Was sagt es aus, wenn der Kapitän einer professionell Sport treibenden Mannschaft auf der Homepage seines Arbeitgebers öffentlich um Entschuldigung für die zuletzt gezeigte Leistung und um die weitere Unterstützung der Anhängerschaft bittet? So gut gemeint so eine Aktion auch sein mag – für von außen möglichst objektiv beobachtende Begleiter kann das zumindest ein wenig skurril erscheinen. Und Raum für Interpretationen bieten, was wirklich im Argen liegt aktuell.
Plaudert man mit Felix Hoffmann dieser Tage dann mal ein wenig, kann man schon auch ein Gefühl dafür entwickeln, in welch schwierigem Spagat er und letztlich auch sein Klub wirklich stecken gerade. Der Kapitän von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg hat sich an die Fans gewandt. 785 dürfen am Sonntag in die Halle. Er tat das auch gerne, weil der Verein nicht nur sein Arbeitgeber ist, sondern auch eine Herzensangelegenheit von ihm. Das hat er nicht nur immer wieder einmal gesagt – beobachtet man ihn und die Baskets und deren Werdegänge seit einigen Jahren, darf man das durchaus für bare Münze nehmen.
Im Gespräch sagt Hoffmann dann auch: "Die Situation ist mehr als ernst. Wir müssen nun sehr bald mal ein Zeichen setzen. Es muss allen bewusst sein, dass es ausschließlich noch um den Klassenerhalt geht und damit auch um den Bundesliga-Standort Würzburg." Da kämpft einer also darum, die Zukunft irgendwie zu sichern. Was naturgegeben nicht so einfach ist, weil zum Beispiel die amerikanischen Importspieler das System mit Ab- und Aufstieg so ja gar nicht kennen. Und deshalb auch nicht deren Bedeutung für einen deutschen Verein.
Derzeit rangieren die Baskets auf Abstiegsplatz 17, drei Siege aus 15 Spielen, zuletzt neun Schlappen am Stück in der Liga, inklusive Pokal sind's sogar schon zehn. Und nun kommt am Sonntag (15 Uhr) der Titelverteidiger, bei dem man sich an Silvester, also vor knapp vier Wochen, beim 61:96 und nach reichlich desolater Vorstellung eine 35-Punkte-Klatsche abgeholt hat. Auf den ersten Blick könnten die Voraussetzungen nicht viel schlechter sein. Und auf den zweiten?
Wie damals vor dem Coup gegen die Bayern
Berlin, Corona-gebeutelt wie die Baskets, kommt nach einer stressigen Euroleague-Woche mit den Niederlagen in Tel Aviv (78:87 nach durchaus sehr ordentlichem Auftritt) und in München am späten Freitagabend (56:62 nach mindestens genauso ordentlicher Vorstellung) im Gepäck auf der Durchreise an den Main. Kommende Woche hat Alba erneut zwei Spiele in der Königsklasse, und die Vorstellung in Würzburg wird das sechste Spiel innerhalb von 13 Tagen sein. Die Begeisterung der Hauptstädter auf so eine Begegnung wird sich also naturgegeben in ziemlich engen Grenzen halten. Also eine Situation wie Anfang November, als die Baskets ihren letzten Sieg eingefahren haben.
Damals gastierten die Bayern zwischen Euroleague-Partien in Würzburg – und die Baskets warfen den turmhohen Favoriten mit 90:70 aus der Halle. Aber damals funktionierte die Mannschaft auch noch. Das kann man heute so nicht mehr ungestraft behaupten. All den Corona-Umständen inklusive Quarantäne und medizinisch überwachtem vorsichtigem Wiederheranführen ans ernsthafte Training zum Trotz: Der Auftritt in Bamberg beim 78:97 war trotz angeblich toller Vorbereitung vor allem in der Defensive, aber auch vorne viel zu erschreckend harmlos.
Die Zahlen sind seit Wucherers Rauswurf schlechter geworden
Dem Mitte Dezember geschassten Trainer Denis Wucherer wurde oft vorgeworfen, seine Mannschaft würde zu schlecht verteidigen. Unter ihm kassierten die Baskets in zwölf Spielen durchschnittlich 84 Punkte pro Partie. Das ist nicht wenig, wenn man Spiele gewinnen will. Seitdem sind es, in fünf Begegnungen, im Schnitt fast zehn mehr: 93,4. Und die Würzburger trafen zuvor auch häufiger: 81,4 Punkte machten die Baskets pro Partie zu Wucherers Zeit in dieser Saison. In den letzten fünf Spielen waren es 77,2. Basketballer sind Zahlenfetischisten. Diese Hausnummern gehören aktuell eben auch zur ganzen Wahrheit.
"Ich weiß, dass ich als Kapitän vorangehen muss, und ich bin selbst unzufrieden mit meiner Leistung und meinem Auftritt in Bamberg. Aber wir müssen versuchen, als Mannschaft zusammenzuhalten", sagt Felix Hoffmann. Genau das scheint aber gerade das größte Problem zu sein: Die Mannschaft macht nicht den Eindruck, eine Mannschaft zu sein, in der sich einer für den anderen den Allerwertesten aufreißt. Im Gegenteil: Die Vorstellung in Bamberg war im Grunde vor allem Ego-Gezocke und hatte nicht das Geringste mit homogenem Team-Basketball zu tun.
Ändert sich das nicht schleunigst wieder zurück, wird der Kampf um den Klassenerhalt nicht nur beim Blick auf den Dienstplan, sondern ganz grundsätzlich zu einem Glücksspiel. Wie sagte Felix Hoffmann so schön: "Es wird Zeit, nicht mehr nur zu reden, sondern zu handeln."