Die desaströse Saison 2021/22 ist Geschichte, der FC 05 Schweinfurt startet am 15. Juli (18.30 Uhr) mit dem Auswärtsspiel beim TSV Rain/Lech in die neue Runde der Regionalliga Bayern – an deren Ende der Meister diesmal in die Relegation muss. Anders als im Vorjahr haben sich die Schweinfurter Platz eins nicht zum offiziell formulierten Ziel gesetzt. "Vorne mitspielen", ist von allen Verantwortlichen zu hören. "Es ist viel möglich", sagt Geschäftsführer und Hauptsponsor Markus Wolf.
In der Vorbereitung gab es für die Nullfünfer in fünf Tests bis dato fünf Siege, darunter ein 1:0 gegen Südwest-Regionalligist FSV Frankfurt. Am Samstag, 9. Juli (14 Uhr), gastiert der FC 05 zur Generalprobe bei Zweitligist 1. FC Nürnberg am Valznerweiher. Wolf feiert an diesem Tag seinen 54. Geburtstag. Und hat inzwischen die jüngere Vergangenheit verarbeitet: "Da ist viel falsch gelaufen. Bei allen. Bei Spielern, Funktionären und Trainern, das müssen wir selbstkritisch erkennen. Deswegen mussten wir das neu aufstellen", erklärt er die hohe Fluktuation mit 13 Ab- und elf Zugängen. Im Interview mit dieser Redaktion spricht Wolf über ein altes Ziel, neue Voraussetzungen und Geld.
Markus Wolf: Die letzte Spielzeit hat mich so viele Nerven gekostet. Ich lege sie unter Lernprozess zu den Akten. Aufbruchstimmung? So etwas gibt es jedes Jahr. Nur fühlt es sich diesmal positiver an in Relation zum Saisonabschluss.
Wolf: Es hat sich die Frage gestellt, ob wir wieder eine Profi-Mannschaft stellen wollen. Damit verbunden ist ein Mindest-Budget. Wir können einem Spieler, der von weiter weg kommt, nicht nur 450 Euro geben. Er sollte sich nur mit Fußball beschäftigen und davon leben können. Dann zahlen wir die Lohnnebenkosten, was vielleicht nicht jeder Regionalligist so konsequent macht. Dann noch die Berufsgenossenschaft VBG. Die Gesamtkosten für alle Spieler liegen bei 150.000 Euro. Dazu kommen Aufwendungen für Siegprämien, Sicherheitsdienste, Geschäftsstelle und dergleichen. Ganz schnell sind wir bei einem Etat, der sich für die gesamte GmbH um zwei Millionen Euro bewegt. Da hast du kaum Möglichkeiten, Geld einzusparen. Ein Stück weit haben wir uns dennoch konsolidiert...
Wolf: Wir haben einen kleineren Kader als vergangene Saison, mit zwei Mann weniger. Da liegt man in einem sechsstelligen Bereich an Einsparung. Für einen Regionalligisten sind 100.000 Euro viel Geld. Wir haben auch in der Geschäftsstelle eingespart und aktuell auch keinen Co-Trainer verpflichtet. Lieber in die Qualität der Mannschaft investiert. Was hätten wir anders machen sollen? Die Alternative wäre gewesen aufzugeben, auf Amateurbetrieb umzustellen, mit Freizeitfußballern die Klasse zu halten. Aber diesen Schritt wollten wir, insbesondere ich, aktuell noch nicht gehen.
Wolf: Irgendwo mussten wir Möglichkeiten finden, einzusparen. Es ist schade, dass keine zusätzliche Person auf dem Trainingsplatz unterstützen kann. Aber mit einem 18-Mann-Kader kann man nicht in die Saison gehen. Wir dürfen nicht vergessen: Wir haben in Nils Brendel einen sehr guten Athletiktrainer und in Norbert Kleider einen sehr erfahrenen Torwarttrainer. Auch Sportleiter Robert Hettich könnte auf der Bank aushelfen. Und wir arbeiten eng mit dem Therapie- und Trainingszentrum "Next Level" zusammen. Das alles ist außergewöhnlich für einen Regionalligisten.
Wolf: Hatten wir diskutiert. Aber die wollen sich noch hundertprozentig auf den Fußball konzentrieren. Sie können als Führungsspieler voran gehen und Vorbilder für die anderen sein – das ist viel wert. Und wir haben viele junge Spieler, die müssen ein paar Aufgaben übernehmen.
Wolf: Warum nicht? Das kann ich von einem 21-Jährigen doch verlangen. Oder die Freistoßmännchen aufstellen. Sachen zum Trainingsplatz tragen. Das haben wir früher auch gemacht. Man darf solche Dinge nicht als Strafarbeit sehen. Das hat mit Respekt und Teamgeist zu tun. Sie sollen den Erfahrenen ja nicht die Schuhe putzen.
Wolf: Nein, gar nicht. Mein Entschluss, weiter auf Profitum zu setzen, ist gefallen, als noch gar nicht klar war, ob die Kickers absteigen. Der Entwicklungs-Prozess ging bei uns ja leider schon im Februar los. Wir haben uns für eine Profimannschaft entschieden und haben jetzt eine, die oben mitspielen wird. Wir haben den Weg gewählt, junge Spieler zu verpflichten, die das Potenzial haben, höherklassig Fußball zu spielen. Mit 14 U-23-Spielern im Kader haben wir das gut hinbekommen. Wir wollen ihnen eine Plattform unter professionellen Bedingungen geben und erwarten, dass sie sich weiter entwickeln und hungrig sind.
Wolf: Gab es nicht mal den Slogan "Die jungen Wilden"?
Wolf: Das trifft es jetzt wieder, zusammen mit dem immer noch aktuellen Slogan "Wir arbeiten Fußball". Für das harte konditionelle Training in der Vorbereitung hat sich die Mannschaft in den Testspielen erstaunlich frisch präsentiert. Sie spielt aus einer stabilen Abwehr heraus, das war in den letzten Jahren nicht so. Wir müssen gut in die Saison kommen. Dann ist viel möglich.
Wolf: Unterhaching ist Top-Favorit, darüber brauchen wir nach deren Verpflichtungen nicht reden. Der FC Bayern II ist immer eine Top-Mannschaft. Würzburg kann ich schlecht einschätzen. Wir werden uns in den Top-Fünf einreihen können. Aber wir müssen in den Spielen gegen die vermeintlich Kleinen konstant bestehen. Gegen Unterhaching und Bayern kannst du beide Spiele verlieren, wenn du die restlichen 34 gewinnst. Auswärts sowie im November, wenn es eklig wird, müssen wir besser punkten.
Wolf: Er ist ein moderner Trainer, der Powerfußball sehen will. Aber er legt viel Wert auf eine stabile Defensive. Deswegen haben wir gerade in diesem Bereich Personal verpflichtet. Unsere Gegentore haben wir uns meist nach Standards, Kontern und hohen Bällen gefangen. Auffällig, wie schlecht wir da waren. Es wird künftig weniger darum gehen, wie wir gewinnen, sondern darum, dass wir gewinnen. Wenn der Fußball dann noch attraktiv ist, wäre das die Königsdisziplin.
Wolf: Wir wollten das machen, was für uns das Beste ist: Wenn ein Gegner, bei dem die Spieler vormittags noch arbeiten, am Freitagmittag losfahren und abends bei uns spielen muss. Da muss man egoistisch sein. Und Abendspiele sind einfach attraktiver, waren in den letzten Jahren besser besucht.
Wolf: Das ist unwichtig. Für die Relegation zählt Platz eins, der Rest ist ziemlich unbedeutend. Wir haben außerdem eigene Talente und eine gute Kooperation mit dem TSV Großbardorf. Jüngstes Beispiel: die Rückkehr von Julius Landeck, der in der Bayernliga Erfahrung gesammelt hat. Viele sagen, es sei ein Fehler gewesen, unsere Reserve abzumelden. War es nicht. Die war zuletzt eine Mannschaft mit Spielern, die mit unserem Nachwuchsleistungszentrum nur wenig zu tun hatten. Das hat uns nicht weiter gebracht.
Wolf: Sportlich wäre eine Süd-Liga mit mehr Derbys attraktiv. Finanziell machen zwei Dritte Ligen aber nur Sinn, wenn es eine entsprechend bessere Verteilung der TV-Gelder gibt. Um die Liga finanzieren zu können, bräuchte jeder Verein aus dem DFL-Topf zweieinhalb bis drei Millionen Euro. Aber lieber stopfen sich die Erst- und Zweitligisten die Taschen voll. In der Regionalliga kommt gar nichts an.
Wolf: Wer sich dort im Profibereich bewegt, sollte Geld bekommen. Ich halte das nicht für ungerecht. Die Amateurvereine können ja durchrechnen, ob sie unter Profibedingungen arbeiten, einen Etat von 1,5 Millionen Euro stemmen und eine Unterstützung von vielleicht 300.000 Euro bekommen. Das sind einfache wirtschaftliche Kalkulationen, die von der DFL nicht registriert werden. Da können Unterhachings Manfred Schwabl oder ich das noch so oft ansprechen, man stellt uns lieber an den Pranger und zahlt Nationalspielern zusätzlich zu ihren hohen Klub-Gehältern große Prämien. Die Kluft wird immer größer. Dieses System ist krank.
Wolf: Haben aber andere Voraussetzungen. Bei Rot-Weiß Essen kommen 10.000 Zuschauer im Schnitt, bei Offenbach 5000. Da hätten wir in Schweinfurt zwei bis drei Millionen mehr. Aber wenn du als Traditionsverein zu lange in der vierten Liga herumdümpelst, kennt dich keiner mehr. Bei uns ist die Zweite Liga 20 Jahre her. Wenn du vergessen wirst, keine Zuschauer mehr kommen, nutzt dir das Etikett Traditionsverein nichts. Hast du Zuschauer, bist du für Sponsoren attraktiv. Die wollen begeistert werden. Das müssen wir schaffen.
Wolf: Ich bin überzeugt, dass wir unsere Zuschauer wieder motivieren können. Jeder Einzelne kann dazu beitragen, dass es aufwärts geht. Das ist nicht hoch genug anzurechnen, das sind die Menschen, die einen Verein tragen. Natürlich wird es auch bei mir wirtschaftlich enger. Es ist ein Spagat, ich mache ihn. Deswegen hoffe ich, dass andere auch einen kleinen machen. Nicht ich bin der FC 05 Schweinfurt. Die ganze Region ist der FC 05 Schweinfurt.