Auch, wenn die Partie zu diesem Zeitpunkt, sechs Minuten und 20 Sekunden vor Schluss bereits seit geraumer Zeit entschieden ist - die Szenen in jenen Momenten versinnbildlichen den gesamten Auftritt von s.Oliver Würzburg beim FC Bayern München ganz gut: Erst verspringt Baskets-Neuzugang Robert Lowery beim Dribbling das Spielgerät, was Robin Amaize ermöglicht, es ihm zu klauen. Was wiederum den Würzburger dazu ermuntert, beim verzweifelten Versuch, die Kugel wieder zu kriegen, dem Münchner sehr kräftig in die Parade zu fahren. Was die Schiedsrichter freilich motiviert, dieses Foul als unsportliches zu pfeifen. Kurz später kutscht Lowery in der Hocke und schimpft wie ein Rohrspatz mit gesenktem Haupt aufs Parkett ein. Und wohl vor allem auch mit sich. Dann trottet der 33-Jährige vom Spielfeld. Schnappt sich ein Handtuch und verabschiedet sich auf seinem Weg in die Kabine noch von den Auswechselspielern des Gegners. Es war sein zweites Unsportliches in dieser Begegnung (das erste hatte er bereits nach gut drei Minuten angekreidet bekommen) - was bedeutet: Er muss den Innenraum der Arena verlassen.
Und so blieb dem neuen Spielmacher der Baskets zumindest erspart mit anzusehen, wie die Münchner ihre 18-Punkte-Führung (79:61) bis zum 97:76-Ende dann sogar noch ein wenig ausbauten. "Wir waren heute praktisch die gesamte Spielzeit über auf der Suche nach unserem Rhythmus, den hatten wir auch in der ersten Hälfte eigentlich nie wirklich gefunden. Und spätestens im dritten Viertel hat uns dann die physische Verteidigung der Bayern endgültig den Zahn gezogen", analysierte Baskets-Trainer Denis Wucherer etwas später. Und natürlich hatte er auch Recht, wenn er meinte: "Immer, wenn wir dran waren, haben wir dann auch ziemlich unclever agiert." Er meinte bestimmt auch die teils dummen Ballverluste (insgesamt 18 gegenüber sechs bei den Gastgebern) und unnötige Fouls bei Drei-Punkte-Würfen.
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Dabei hielten die Würzburger, für die Wucherer mit Lowery, Cameron Hunt, Felix Hoffmann, Alex King (in seinem 599. Bundesligaspiel) und Murphy Holloway dieselbe Formation zum Sprungball geschickt hatte wie beim 101:82-Sieg gegen Gießen am Mittwoch, nach einem recht mutigen Beginn in den ersten 20 Minuten ganz gut mit gegen den Euroleague-Teilnehmer aus der Landeshauptstadt. Sie gingen insgesamt sogar dreimal in Führung und ließen sich auch trotz eines recht frühen zweistelligen Rückstands (10:21) nicht wirklich abschütteln. Auch dank eines zwischenzeitlichen, viertelübergreifenden 14:2-Laufs blieben sie bis zur Pause (40:45) stets in Schlagdistanz, was sie vor allem einer erstaunlichen Zwei-Punkte-Quote von 69 Prozent (elf von 16 Versuchen fanden das Ziel) sowie sogar einer sehr überraschenden Rebound-Überlegenheit (18 zu 15) zu verdanken hatten.
Das alles sollte sich dann aber bald in Hälfte zwei schlagartig ändern, nachdem die Baskets den Rückstand dank eines 10:2-Lauf sogar bis auf nur einen Zähler wieder verkürzt hatten (52:53). Nach gut 24 Spielminuten und einer Auszeit von Bayern-Trainer Andrea Trinchieri erhöhten die Hausherren den Druck immens. Vor allem in der Defense. Sie erinnerten sich daran, wie ein Euroleague-Team zu verteidigen - und wie zu treffen hat. Mit dem sich direkt anschließenden, viertelübergreifenden 22:3-Lauf zum 75:55, währenddessen Paul Zipser auch sein 1000. Punkt in der Bundesliga gelang, entschieden die Münchner bereits bis zu Beginn des Schlussabschnitts die Partie. Und bescherten den Unterfranken letztlich nach den Klatschen gegen Hamburg und in Oldenburg die dritthöchste Saisonniederlage. "Wir waren heute körperlich unterlegen. The Rebounds killed us", sagte Murphy Holloway, der sich nach seinem durchaus gelungenen Debüt gegen Gießen steigerte, 14 Punkte machte und sich manch nettes Schrank-Duell lieferte mit Münchens Jalen Reynolds.
So hätte Denis Wucherer nach der Entscheidung die verbleibenden knapp neun Minuten also auch gerne als zusätzliche Übungseinheit zur Integration der Neuverpflichtungen nutzen können. Lowery und Holloway versuchten sich in manchem Angriff daran auch erfolgreich, bis der neue Point Guard eben frühzeitg zum Duschen gehen durfte. Fortan gab Wucherer vor allem seinen Youngstern Joshua Obiesie, Nils Haßfurther und Jonas Weitzel die Gelegenheit, auf dem Parkett zu lernen, und gegen Ende standen dann noch mit Florian Koch und Julian Albus gar fünf deutsche Würzburger auf dem Feld.
Dies war freilich vermutlich auch der kommenden Aufgabe geschuldet, wenn King, Holloway, Tyson Ward und Perry Jones, der nach wie vor seinen Wurf sucht, wohl wieder mehr Minuten zu gehen haben werden als in München und deshalb gegen Ende auch ein wenig geschont wurden. Zu den Crailsheimer Merlins geht's am Mittwoch (20.30 Uhr). Die selbsternannten Zauberer sind am Sonntagabend in Berlin bei der 62:100-Lehrstunde zwar erst einmal ziemlich entzaubert worden - gegen die Baskets gehen sie freilich dennoch als Favorit ins Rennen.
Wie dem auch sei: Wucherer ist jedenfalls sehr froh, dass nun viele Spiele anstehen (insgesamt sechs im März). "Auf eine ganze Woche Training hätte ich nun gar keinen Bock", sagte Wucherer. Wahrscheinlich auch, weil er und seine Mannschaft möglichst schnell zeigen wollen, dass es um einiges besser geht als zumindest in der zweiten Hälfte in München.