
Instinktspieler! Also einer, der auch nicht immer in jedem Spielzug darauf hört, was die Trainer vorgegeben haben. Einer, der bisweilen situationsabhängig eigene Entscheidungen trifft auf dem Parkett. So beschreibt Denis Wucherer ihn. „Aber so einen brauchen wir ja auch“, sagt der Trainer von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg, wenn er angesprochen wird auf seinen Neuzugang Desi Rodriguez.
Der 25-jährige Amerikaner hat – neben seinem Landsmann William Buford – in den ersten drei Pflichtspielen von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen. Desi Rodriguez darf man ungestraft als das für die Baskets vermutlich hoffnungsfroheste Gesamtpaket im Kader bezeichnen. Vielleicht sogar, ohne zu despektierlich sein zu wollen, als eine Art eierlegende Wollmilchsau, wie sie die Berliner in Luke Sikma gefunden haben.
23 Punkte. So viele hatte Rodriguez noch nie erzielt in der Bundesliga. Fünf Vorlagen. So viele wie noch nie. Neun Rebounds. Nie hat er sich mehr Abpraller geschnappt. All das in knapp 28 Minuten Spielzeit - so lange stand Desi Rodriguez noch nie in Deutschland auf dem Parkett. Sorry, aber dieser Ausflug in seine Statistikwerte aus dem letztlich überraschenden 90:88-Sieg der Baskets gegen Oldenburg am vergangenen Freitagabend muss erlaubt sein, um seinen sportlichen Wert für die Baskets erahnen zu können.
Womöglich hat Desi Rodriguez aber auch noch mehr Qualitäten für die Mannschaft. Er macht den Eindruck, sich eingelebt zu haben in Würzburg, was in der Vergangenheit nicht jedem Importspieler gelungen ist. "Ich fühle mich hier wohl, und die Jungs haben mich gut aufgenommen", sagt Rodriguez, wenn man mal nach einem Training mit ihm plaudert. "Die Chemie in der Mannschaft ist gut, und wir wollen alle jeden Tag besser werden und eine großartige Saison spielen."

Was sich erst einmal anhört wie einstudiertes Sportlersprech, entwickelt sich selbst in einem nicht extrem langen Gespräch an diesem Mittag im Trainingszentrum der Baskets zu einem durchaus interessanten Austausch: "Ich bin mit so großen offenen Armen empfangen worden hier. Da möchte ich gerne auch etwas zurückgeben", sagt Rodriguez. Sein Trainer schätzt vor allem seine Energie und Physis und dass Rodriguez "immer gut drauf und auch lustig ist". Laut Wucherer wird der Flügelspieler, der auch mal als kleiner Center aushelfen kann, von "Mitspielern und Trainern sehr geschätzt".
Die wenig erquickliche Zeit in Ludwigsburg
Rodriguez spielte nach seinem College-Abschluss an der Seton Hall University zwei Jahre lang im Programm der Los Angeles Clippers in der NBA G-League. Also dem Nachwuchsprogramm der besten Liga der Welt. Dann kam er durch einen College-Kollegen, der in Ludwigsburg spielte, nach Schwaben. Nicht seine fröhlichste Zeit, sein erstes Europa-Erlebnis, wie er freimütig zugibt. Desi Rodriguez mag nicht lange über seine erste Saison in der Bundesliga sprechen: "Ich hatte einige Ups and Downs dort." Er lacht dann herzlich und möchte nicht zu viele Worte darüber verlieren, auch nicht über den in Würzburg bestens bekannten Ludwigsburger Trainer John Patrick: "Ich fokussiere mich ganz auf Würzburg jetzt. Und ich fühle mich wohl hier. Die Chemie passt besser."
Seine Ziele? Logisch! Die aller ehrgeizigen Basketballer: "Natürlich würden wir alle im Team gerne die Post-Season erreichen, also die Play-offs. Aber das ist ein harter Weg." Und persönlich? Auch klar: "Ich will jeden Tag ein bisschen besser werden", sagt Desi Rodriguez. Und vor allem: "Stay healthy, please." Gesund bleiben!

Der linke Arm des Modellathleten, bei dem sich 100 Kilo auf 1,98 Meter Körpergröße verteilen, also sein Wurfarm, ist bis zur Schulter gepflastert mit Tattoos. Fragt man Desi Rodriguez, welches von den vielen eine besondere Bedeutung für ihn hat, zeigt der Linkshänder ein ziemlich kleines, kurz über dem Handrücken: das Tor zum Yankee Stadium, wo vor allem Baseballer ihr Unwesen treiben. Es ist die bekannteste Sportstätte in der Bronx. In jenem genauso multikulturell wie wegen Kriminalität berüchtigten New Yorker Stadtteil ist Desi Rodriguez geboren und aufgewachsen. "Ich habe dort viel gelernt, auch fürs Leben", sagt er heute – und lächelt. Ganz so, als sei er schon ein wenig froh, dem Ort durch seinen Sport entflohen zu sein.