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Basketball: Bundesliga
Interview mit Sasa Filipovski: Das plant der neue Trainer der Baskets
Am Montag steht für Sasa Filipovski das erste Spiel als Cheftrainer von s.Oliver Würzburg an. Der 47-jährige Slowene spricht im Exklusiv-Interview über seine Philosophie und seine Ziele.
Sasa Filipovski bei seinem ersten Training bei Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg am vergangenen Montag.
Foto: Steffen Wienhold | Sasa Filipovski bei seinem ersten Training bei Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg am vergangenen Montag.
Thomas Brandstetter
 und  Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:04 Uhr

Neuer Trainer, neues Glück? Nach fünf Niederlagen in Serie empfängt s.Oliver Würzburg, derzeit Kellerkind der Basketball-Bundesliga, am Montag (20.30 Uhr) den Tabellendritten BG Göttingen. Es ist das erste Spiel für den neuen Baskets-Cheftrainer Sasa Filipovski. Ein Gespräch mit dem 47-jährigen Slowenen über Baustellen im Team, seine Spiel-Philosophie und Ziele.

Frage: Wie ist Ihr erster Eindruck von der Stadt und dem Verein?

Sasa Filipovski: Das Trainingszentrum ist super, und wir können dort gut arbeiten, zweimal am Tag trainieren wir. Alle sind sehr nett und professionell. Die Menschen hier in der Organisation helfen uns, den Coaches und den Spielern, uns wohlzufühlen. Wir können uns auf unseren Job fokussieren. Leider hatte ich noch keine Chance, die Stadt zu sehen, weil ich mich auf den Job konzentrieren muss. Ich freue mich jedenfalls, hier zu sein und werde mein Bestes geben.

Was hatten Sie von Würzburg zuvor gehört, und wie ist der Kontakt zum Verein überhaupt zustande gekommen?

Filipovski: Natürlich habe ich in der Vergangenheit Teams aus Deutschland kennengelernt. Mit meinen Vereinen spielten wir gegen Bamberg unter Chris Fleming oder gegen Alba Berlin unter Svetislav Pesic. Auch Göttingen oder Ludwigsburg unter John Patrick habe ich schon kennengelernt. Aber mit Würzburg hatte ich noch keine Erfahrungen gemacht. Kreso Loncar (Anmerk. d. Red.: der Manager Sport und Scouting der Baskets) hat mich angerufen und mir gesagt, dass sie Interesse hätten, jemanden zu verpflichten, der helfen kann mit seiner Erfahrung. Ich bin 47 Jahre alt, bin seit mehr als 25 Jahren Coach, ich habe in der zweiten Liga gespielt. Ich kannte Kreso als Spieler, weil ich als Coach in Russland gegen ihn gespielt habe, und als er jung war, habe ich ihn in Benetton und in Split erlebt. In der Euroleague habe ich gegen ihn gecoacht. Er war ein toller Spieler. Wir kannten uns auf professioneller Ebene, hatten aber nie engen Kontakt. Ich weiß von Deutschland, dass es sehr gut organisiert ist. Das Land ist ein Vorbild für viele europäische Länder, und ich habe von Kollegen gehört, dass die Liga sehr gut ist. Ich weiß, dass Dirk Nowitzki hier in Würzburg gespielt hat, dass der Verein eine Historie hat und die Fans Basketball lieben. In der Halle soll immer eine sehr gute Stimmung sein. Natürlich schade, dass ich das wegen Corona jetzt erst einmal nicht erleben kann. Aber ich freue mich auf die Atmosphäre hier.

Interimstrainer Steven Key (links), der wieder Sasa filipovskis Co-Trainer wird, und Kresimir Loncar, Manager Sport und Scouting bei den Baskets, bei der Niederlage gegen Hamburg.
Foto: HMB Media/Julien Becker | Interimstrainer Steven Key (links), der wieder Sasa filipovskis Co-Trainer wird, und Kresimir Loncar, Manager Sport und Scouting bei den Baskets, bei der Niederlage gegen Hamburg.
Sie haben europäische Top-Teams (mit-)gecoached. Ist ein um den Klassenerhalt kämpfender Bundesligist wie Würzburg da jetzt nicht ein Rückschritt – oder womöglich sogar die Chance, etwas aufzubauen und ins europäische Geschäft zurückzukommen?

Filipovski: Wissen Sie, wenn Sie jünger sind und in die Disco gehen, achten sie auf junge Frauen, die hübsch sind oder schöne Beine und Augen haben. Aber je älter wir werden, desto mehr brauchen wir einen Freund, einen Partner. So ist es auch im Basketball. Wenn du älter wirst, verändern sich die Prioritäten im Leben. Man sucht eine Umgebung, in der man sich gut fühlen und sein Wissen weitergeben kann. Natürlich sieht es auf dem Papier so aus, als würde ich zwei Schritte zurückgehen, weil ich mal in der Euroleague, im Eurocup und in der Champions League gecoacht habe. Aber manchmal ist es besser, einen Schritt zurückzugehen, um dann einen oder zwei nach vorne zu machen. Ich unterschätze diesen Verein hier keinesfalls. Ich habe mich auch deshalb für diesen Klub entschieden, weil ich überzeugt davon bin, dass ich hier zeigen kann, was ich drauf habe und weil hier harte Arbeit, Disziplin und Organisation sehr wichtig sind.

Welchen ersten Eindruck haben Sie von der Mannschaft, physisch wie mental?

Filipovski: Im Moment bin ich noch im Prozess, die Spieler kennenzulernen. Es ist schwierig, in wenigen Tagen alles über alle zu erfahren. Was ich sagen kann: Die Spieler arbeiten hart, sie wollen sich verbessern, sie geben Gas im Training, sind konzentriert und hören zu. Ich muss noch herausfinden, wie sie reagieren, wenn sie müde sind. Die Mannschaft hat Talent, aber um sie besser kennenzulernen, brauche ich natürlich noch mehr Zeit. Klar ist: Die Defensive muss besser werden, bessere Teamverteidigung, besseres Rebounding. Meine Philosophie ist: Wir wollen jedes Training besser werden und in jedem Spiel. Ich glaube an Psychologie, im Sinne von: Wenn wir im Leben Veränderung erwarten, müssen wir uns ändern. Und ich denke, dass wir uns nur ändern können, wenn wir unsere Komfortzone verlassen. Und das werde ich versuchen: auch die Spieler aus ihren Komfortzonen zu holen.

"Wenn meine Frau nicht gut Fleisch kochen kann, aber gutes Gemüse, dann wähle ich das Gemüse. So ist es auch hier."
Sasa Filipovski, Baskets-Trainer
Welchen Spielstil bevorzugen Sie?

Filipovski: Wenn man Basketball auf hohem Niveau spielen will, muss man alle vier Phasen des Spiels beherrschen. 50 Prozent spielt man Verteidigung, 50 Prozent Offensive. Und auch die Transition, also der Übergang vom Angriff in die Abwehr und andersrum, ist wichtig. Ich bin ein Coach, dem alle vier Phasen wichtig sind. Wir wollen Teambasketball spielen. Auf Dinge, die nicht im Statistikbogen auftauchen, lege ich auch viel Wert. Das bedeutet, dass man sich in der Offensive hilft. Wie viele gute Blöcke jemand stellt, steht in keinem Statistikbogen. Extrapässe genauso wenig wie ein richtiger Laufweg für meinen Teamkollegen. In der Verteidigung gilt das fürs Helfen meines Mitspielers oder für abgefälschte Pässe. Das sind alles Dinge, die nicht in den Statistiken stehen. Die beste Verteidigung beginnt mit einer schlauen Offensive, denn wenn man Ballverluste hat, spielt man keine Defense, sondern kassiert Punkte.

Symbolbild: Die Defensive (hier versuchen Julius Böhmer, links, und Tomasz Gielo, rechts, den Hamburger Justus Hollatz am Korberfolg zu hindern) war in den letzten Wochen das Hauptproblem der Baskets.
Foto: Heiko Becker | Symbolbild: Die Defensive (hier versuchen Julius Böhmer, links, und Tomasz Gielo, rechts, den Hamburger Justus Hollatz am Korberfolg zu hindern) war in den letzten Wochen das Hauptproblem der Baskets.
Stichwort Defensive – ganz offensichtlich war die das Hauptproblem der Mannschaft in den letzten Wochen. Wie wollen Sie das beheben?

Filipovski: Da gibt es individuelle Aufgaben, also eins gegen eins am Ball und abseits des Balls, und es gibt Teamaufgaben, Hilfsverteidigung. Wir wissen, dass im Leben Gewohnheiten das Wichtigste sind, aber wir Menschen sind so gebaut, dass wir Gewohnheiten am schwierigsten ändern können. Viele Menschen wollen aufhören zu rauchen, aber es ist ihre Gewohnheit. Einige schaffen das schnell, andere gar nicht. Wenn jemand mit durchgestreckten Beinen in der Defense steht und keine gute Position hat, dann muss ich ihm beibringen, mit dem Rauchen aufzuhören. Man muss keine Experte sein, um zu sehen, dass wir zuletzt einfach zu viele Punkte kassiert haben.

Wie wollen Sie das Problem auf der Centerposition lösen?

Filipovski: Ja, wir haben keine richtig großen Spieler, aber wir müssen das Potenzial nutzen, das wir haben. Ich kann niemanden wachsen lassen. Wir müssen lernen, unterhalb des Ringniveaus zu agieren. Wenn wir keine Spieler haben, die oberhalb des Rings spielen können, müssen wir eben unterhalb spielen. Wir müssen gut ausboxen, als Team gut rebounden. Wir gewinnen das Spiel nicht in der Luft, also müssen wir es auf dem Boden gewinnen.

Eine Alternative wäre: Sie schauen sich nach einem neuen Center um. Tun Sie das? 

Filipovski: Aktuell ist es das Ziel, das Beste aus dem aktuellen Kader herauszuholen. Jeder will Michael Jordan oder Dirk Nowitzki im Team haben, aber meistens ist das eben nicht möglich. Derzeit müssen wir mit dem Personal klarkommen, das wir aktuell haben. Wir geben den Spielern, die da sind, eine Chance, und dann werden wir sehen. Jeder ist austauschbar, auch ich.

Die Herren William Buford (links) und Desi Rodriguez im Austausch beim Spiel der Baskets gegen Hamburg
Foto: HMB Media/Julien Becker | Die Herren William Buford (links) und Desi Rodriguez im Austausch beim Spiel der Baskets gegen Hamburg
Was sehen Sie als Ihre erste Baustelle an?

Filipovski: Der erste Teil ist Analyse. Damit bin ich aktuell beschäftigt. Und wenn ich mehr über alle weiß, dann werde ich ein System entwickeln. Nach der Analyse können wir die richtigen Aufgaben auf die richtigen Spieler verteilen. Wenn meine Frau nicht gut Fleisch kochen kann, aber gutes Gemüse, dann wähle ich das Gemüse. So ist es auch hier. Wenn einer ein guter Werfer ist, muss ich ihm zum Werfen den Ball geben. Wenn einer ein guter Ballhandler ist, dann muss er im Eins-gegen-Eins den Ball kriegen. Im Moment versuche ich herauszufinden, wer was kann. Und dann werde ich das System bauen. Ein Haus muss vom Fundament her gebaut werden, nicht vom Dach her. Deshalb muss ich jetzt erst einmal das Fundament legen.

Sie erwähnten vorhin hübsche Frauen in der Disco: Sie haben Familie – bleibt die erst einmal zu Hause, oder kommt sie nach?

Filipovski: Ich bin kein Partymensch, ich wollte da nur ein Beispiel geben. Ich bin Teil einer modernen Familie. Heutzutage sind mehr als 50 Prozent der Menschen geschieden, so auch ich. Ich war 16 Jahre mit meiner Frau zusammen, aber vor elf Jahren haben wir uns scheiden lassen. Nach einem Jahr habe ich meine jetzige Partnerin kennengelernt. Auch sie ist geschieden und hat eine Tochter. Ich habe zwei Söhne. Und wir sind jetzt mehr als eine Familie. Sie leben in Slowenien. Ich bin aktuell alleine hier, aber wenn sich alles gesetzt hat, wird meine Frau kommen, und hoffentlich sind die Kinder dann in der Schule und können mich in den Ferien besuchen.

 
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