Wenn in der Basketball-Bundesliga kurz nach dem Beginn der Rückrunde der Tabellendritte den Dreizehnten empfängt, sind die Rollen üblicherweise recht klar verteilt. Zumal, wenn - wie in diesem Fall - der Gastgeber auch noch in allen halbwegs relevanten Statistiken teilweise derart eindeutig die Nase vorne hat. Durchschnittlich 88,7 zu 79,8 Punkte. 47,7 Prozent zu 46,4 bei den Treffern aus dem Feld. 38,3 Prozent zu 34,9 Dreierquote. 77,8 Prozent zu 76,5 bei den Freiwürfen. 35,6 zu 33,4 Rebounds. Und 18,2 zu 17,9 Vorlagen. Und dennoch haben die Hakro Merlins Crailsheim und s.Oliver Würzburg auch etwas gemeinsam vor ihrem Duell am Mittwoch in der Arena Hohenlohe (20.30 Uhr), in der, wenn dort nicht gerade Basketball gespielt wird, gerne Kälber versteigert werden: Beide Teams haben kräftige Watschn von den beiden deutschen Euroleague-Teilnehmern zu verdauen.
Bei den Baskets war die in München (76:97) zu erwarten gewesen - dass aber die selbsternannten Zauberer beim 62:100 in Berlin (wobei sie nach gerade einmal drei Minuten bereits 0:12 hinten lagen) derart unter die Räder kamen, durfte dann doch sehr Staunen machen (der ebenfalls deutlichen 77:101-Heimspielniederlage der Crailsheimer gegen Alba zum Trotz). In beiden Partien gegen die Hauptstädter war deutlich zu sehen, wie sehr die Hohenloher auf ihren Spielmacher Trae Bell-Haynes angewiesen sind, der sich berechtigte Hoffnungen machen darf, zum wertvollsten Spieler der Hauptrunde auserkoren zu werden, aber gegen Berlin zweimal einen gebrauchten Tag erwischt hatte. Der 25-jährige Kanadier ist mit durchschnittlich 18,2 Punkten pro Partie aktuell drittbester Schütze der Liga und verteilt zudem mit knapp acht die meisten Vorlagen. Gelingen ihm gegen Würzburg vier weitere, hat er in der deutschen Premiumklasse schon 200 gegeben.
Es könnte spannend werden zu beobachten, wie sich der 25-Jährige schlägt gegen den routinierten Baskets-Neuzugang Robert Lowery, der in den beiden Partien gegen Gießen und München durchaus zu überzeugen wusste mit seinen 16,5 Punkten im Schnitt und acht und vier Assists. Baskets-Trainer Denis Wucherer hofft, dass seine Mannen ein paar Lehren gezogen haben aus der Niederlage in der Landeshauptstadt, vor allem, dass sie verstanden haben, "auch gegen eine sehr physische Verteidigung trotzdem den Ball gut laufen zu lassen". Nach der herben Klatsche der Crailsheimer am Sonntag rechnet er "mit einer Reaktion“ der Hausherren, von denen er glaubt, dass "sie uns durchaus liegen können". Was das Hinspiel bewies, in dem die Baskets die Zauberer am Rande einer Niederlage hatten, letztlich aber beim 80:86 im sechsten Duell das erste Mal klein beigeben mussten.
Für einen Würzburger ist die Begegnung am Mittwoch eine ganz besondere: Alex King wird zum 600. Mal auf Bundesliga-Parkett stehen - was seit Beginn der offiziellen Statistik-Erfassung noch keinem Akteur vor ihm gelang. Es war der 4. Oktober 2002: Die Opel Skyliners aus Frankfurt besiegten TBB Trier mit 83:64, bei ihnen standen Größen wie der Ochsenfurter Robert Garrett, Pascal Roller oder Kai Nürnberger auf dem Feld - und ein 17-jähriges Talent: Alex King warf bei seinem sechsminütigem Debüt einmal auf den Korb, holte einen Rebound und beging drei Fouls. In den folgenden 18 Jahren und fünf Monaten wurde er dreimal Meister und gewann dreimal den Pokal, und mit seinen internationalen und Pokal-Einsätzen vor allem mit Berlin und München, aber auch in Würzburg, kommt die 36-jährige Leihgabe des FC Bayern inzwischen auf gut 800 Pflichtspiele.
6725 Tage nach seiner Premiere feiert der 42-fache Nationalspieler in seiner 90. Partie für Würzburg also sein Jubiläum: „Ich wollte einfach immer nur Basketball spielen und habe nie darauf geschaut, wie viele Spiele ich gemacht habe. Ich freue mich über meine 600 Bundesliga-Spiele und auch darüber, mit 36 Jahren immer noch auf diesem Niveau auf dem Spielfeld stehen zu können“, sagt der Jubilar: „Ich bin auch dankbar dafür, dass ich von schweren Verletzungen verschont geblieben bin, denn sonst wäre diese große Zahl an Spielen gar nicht möglich gewesen. Das zeigt auch, wie wichtig professionelles Verhalten auf und neben dem Spielfeld ist. Vor allem darauf bin ich stolz.“
Nach der Dienstreise nach Hohenlohe haben die Baskets fast eine Woche Zeit, um sich auf die wegen des positiven Corona-Tests und der angeordneten Kohorten-Quarantäne ausgefallene Partie in Weißenfels vorzubereiten, weil die fürs Wochenende angesetzte Partie gegen Bamberg verlegt werden musste (ein neuer Termin steht noch nicht fest). Die Oberfranken traten am Dienstag zu ihrem ersten Champions-League-Play-off-Spiel im tschechischen Nymburk an. Da Tschechien als Corona-Hochrisikogebiet gilt, müssen die Bamberger nach ihrer Rückkehr mindestens fünf Tage in Quarantäne.