Eigentlich sollte er schon weg sein. Eigentlich. Denn er ist noch immer da. Norbert Kleider kann's einfach nicht lassen. Beim FC 05 zu sein, die Torhüter zu trainieren – und den Bus zu fahren. Den Bus fahren?
Ja. Kein Fehler. Denn das ist die große Leidenschaft des früheren Bundesliga-Keepers, der damit einfach nicht aufhören kann. Und so steuert er das Gefährt am Freitagabend auch wieder in die Landeshauptstadt, wenn der FC 05 Schweinfurt bei der Reserve des FC Bayern München gastiert. Er schmunzelt.
„Eigentlich wollte ich ja nach 33 Jahren Platz machen, also im Zuge des Neuanfangs. Wenn Gerd Klaus als Trainer aufhört, wollte ich Platz machen, weil dann auch das Trainerteam neu aufgestellt werden sollte. Doch das kam dann nicht so.“ Klaus, der fortan bis zu seinem Rücktritt im September diesen Jahres als Sportleiter fungierte, sorgte dafür, dass der mittlerweile 67-Jährige blieb – und Timo Wenzel der 20. Chefanweiser wurde, mit dem Kleider – den sie alle nur „Nobby“ nennen – in Schweinfurt zusammenarbeitet. Mal als Assistent, jedoch immer als Torwart-Trainer. „Das hab ich noch keine Sekunde bereut. Das macht ja weiterhin Spaß“, erzählt der gelernte KFZ-Elektriker.
Training im Sandkasten
Und das, obwohl heute viele Dinge anders laufen als zu seiner aktiven Zeit. „Man darf den Ball ja gar nicht mehr so lange in der Hand halten. Ich bin teilweise gemütlich mit dem Ball zur Strafraumgrenze gelaufen und hab ihn dann nach vorn gedroschen. Heute ist der Keeper auch noch Libero. Den hatte ich damals noch vor mir.“ Und auch die Trainingsmethoden haben sich geändert. Wurde der frühere Bundespolizist bei Bayern Hof gegen Ende der 1970er-Jahre und Anfang der 80er bei 1860 München zeitweise noch in den Sandkasten gestellt, um Bälle zu halten, scheint es den Schweinfurter Schlussmännern deutlich besser zu gehen – schon allein deshalb, weil sie meist Rasen unter den Füßen haben. „Ich glaube schon, dass ich auf dem neuesten Stand bin“, erklärt er mit breitem Grinsen.
Doch eins, das ist bei Kleider noch so wie früher: Die Liebe zu fast allem, was vier Räder hat. „Vieles kam durch meinen Vater. Nach meiner Ausbildung bin ich dann zur Bundespolizei gegangen und habe mich für den Fahrdienst gemeldet“, erinnert sich der langjährige Torhüter zurück, der schon als Aktiver Bus fuhr. „Zu meiner Zeit in Hof, als wir in der zweiten Bundesliga waren, hab ich den Fahrer auf den Rückfahrten manchmal gebeten, fahren zu dürfen. Durch meinen Beruf hatte ich ja die nötigen Scheine“, erzählt der gebürtige Schweinfurter lachend.
Kleider hat die Ruhe weg
Eigentlich wollte das 05-Eigengewächs, das nach einigen Jahren in der ersten Mannschaft über eine Zwischenstation in Coburg nach Hof kam, bei der Bundespolizei bleiben und Fahrlehrer werden. „Doch das kam anders. Der damalige Bundesligist 1860 München machte mir ein Angebot, das ich nicht ausschlagen konnte. Ich wechselte, wurde zweiter Torwart in der ersten Liga – und hörte bei der Bundespolizei auf.“ Im Olympiastadion duellierte sich Kleider 1979 mit dem großen FC Bayern und war in der Zweitliga-Zeit mit 1860 im Stadion an der Grünwalder Straße daheim, in das er nun mit dem FC 05 zurückkehrt, bei dem er seit mehr als drei Jahrzehnten Teil des Trainerteams und Busfahrer ist.
„Aufgeregt bin ich nicht. Ich bin ja schon so lange Busfahrer. Aber verantwortlich fühlt man sich immer, wenn etwas schiefläuft. Auch wenn man nichts dafür kann – wie bei der Fahrt zum Auswärtsspiel in Aschaffenburg. Da wurde kurz vor uns die Autobahn gesperrt, wir standen im Stau und kamen zu spät.“
Ein andermal sah's für Kleider und Co. brenzliger aus. Auf dem Weg zum Trainingslager in Dubrovnik unter Trainer Niko Semlitsch platzte der Reifen. „Jens Schürer und Rüdiger Mauder waren mir damals beim Wechseln sehr behilflich.“ Könnten das die heutigen Spieler noch? Kleider lacht. „Da hätte ich ja schon meine Probleme.“ Egal. Schließlich hat er längst bewiesen, dass er ein Mann für alle Fälle ist.