Sein kleines Jubiläum hatte sich Florian Koch bestimmt bereits im Vorfeld ein wenig erfreulicher vorgestellt - aber was will man machen, wenn der Dienstplan es vorsieht, dass man sein 250. Spiel in der Bundesliga ausgerechnet beim Titelverteidiger und Pokalsieger zu absolvieren hat? Wie unter den gegebenen Voraussetzungen gar nicht anders zu erwarten, hätten sich Koch und seine Kollegen im Rumpfteam von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg den sonntäglichen Ausflug zu Alba Berlin - hinwärts mit dem Zug, heimwärts mit dem Bus durch die Nacht - eigentlich auch sparen können. Wenngleich die Baskets bei der 85:99 (45:53)-Niederlage eine über weite Strecken durchaus sehr couragierte Vorstellung boten. Und sogar "ein wenig Spaß" hatten, wie Jonas Weitzel anschließend bemerkte. Der 22-Jährige Center spielte eine außerordentliche Partie und war in seiner erst elften Bundesliga-Begegnung überhaupt mit 20 Punkten der treffsicherste Würzburger, wobei er über die Hälfte seiner Würfe aus dem Feld traf (sieben von 13), sogar einen Dreier versenkte und an der Freiwurflinie bei fünf Versuchen gänzlich ohne Fehl und Tadel blieb.
Wer unter den den Würzburgern gewogenen Menschen vor dem Sprungball gehofft hatte, dass die Akkordarbeit und die (Reise-)Strapazen der letzten Wochen den Berlinern irgendwie in den Knochen stecken könnten, der konnte sich zumindest in der ersten Hälfte ein wenig bestätigt fühlen. Die Begegnung gegen die Baskets war bereits das 34. Pflichtspiel in dieser Saison für die Albatrosse, die zehnte in den vergangenen 21 Tagen, und erst am sehr späten Freitagabend gewannen sie mit 84:77 in Gasteiz ihre achte von 21 Partien in der Königsklasse Euroleague, in der sie bereits am Mittwoch schon wieder ZSKA Moskau empfangen und am Freitag Real Madrid, ehe am Sonntag das nächste Bundesligaspiel gegen Vechta ansteht. So geht das die ganze Zeit bei den Berlinern, weshalb bei ihnen natürlich sinnvolles Kräftemanagement angesagt ist.
Das sah dann gegen die dezimierten Würzburger so aus: 12:7 nach zweieinhalb Minuten, 14:14 nach fünf Minuten, 28:20 nach zehn. Dass der Unterschied des eigentlichen Leistungsvermögens beider Mannschaften nicht zu Beginn und auch nicht in der gesamten ersten Halbzeit weder auf dem Parkett, noch auf dem Statistikbogen groß zu sehen war, lag neben etwaiger Müdigkeit und womöglich etwas Überheblichkeit der Berliner in erster Linie an einem sehr engagierten Auftritt der Würzburger, die rotzfrech und mutig ans Abendwerk schritten. "Wir hatten ja nichts zu verlieren", meinte Weitzel völlig zu Recht.
Sogar vier Mal konnten die Baskets, die mit sieben Spielern antraten, die vergangene Saison noch auch für den Kader des Farmteams in der drittklassigen ProB gemeldet waren, in der ersten Halbzeit in Führung gehen. Nach der Pause freilich lockerten die Hausherren dann erst einmal ein wenig die Handbremse, drückten ein wenig aufs Gaspedal und erhöhten vor allem in der Verteidigung den Druck auf die Gäste. Aus dem Acht-Punkte-Rückstand zur Halbzeit wurden so schnell 17, und im Verlauf des dritten Abschnitts lag Alba dann auch mal mit 23 Zählern vorne und hatte die sehr flotte und durchweg überaus unterhaltsame Partie endgültig entschieden.
Wobei das Duell freilich auch ein sehr ungleiches gewesen wäre, hätten die Würzburger nicht den verletzungsbedingten Ausfall ihrer drei Leistungsträger Zach Smith (Schulter), Justin Sears (Kreuzband) und jüngst Brekkott Chapman (Achillessehne) zu beklagen. So freilich hatte Trainer Denis Wucherer mit dem 23-jährigen Cameron Hunt und dem 24-jährigen US-Rookie Tyson Ward gerade einmal zwei Importspieler sowie mit dem 2,04 Meter großen Weitzel noch einen Spieler in seinen Reihen, der über zwei Meter misst. Die Berliner haben deren zehn im Kader, und am Sonntag standen zumindest sieben davon auf dem Parkett. Es war also ein von Natur aus von vornherein eigentlich ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. In dem sich die Baskets dann aber auch noch über die ersten Bundesligapunkte des soeben 19 Jahre jung gewordenen Julius Böhmer (gleich deren zehn) und das Oberhaus-Debüt des gerade einmal 16-jährigen Elijah Ndi aus dem Nachwuchsteam, der auch einen Korb machte, freuen durften.
Am Ende stand dann also eine Niederlage mit "nur" 14 Punkten Differenz, was trotz allem ja auch ein wenig Mut machen kann. "Ich kann mich heute nicht darüber beklagen, wie wir gespielt und über 40 Minuten gekämpft und den Ball haben laufen lassen", sagte Baskets-Trainer Wucherer. "Das war den Umständen entsprechend absolut okay." Wenngleich allzu viel Grund für Hoffnung, in den nächsten beiden Partien den sechsten Saisonsieg einzufahren, auch nicht dringend besteht, und diesen Optimismus hegen sicherlich auch nur die eingefleischtesten unter den Baskets-Anhängern: Nächsten Samstag gastieren die Unterfranken in Oldenburg, am Mittwoch darauf (beide 20.30 Uhr) kommt Bayern München an den Main.