Skyler Bowlin muss herzhaft lachen und erzählt, dass er genau darüber auch schon mit seinem Mannschaftskollegen Tyson Ward geplaudert habe. Ward spielte die gesamte vergangene Saison für Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg. Aber nie vor Zuschauern. Das wird er am Mittwochabend (19 Uhr) das erste Mal tun, wenn die unterfränkischen Baskets die rheinländischen empfangen. Bis zu 1570 Menschen sind wieder zugelassen beim Gastspiel des Tabellenzweiten Bonn beim Schlusslicht. Bowlin weiß nur zu gut, welchen Einfluss lärmendes Publikum in Würzburg auf eine Partie haben kann. Der US-Amerikaner aus Paragould im Bundesstaat Arkansas stand von 2018 bis zum Corona-bedingten Saisonabbruch 2020 auf der Gehaltsliste der Baskets und damals nicht nur kurz vor dem Einzug in die Play-offs, sondern er war ein Jahr zuvor mit ihnen auch im Finale des Europe Cup gestanden.
Telefoniert man am späteren Dienstagnachmittag nach der Ankunft der Rheinländer in Unterfranken mit dem 32-Jährigen, der in Würzburg seine Familie gründete, dann gerät er zwischendurch sogar ins Erinnerungsschwelgen und vor allem ins Schwärmen über seine Zeit am Main. "Nur beste Erinnerungen" habe er daran, "viele Freunde" gewonnen, und er und seine Frau Meineche, die in Würzburg Sohn Luka zur Welt brachte, fühlten sich stets "sehr wertgeschätzt". Bowlin freut sich darauf, "einige bekannte Gesichter" wiederzusehen – und spricht mit "großem Respekt" vom Gegner.
"Natürlich verfolge ich immer die Würzburger", sagt Bowlin, der die Irrungen und Wirrungen der jüngsten Wochen bei den Baskets mit Negativserie und Trainerwechsel, mit Verletzungssorgen und dem Sieg gegen Bamberg und der Niederlage in Hamburg "sehr genau beobachtet" habe: "Sie spielen inzwischen anders und sind ganz eindeutig auf einem guten Weg", meint Bowlin, der zuletzt drei Wochen pausieren musste, weil er sich eine Sprunggelenksverletzung zugezogen hatte.
Vergangenen Sonntag gab er sein Comeback. Und was für eines: Beim 95:77-Sieg der Bonner in Braunschweig war er mit 19 Punkten Top-Scorer der Partie, verwandelte fünf Dreier, gab überdies sieben Vorlagen und war laut Statistik der effektivste Akteur auf dem Parkett. "Es fühlt sich gut an, wieder zurück zu sein", sagt Bowlin auf dem Weg nach Ochsenfurt, wo die Bonner vor der Partie übernachten und er sich, wie immer bei hotelbedürftigen Auswärtsfahrten, das Zimmer mit Ward teilt. "Ich habe ihm gesagt, dass es in dieser Halle richtig laut werden kann, und dass es immer sehr schwierig ist, in Würzburg zu spielen", sagt Bowlin: "Natürlich sind wir auf dem Papier der Favorit, aber wir müssen alles geben, um in Würzburg zu gewinnen."
Das hört sich bei Sasa Filipovski sehr ähnlich an: "Um gegen Bonn zu gewinnen, müssen wir unseren besten Basketball spielen", sagt der Baskets-Trainer. "Offensiv und vor allem defensiv, was uns zuletzt ja nicht so gut gelungen ist." Die Bonner seien "auf jeder Position zweimal gut besetzt", was er von seiner Mannschaft aktuell wirklich nicht behaupten kann. Aigars Skele (Sprunggelenk) und William Buford (Knie) werden vermutlich wie schon in Hamburg verletzungsbedingt ausfallen. Bei Desi Rodriguez ist es noch nicht klar, ob er spielen kann. "Am Dienstag hat er jedenfalls nicht mit uns trainieren können, und wenn er spielt, kann er das mit maximal 50 Prozent seines Leistungsvermögens", sagt Filipovski.
Die Bonner erzielen mit durchschnittlich 87,7 Punkte pro Partie die meisten aller Bundesligisten und haben neun ihrer 15 Siege zu Hause eingefahren. Logischerweise haben sie dann in der Fremde vier ihrer zehn Partien verloren. Einen "sehr ausgeglichenen, athletischen, harten und schnellen" Gegner mit "einem tiefen Kader" erwartet Filipovski, der "Schritt für Schritt" weiter daran arbeitet, "Offensive und Defensive auch über 40 Minuten auf hohem Niveau" spielen lassen zu wollen.
Dabei mithelfen soll der neue Aufbauspieler Charles Callison, der seine Premiere im Baskets-Leibchen geben wird und nach den Medizinchecks ein paar Mal mit der Mannschaft trainiert hat. Nicht dabei sein wird der vom Klub verkündete neue Center. Geoffrey Groselle war entgegen der Erwartung und der Ankündigung des Klubs laut Filipovski am Dienstagnachmittag noch nicht in der Domstadt eingetroffen. Ein neuer Big Man aber ist für die Baskets essentiell im Kampf um den Klassenerhalt. Warten auf Groselle, sozusagen.
In Samuel Becketts brillantem Werk "Warten auf Godot", das als Inbegriff des absurden Theaters gilt, schickt der Erwartete immer nur einen Jungen als Boten, der mitteilt, Godot werde zwar nicht heute, bestimmt aber morgen kommen. Er erscheint nie. Bleibt den Baskets zu wünschen, dass ihnen das Schicksal der beiden Beckett'schen Landstreicher, die sich die Wartezeit mit allerlei Spielen vertreiben, erspart bleibt.