Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren sicher keine einfachen Jahre für die Kulturszene in Schweinfurt, aber insbesondere für die Crew des Schweinfurter Theaters. Mehrere wochenlange Schließungen wegen der Corona-Pandemie, ein neuer Theaterleiter, die Diskussion über die Generalsanierung samt explodierender Kosten und die Ungewissheit, wann und wie es mit einer Ersatzspielstätte klappt. Im Oktober 2022 hat sich die Stimmung gedreht. Es herrscht Erleichterung und Zuversicht.
Das war nicht nur bei den 270 Gästen aus der regionalen Kulturszene deutlich spürbar, als die Ersatzspielstätte des Schweinfurter Theaters im evangelischen Gemeindehaus in der Friedenstraße am 21. Oktober eröffnet wurde. Sondern auch beim Team des Theaters, das der neue Theaterleiter Christof Wahlefeld als Zeichen der Wertschätzung für ihren Einsatz beim Umbau des Gemeindehauses zu einer Theater-Spielstätte, die diesen Namen auch verdient, auf die Bühne holte. Gemeinsam mit den Ehrengästen durchschnitten sie symbolisch das grüne Band.
Für mindestens zweieinhalb Jahre ist das evangelische Gemeindehaus nun die Heimat für die Bretter, die die Schweinfurter Theaterwelt bedeuten. Schon am Sonntag, 23. Oktober, stand die erste Produktion auf dem Programm: "Vom Suchen und Finden der Liebe", ein Schauspiel. Alleine bis Mitte Februar sind 57 Vorstellungen im Programm, ganz gemäß dem Motto "Ohne uns war's still" auf dem Programmheft legt Theaterleiter Wahlefeld "mit Volldampf" los, wie es Kulturamtsleiterin Andrea Brandl kürzlich im Kulturausschuss sagte.
Die Ausschreibung für die Bauarbeiten des 52-Millionen-Euro-Projekts im Theater sind mittlerweile gestartet, noch in diesem Jahr soll mit der Sanierung des mittlerweile leer geräumten Gebäudes begonnen werden. Dass es eine echte Herausforderung war und bleibt, die Sanierung und den Betrieb der neuen Spielstätte gleichzeitig zu bewältigen, gestand Wahlefeld zu. Aber: "Ich liebe Herausforderungen und ich mag Schweinfurt", betonte er in seiner launigen Rede, für die es viel ehrlich gemeinten, aufmunternden Beifall gab.
Drei Ersatzspielstätten: Evangelisches Gemeindehaus, Museum Otto Schäfer und Theaterfahrten
Das Publikum weiß um die Herkulesaufgabe der Einrichtung einer Ersatzspielstätte mit rund 400 Plätzen innerhalb von wenigen Wochen, zumal offenbar auch das von Wahlefeld gestaltete neue Programm gut ankommt, blickt man auf die Verkaufszahlen im Vorverkauf. Dieses Programm ist nicht nur wegen der deutlich kleineren Bühne und der geringeren Besucherkapazität anders als frühere Spielzeiten in Schweinfurt. Es ist auch anders, weil sich Wahlefeld bewusst ist, dass dringend etwas gegen die stetig sinkenden Abonnentenzahlen getan werden muss.
Wahlefeld versucht, neues Publikum anzusprechen, jüngere Menschen für Theater in seiner Vielfalt zu begeistern. In einem Interview im Sommer gestand er zu, dass nicht nur sein Vorgänger, sondern alle Theaterleiter in Deutschland – ihn an seiner alten Wirkungsstätte eingeschlossen – vor der Corona-Pandemie Fehler in der Programmgestaltung gemacht hätten: "Wir haben eine Lost Generation im Publikum geschaffen. Die bei allem anfängt, was so unter 50 ist."
Theater habe arg Federn gelassen, sagte Wahlefeld damals. Vielleicht 15 Jahre könne man in althergebrachter Manier noch Programm machen, "aber dann hat sich's biologisch erledigt. Dann kann sich meine Generation von Theaterleuten rühmen, eine 2500 Jahre alte Institution zugrunde gerichtet zu haben. Das möchte ich nicht auf meinem Grabstein stehen haben." Diesen Worten folgend muss man das neue Programm inklusive seiner Gestaltung betrachten, das sich nicht nur im evangelischen Gemeindehaus, sondern auch im Museum Otto Schäfer und mit ganz neu im Programm befindlichen begleiteten Theaterfahrten nach Meiningen, Würzburg und Bamberg entfaltet.
Vorfreude bei Bürgermeisterin Lippert und Dekan Bruckmann
Ob der neue Schweinfurter Theater-Weg beim Publikum ankommt, wird sich zeigen. Die Vorschusslorbeeren sind aber vorhanden, wie Bürgermeisterin Sorya Lippert in Vertretung des Oberbürgermeisters betonte. Man lebe in schwierigen Zeiten, und es sei "so still gewesen, wie haben wir das Theater vermisst". Sie wünschte "ganz viel Drama, Tanz und Show auf der Bühne. Freuen wir uns auf eine ganz besondere Zeit".
Ein Wunsch, dem sich auch Dekan Oliver Bruckmann gerne anschloss. Dass das 1929 gebaute und immer schon für kulturelle und gesellschaftliche Zwecke genutzte Gemeindehaus nun das Theater auf Zeit beherbergen dürfe, freue ihn: "Es ist fantastisch, dass das gesellschaftliche Leben und die Kultur zurückkehrt, denn dafür ist das Haus gebaut."