
Nicht schon wieder! Felix Hoffmann war bestimmt nicht der einzige Mensch in dieser Halle, dem dieser Gedanke in den Kopf schoss am Sonntagnachmittag, als es so auf Fünf zuging. Da hatte seine Mannschaft mal wieder drei Viertel lang mit sehr viel Leidenschaft und beeindruckender Kampfkraft einem individuell talentierteren Team nicht nur die Stirn geboten, sondern schien auf einem guten Weg zu sein, sich für all den Einsatz auch einmal wieder zu belohnen. Mit zehn Punkten Vorsprung (72:62) war Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg in das letzte Viertel gestartet, ehe sich Geschichte zu wiederholen schien.
Punkt um Punkt hamsterte sich Brose Bamberg wieder heran, und nachdem Nationalspieler Christian Sengfelder den sechsten Bamberger Dreier innerhalb von sechseinhalb Minuten versenkt hatte, führten die Oberfranken mit 87:83. Sekunden später unterlief Würzburgs Aigars Skele ein Schrittfehler, und es schien alles darauf hinauszulaufen, dass die Würzburger nach den jüngsten Niederlagen gegen Alba Berlin und in Braunschweig zum dritten Mal in Folge eine Partie in den letzten Minuten verlieren würden. Selbst 78 Sekunden vor Ultimo führten die Bamberger noch immer mit vier Punkten Unterschied (89:85).
Wie auch noch 47 Sekunden vor Schluss. Ehe sie "kindische Fehler" begingen, wie ihr Trainer Oren Amiel anschließend so treffend bemerkte. Und dabei meinte er bestimmt nicht nur das selten ungeschickte Eingreifen seines Spielmachers Justin Robinson in der allerletzten Sekunde beim Versuch, Cameron Hunt am Notwurf noch zu hindern. Sondern vermutlich vor allem den – 'tschuldigung – außergewöhnlich unintelligenten Ballverlust seines an diesem Nachmittag besten Akteurs, Omar Prewitt, beim Einwurf unterm eigenen Korb.

Craig Moller bedankte sich für das Geschenk mit dem 89:89-Ausgleich 45 Sekunden vor Schluss, und Cameron Hunt durfte nach Robinsons Foul von der Freiwurflinie aus die Partie dann zu Gunsten der Baskets entscheiden. "Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir uns heute endlich auch einmal wieder belohnt haben", sagte Hoffmann, während er seinen Filius auf dem Arm hatte. Die Erleichterung war greifbar in diesem Moment, und so entspannt lächelnd hatte man den bei aller Ernsthaftigkeit in den Gesprächen über seinen Beruf im Grunde oft optimistisch und fröhlich wirkenden 32-Jährigen lange nicht mehr gesehen nach einem Spiel.
Genau genommen seit dem späten Abend des 2. November vergangenen Jahres, als die Würzburger den FC Bayern München mit 90:70 aus der Halle geprügelt hatten. Seitdem setzte es zwölf Pflichtspielniederlagen in Serie (eine im Pokalwettbewerb, elf in der Liga), und dass der Baskets-Kapitän nun die gesamte Mannschaft zum Essen einladen muss, weil er es den Kollegen vor dem Spiel in der Kabine im Falle eines Sieges versprochen hatte – "das tue ich saugerne".
Ob der Überraschungssieg gegen den "Lieblingsgegner" der Würzburger lediglich eine aus Baskets-Sicht erfreuliche Momentaufnahme ist oder als Knotenlöser im Kampf um den Klassenerhalt taugen kann, wird freilich erst die Zukunft zeigen, die vor der Länderspielpause beileibe nicht arm ist an mindestens genauso anspruchsvollen Herausforderungen mit den Begegnungen in Hamburg (11.2.) und gegen Bonn (16.2.). Ehe im März die Partien gegen Ulm, Crailsheim und Heidelberg und in Göttingen anstehen. Und die wegen der Corona-Pause ausgefallenen Spiele in Frankfurt (16.3.) und Chemnitz (24.3.) wurden von der Liga ja auch noch dazwischen geschoben.
Alex King, der zuletzt auch wieder etwas selbstbewusster (und erfolgreicher) seinem Handwerk nachging, war jedenfalls heilfroh darüber, "dass wir auch mal ein Spiel in den letzten fünf Minuten gewonnen haben". Und sein Trainer war einfach "sehr glücklich", vor allem für seine Spieler: "Sie haben hart gearbeitet und müssen mit vielen Problemen und Verletzungen zurecht kommen", sagte Sasa Filipovski, der auch einen an diesem Nachmittag in der mit 749 Zuschauern unter Corona-Auflagen beinahe ausverkauften tectake-Arena nicht unwesentlichen Punkt hervorhob: "Ich bin auch sehr glücklich für unsere Fans und möchte ihnen danken. Ohne sie hätten wir dieses Spiel heute nicht gewonnen. Sie haben uns heute auch in den schwierigen Momenten sehr geholfen."
Fürwahr hätte dieses über die komplette Distanz nicht nur sehr spannende und kurzweilige, sondern über ganz weite Strecken sogar richtig hochklassige Rodeo auf der Rasierklinge ohne die dezibelstarke Klatschpappung des Anhangs auch zweifellos in der 13. Niederlage am Stück münden können. Wie teuer der Stopp der Negativspirale tatsächlich erkauft wurde, wird die Zukunft weisen: William Buford war wegen seiner Knieverletzung sowieso zum Zuschauen verurteilt, und Desi Rodriguez musste auch während des Spiels in der Kabine wegen seiner Achillessehnenreizung behandelt werden und humpelte gerade einmal gut zehn Minuten übers Parkett (in denen er freilich elf Punkte warf). Die Amerikaner sind die beiden Konstantesten und Treffsichersten der Baskets.

Und Felix Hoffmann will seinen Sehnenanriss im Fuß erst in der Länderspielpause vernünftig therapieren lassen. Des überraschenden jüngsten Erfolges zum Trotz: Die Gesamtsituation der Baskets bleibt erst einmal schwierig, und Verstärkungen erscheinen noch immer dringend notwendig.