Es war ein sehr augenfälliges Zeichen dafür, dass etwas ziemlich Bemerkenswertes passiert sein musste: Direkt nach dem Ertönen der Schlusssirene und nach dem Abklatschen mit Gegnern und Schiedsrichtern versammelte Denis Wucherer seine Mannen vor sich in einem Kreis, dessen Teil er war. Er sprach auf sie ein und gestikulierte ein wenig. Ein bis heute einmaliger Vorgang. Jedenfalls war das noch nicht zu beobachten gewesen, seit der 47-Jährige bei s.Oliver Würzburg den Trainerstuhl bestiegen hatte. Meist sitzt Wucherer nach Spielen auf einem Stuhl und studiert den Statistikbogen, und wenn er zur Mannschaft spricht (After-Game-Talk nennen das die Basketballer, in dem das soeben Geschehene kurz analysiert wird), dann tut er das normalerweise in der Kabine. So aber lobte Wucherer seine Mannen noch auf dem Parkett - "ein bisschen", wie er betonte. "Ich habe aber vor allem darauf aufmerksam gemacht, wie viel Substanz in ihnen steckt."
Spiel verpasst? Hier geht's zum Liveticker zum Nachlesen.
Das deuteten die neuen Baskets am Mittwochabend in Crailsheim nicht nur an. Nach einem über weite Strecken bärenstarken Auftritt mit flinker Ballbewegung verdienten sie sich dank homogenem Team-Basketball einen 94:84 ((46:41)-Sieg bei den Hakro Merlins Crailsheim, was durchaus als große Überraschung durchgehen darf. Die Baskets sprangen dank des siebten Saisonerfolges von Rang 15 vorübergehend auf Platz zehn.
Die Reaktion von Perry Jones III.
Eine Reaktion hatte Wucherer erwartet. Und seine Mannen bestimmt auch entsprechend vorbereitet. Wobei der Baskets-Trainer dabei nicht mal primär seine Mannen gemeint hatte, die er bestimmt entsprechend darauf vorbereitet hatte. Nein, nein, Wucherer hatte es nicht wirklich gepasst, dass die Crailsheimer, das Überraschungsteam dieser Saison, am Sonntagabend derart unter die Räder gekommen waren bei Alba Berlin, die die Hohenlohener mit einer 62:100-Klatsche gedemütigt auf die Heimreise schickten und sie vom zweiten Rang verdrängten. Dagegen nahm sich die 76:97-Schlappe der Würzburger bei Bayern München fast noch harmlos aus. Aber mit so einer Reaktion war beim Duell in der Arena Hohenlohe dann doch nicht wirklich zu rechnen.
Denn vor allem die Würzburger zeigten eine. Und sie agierten. Schnell. Zielstrebig. Die Kugel lief häufig flott und genau durch die Reihen, und Perry Jones III. schien sich vorgenommen zu haben, den gelungenen ersten Partien der anderen beiden Neuzugänge, Robert Lowery und Murphy Holloway, nicht mehr nachstehen zu wollen. Bislang konnte man den Eindruck gewonnen haben, dass der einstige NBA-Profi irgendwie mit angezogener Handbremse zu Werke gegangen und noch nicht wirklich eingebunden war ins (vor allem offensive) Spiel der Baskets.
Am Mittwochabend in Crailsheim bestimmte der 29-jährige Amerikaner das Spiel der Würzburger vor allem in der ersten Hälfte. Er konnte werfen, von wo er wollte - der Ball fand immer seinen Weg ins Ziel. 15 Punkte machte er - bei 100-prozentiger Trefferquote - in den ersten 20 Minuten (insgesamt wurden es dann 19) und schnappte sich zudem neun Rebounds im gesamten Spiel. Überhaupt profitierten die Baskets von ihrer sehr guten Trefferquote (gut 60 Prozent Zweier, über 50 Prozent Dreier) in dieser überaus unterhaltsamen und spielerisch anspruchsvollen ersten Halbzeit, in der die Akteure ab und an hüben wie drüben Spielzüge und Pässe zum Zungeschnalzen zeigten.
Eine äußerst attraktive Begegnung
Zu Beginn der Partie gelang den Gästen schon ein 9:0-Lauf zur 11:5-Führung, die sie dann auf neun Zähler ausbauen konnten, in die erste kurze Verschnaufpause gingen Wucherers Mannen dann mit sieben Vorsprung (28:21). Im zweiten Viertel ging es munter so weiter in dieser attraktiven Begegnung, in der die Baskets zur Pause mit fünf Punkten Vorsprung (46:41) vorne lagen.
Der ehemalige Würzburger Publikumsliebling Maurice Stuckey brachte die Crailsheimer dann im dritten Viertel mit zwei schnellen Dreiern aus dem Lehrbuch wieder auf zwei Zähler heran (53:55), ehe die Baskets mit einem 10:0-Lauf zum 65:53 ihre höchste Führung der gesamten Partie herauswarfen, wobei sich vor allem Tyson Ward mit sechs Zählern in dieser Phase (insgesamt 17 und zehn Rebounds) Fleißbildchen verdiente.
Die Crailsheimer haben in dieser Spielzeit viele enge Spiele noch gewonnen. "Insofern war es gut", meinte Wucherer, "dass wir das Spiel nicht nur über 40 Minuten meistens im Griff hatten, sondern wir es auch geschafft haben, uns Mitte des letzten Viertels so deutlich abzusetzen, dass es eben kein enges Spiel mehr wurde." Mit sieben Punkten Vorsprung gingen die Baskets in den Schlussabschnitt - zwei Minuten vor Ende waren es dann zehn (85:75), und die Partie war entschieden.
Ein Sieg, der ja auch angemessen war angesichts des Jubiläums: Alex King, die Leihgabe des FC Bayern München, ging in seinem 600. Bundesligaspiel sichtlich motiviert ans Abendwerk, versenkte zu Beginn gleich mal zwei Dreier und kam insgesamt auf 15 Punkte in seinem 90. Auftritt in einem Würzburger Leibchen. Bestimmt hat der Rekordspieler der Liga - kein anderer Akteur hat seit der offiziellen Erfassung der Daten so viele Partien in Deutschlands Premiumklasse auf dem Buckel - nun auch seinen Kollegen einen auszugeben. Zeit genug für eine kleine Feier haben die Baskets: Sie müssen erst wieder nächsten Dienstag (19 Uhr) in Weißenfels ran.