Seit Dienstagabend ist die Saison 2021/22 in der Fußball-Regionalliga Bayern Geschichte für den FC 05 Schweinfurt. Als selbsternannter Meisterschaftsfavorit gestartet, wird der amtierende Titelträger nur Fünfter. Vor dem letzten Saisonspiel des neuen Meisters SpVgg Bayreuth beträgt der Rückstand 31 Punkte. Im BFV-Pokalwettbewerb scheiterten die Nullfünfer im Viertelfinale an den Würzburger Kickers (1:4) - und selbst den inoffiziellen Titel der heimstärksten Mannschaft verspielten sie auf der Zielgeraden. Im April wurde Trainer Tobias Strobl entlassen, den Verein verlassen zehn Spieler. Sportdirektor Robert Hettich (47), im Januar 2021 beim FC 05 angetreten, bilanziert im Gespräch mit dieser Redaktion kritisch – lässt sich für die Zukunft aber eine Portion Optimismus nicht nehmen.
Robert Hettich: Nachdem wir uns im Sommer in der Relegation nicht gegen Havelse durchsetzen konnten, wäre nur wenige Wochen später alles andere als die Zielsetzung Meisterschaft albern gewesen – zu dieser Aussage stehe ich. Ohne konkrete Zielsetzung intern sowie extern schafft man Alibis. Einige haben das als zu hohen Druck empfunden, was ich nicht nachvollziehen kann. Das ist doch positiver Druck, ein Ziel vor Augen zu haben, gewinnen zu wollen. Negativer Druck wäre, gewinnen zu müssen, weil man sonst vielleicht absteigt. Zur Winterpause lagen wir noch in Reichweite zur Spitze. Mit einem guten Start hätten wir den Meisterschaftskampf spannend halten können. Das ist uns nicht gelungen. Wir alle gemeinsam waren an der unbefriedigenden Saison beteiligt.
Hettich: Wir haben es nicht geschafft, die Spielweise auswärts anzupassen, um erfolgreich zu sein. Bayreuth hat das mit Bravour gemacht; oft nicht schön und elegant, aber effektiv. Widerstände überwinden, sich zu wehren, auch mal ein Unentschieden nicht zu akzeptieren, weiter auf Sieg zu spielen, eine Führung mit aller Vehemenz zu verteidigen. Wir haben auswärts zu viele Punkte leichtfertig hergeschenkt.
Hettich: Charakterliche Eigenschaften kann man auch mit mehr Geld nicht verändern. Loyalität dem Verein, seinem Arbeitgeber gegenüber sollte ganz oben angesiedelt sein, Einzelinteressen sollten hinten anstehen. Der eine oder andere hat da im Laufe der Zeit etwas verwechselt.
Hettich: Wir, Geschäftsführer Markus Wolf, Trainer Christian Gmünder und ich, arbeiten seit Wochen sehr akribisch daran, frisches Blut in die Mannschaft zu bekommen. Und wir sind auch sehr zuversichtlich, dass wir mit Aigner, Spanoudakis, Sturm, Bazdrigiannis und Landeck schon sehr gute Typen nach Schweinfurt geholt haben und noch einige Neue dazu holen werden. Erfolgshungrige Typen vor allem.
Hettich: Bei einem solchen Umbruch und angesichts der mutmaßlichen Konkurrenz in der kommenden Saison, die wir jetzt noch nicht genau einschätzen können, werden wir uns sicherlich andere Ziele setzen als bisher. Wir müssen uns ehrlich hinstellen und sagen, dass es mit unserem momentanen Budget nicht möglich ist, einen Drittliga-Aufstieg zu programmieren. Ich glaube, dass auch Fans, Mitglieder und Sponsoren keine Lust mehr auf übertriebene Versprechungen haben. Aber: Man kann hier, dank der Profibedingungen, dank der Infrastruktur und des Zuschauerpotentials, auf einen Aufstieg hinarbeiten. Das geht ja an vielen Standorten der Regionalliga Bayern gar nicht.
Hettich: Es geht darum, eine Mannschaft zu entwickeln, die über sich hinauswachsen will. Die besser sein will als auf dem Papier. Das hat bisher total gefehlt. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten: Gestandene Profis zu verpflichten, die aber ihre beste Zeit hinter sich haben – sonst würden sie angesichts unserer finanziellen Möglichkeiten nicht zu uns kommen. Man kann sehr gute Spieler aus der Regionalliga Bayern verpflichten, die gerne Profi sein würden, aber zuletzt unter Amateurbedingungen gearbeitet haben – auch das birgt ein Risiko. Oder eben, so wie wir es tun wollen: Auf ein Gerüst aus gestandenen Spielern wie Jabiri, Billick, Böhnlein und jetzt auch Aigner setzen – und junge, hungrige Profis mit Potenzial um sie herumbauen, die anderswo die Chance nicht bekommen haben, sich zu zeigen. Dazu gilt es immer wieder, die besten Talente aus der Jugend und der Region einzubauen.
Hettich: Wir wollen Fans, Sponsoren und die Region davon überzeugen, dass unser sportlicher Weg Früchte tragen kann. Wenn hier „echter“ Profifußball –also Dritte Liga –gewünscht ist, und Region wie Verein haben das Potenzial dazu, dann müssen wir es schaffen, den Etat zu erhöhen. Wolf-Möbel kann das unmöglich Jahr für Jahr fast alleine stemmen; gerade was Markus Wolf da in Corona-Zeiten als Präsident, Geschäftsführer und Hauptsponsor geleistet hat, ist einzigartig. Das Vertrauen in seriöses Wirtschaften beim FC 05 ist dank ihm seit Jahren gegeben. Vielleicht fehlt potenziellen Partnern das Vertrauen, dass das Geld sportlich gut angelegt wird – das wollen wir jetzt beweisen. Die Regionalliga ist mit den Derbys gegen die Würzburger Kickers, Aschaffenburg und Aubstadt, aber auch etwa mit Bayern München II, Unterhaching und Burghausen eine Liga, die auch attraktiv für Sponsoren ist.
Hettich: Selbstreflexion ist der erste Schritt zur Besserung. Zu viele, auch in Teilen der Mannschaft, tragen zu viel negative Energie in sich. Ich bin grundsätzlich ein positiv denkender Mensch, der die Entwicklung positiv gestalten möchte. Deswegen bin ich auch sehr zuversichtlich, was die neue Saison betrifft. Letztlich zählen nur harte Arbeit, gute Leistungen und am Ende auch gute Ergebnisse. Dann werden uns die Fans auch wieder zahlreich und lautstark unterstützen.