kultureinrichtungen unterschiedlicher Größe, mit inhaltlicher Schwerpunktsetzung, Zielgruppenausrichtung etc. angegangen und umgesetzt werden. Die Konzeption entsprechender Projekte, an denen sich Museen und Ausstellungshäuser, Archive, Bibliotheken oder Hochschulen in Verbünden beteiligen könnten, schafft insbesondere bei schwindenden Personalausstattungen und sinkenden Haushaltsmitteln (was künftig beides zu erwarten ist) zusätzliche Synergien und setzt auf unterschiedlichen Ebenen kreative Kräfte frei.
Csaba Béke, Leiter Theater Chambinzky, Würzburg:
Kunst und Kultur sollte fortlaufend nachhaltiger, barrierefreier und inklusiver für alle gestaltet werden! Das Theater Chambinzky wird sich auch im kommenden Kalenderjahr verstärkt für ein klimabilanziertes Kulturangebot sowie für Menschen einzusetzen, denen der Zugang zu unserem Kulturprogramm bisher ganz oder teilweise aufgrund mangelnder Barrierefreiheiten verwehrt blieb oder erschwert wurde. Es handelt sich dabei um fortwährend wachsende Lern- und Entwicklungsprozesse, denen wir uns mutig und reflektierend für ein lebenswerteres und schöneres Miteinander stellen wollen.
Monika Wagner-Repiscus, Mathias Repiscus, Bockshorn Würzburg:
Das Bockshorn Theater bietet ohne Wenn und Aber das teuerste Programm aller Würzburger Privattheater. Fällt jedoch bei der Projektförderung durch das Raster der aktuellen Richtlinien.
Um die Qualität unseres Programms beibehalten zu können, wäre es dringend erforderlich, mit dem Zuschuss der städtischen Kulturförderung zumindest die Theatermiete (an die Stadt Würzburg) begleichen zu können.